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Bild: Ursula Kaufmann

Freie Sicht auf gutes Theater

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  • Beitrags-Kategorie:Kultur
Lesezeit: 2 Minuten

Am 19. Februar wurde zum Stück „Freie Sicht“ vom Jungen Ensemble des Theater Marabu geladen. Die Adaption des Theaterstücks von Marius von Mayenburg thematisiert das fehlende Vertrauen von Eltern gegenüber ihren Kindern, aber darüber hinaus noch viel mehr.

Distanz innerhalb der Kernfamilie

Dargestellt werden die möglichen Folgen des Misstrauens der Eltern, geschürt durch Gesellschaft, Medien und engeres Umfeld. Was passieren kann, wenn nicht gesprochen wird. Was passieren kann, wenn Vermutungen ausgesprochen werden, anstatt Dinge anzusprechen. Was panische Paranoia und Angst vor der nächsten Umgebung verursachen kann. Wenn sich Menschen gegenseitig etwas einreden, ein Thema hochschaukeln, vermuten. Wenn Mauern des Argwohns anstatt Brücken des Dialogs gebaut werden.

Der Zuschauer fühlt sich in ein unsicheres Innenleben einer Gesellschaft hineingezogen. Und es betrifft jeden. Jeder kennt die Eltern-Kind-Beziehung, weiß um ihre schönen, aber auch problematischen Seiten. Man stellt sich die Frage: Können Eltern sich selbst, ihrer eigenen Erziehung, dem gesellschaftlichen Umfeld so misstrauen? Kann die Sicht auf die Welt so negativ werden und die Grundhaltung so misstrauisch sein, dass man dem eigenen Kind zutraut, sich und der Welt nachhaltig zu schaden? Diese Fragen driften in Form von Gefühlen durch das unwissende, angespannte Gehirn des Zuschauers.

Um diese Gefühle dem Zuschauer zu vermitteln, bezieht „Freie Sicht“ viel Technik in das Stück ein in Form von Nebelmaschinen, Kameras, Beamern sowie Bild- und Soundeffekten, um das Werk Mayenburgs anschaulich an das Publikum heranzutragen.

Gerade uns als junge Generation macht dieses Stück Spaß. Die kleinen Gimmicks, Situationen voller Komik und Anspielungen bringen uns zum Schmunzeln, manche sogar zum Lachen mit Tränen, die die Wangen hinunterkullern und damit unfreiwillig so reagieren, wie man sollte, wenn man realisiert, was Misstrauen der Eltern den eigenen Kindern gegenüber bedeutet.

Der Cast zeichnet sich durch Souveränität aus

Man merkt, dass das Stück seit einem halben Jahr überall in Deutschland aufgeführt wird und dass das Ensemble sich und den Text gut kennt. Die Abstimmung untereinander funktioniert reibungslos und so kann sich der Zuschauer ganz darauf konzentrieren, in die Welt der Zweifel und des Zwiespalts einzutauchen. Es ist, was es sein sollte. 70 Minuten gutes Theater.

Weitere Aufführtermine sind der 21./22. April  und der 20./21. Mai 2016 im Theater Marabu in Bonn-Beuel. Und wer ganz gespannt ist, muss am 11. März nach Eupen in Belgien pilgern, um das Junge Ensemble spielen zu sehen. Falls ihr dann auf der A4 Richtung Nachbarland düst, kann ich euch nur wünschen: Freie Sicht!