Eine Nightline für Bonn

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Ein Sorgentelefon von Studenten für Studenten
von Rebecca Deus

Viele Studenten leiden unter erheblichen psychischen Problemen, scheuen sich jedoch, professionelle Hilfe aufzusuchen. In vielen Universitätsstädten gibt es daher „Nightline“ – ein Zuhörtelefon von Studenten für Studenten.

Das Studium macht nicht immer nur Spaß


20 bis 25 Prozent der Studierenden leiden an erheblichen psychischen Problemen. Sie verlassen ihr Zimmer immer weniger, leiden an Einsamkeit und Überforderung oder entwickeln andere Störungen, wie problematisches Ess- oder Internetverhalten. Oft werden solche Vorgänge von ihrem Umfeld nicht wahrgenommen, da sich Studenten weit weg von Freunden und Familie in einer neuen Stadt befinden oder ihre Überforderung nicht zugeben wollen. Andere plagen Zweifel an der Wahl des Studienfaches, WG-Stress, Prüfungsängste oder Liebeskummer. Trotzdem wollen oder können viele keine professionelle Hilfe aufsuchen und bleiben mit ihren Problemen allein. Daher brachte eine Studentin schon vor 20 Jahren die Idee von „Nightline“ von Oxford mit nach Heidelberg. In England gibt es nämlich an fast jeder Universität psychologische Betreuung durch Studenten.

Was ist das Besondere an „Nightline“?

Obwohl die ehrenamtlichen Mitarbeiter bei den „Nightlines“ in Deutschland keine ausgebildeten Therapeuten sind, haben sie in speziellen Schulungen gelernt, die Gespräche mit den Anrufern so zu führen, dass diese selbst zu einer Lösung ihrer Probleme gelangen können. Alle Mitarbeiter unterliegen einer strengen Schweigepflicht und werden darin ausgebildet, sich vorurteilsfrei den Problemen der Anrufer zu widmen. Das wird vor allem dadurch gewährleistet, dass sowohl der Anrufer als auch der Zuhörer komplett anonym bleiben. Dadurch, dass ausschließlich Studenten an den Zuhörtelefonen arbeiten, gibt es einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund, der für gegenseitiges Verständnis sorgen kann. In Heidelberg wurde die „Nightline“ bereits 2004 mit dem Studentenwerkspreis für besonderes soziales Engagement im Hochschulbereich ausgezeichnet.

Und in Bonn?

Laut der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Uni Bonn bereits im Jahr 2010 Interesse am Projekt Studententelefon gezeigt und um Unterstützung gebeten. Leider gibt es heute keine anonyme, studentische psychologische Beratung in Bonn, dafür aber in 16 anderen deutschen Universitätsstädten darunter in Aachen, Bielefeld, Köln und Münster. Dabei leiden auch die Bonner Studenten an Zukunftsängsten, Beziehungsproblemen und Konzentrationsstörungen.

Ein großes Pro für Helfer

Ein möglicher Grund dafür, dass es in Bonn kein studentisches Sorgentelefon gibt, ist der Mangel an freiwilligen, engagierten Helfern. Dabei sieht Prof. Dr. Rainer M. Holm-Hadulla, ärztlicher Leiter der Psychotherapeutischen Beratungsstelle (PBS) des Studentenwerks Heidelberg, auch viele positive Auswirkungen der Arbeit auf die Mitarbeiter. Gegenüber www.studis-online.de sagt er, dass die Arbeit als Zuhörer beim Studententelefon nicht nur das Verständnis für Menschen in anderen Lebenslagen stärkt, sondern ebenso das eigene Selbstvertrauen, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Auch die Schulungen durch erfahrene Psychologen und die Zusammenarbeit mit anderen psycho-sozialen Anlaufstellen, wie Kliniken oder Beratungsstellen, fördern die eigene Persönlichkeitsentwicklung. Interessierte sollten keine Angst vor Überforderung durch die Probleme der Anrufer haben: Sie werden regelmäßig durch den Nightline-Verein betreut und supervidiert. Außerdem schickt die Nightline-Stiftung in Heidelberg zur Unterstützung bei der Gründung Schulungspersonal und gibt Tipps zur Einrichtung der Nightline.

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