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Max Uthoff: Gegendarstellung

Lesezeit: 3 Minuten

Max Uthoff, normalerweise vor den Kameras zusammen mit Claus von Wagner, ist bekannt aus der politischen Kabarettsendung „Die Anstalt“. Seit September 2014 tourt er mit seinem Programm „Gegendarstellung“ durch Deutschland. Am Donnerstag spielte Max Uthoff im ausverkauften Pantheon. bonnFM berichtet.

Max Uthoff ist wohl eines der derzeit bekanntesten Gesichter des deutschen Kabaretts. In seinem Programm „Gegendarstellung“ arbeitet er sich ähnlich seiner Fernsehsendung „Die Anstalt“ durchgehend in politische und wirtschaftskritische Themen ein und wendet nur kleine Verweise auf den Alltag an, um einzelne Themenkomplexe zu verbinden. „Mittelschicht goes Kultur“ sei, so Uthoff selbst, die ungeschriebene Unterzeile seines Programmtitels: Erst verordnet er dem Publikum eine kurze „Geschichtsstunde Kapitalismus 1970 bis heute.“ Tatsächlich holt Uthoff zum politischen Rundumschlag aus. Er kritisiert alle Parteien: die FDP, die AfD, die SPD, die CDU/CSU, die Grünen bezeichnet er als das „ideologische Kirschkernkissen der wohlhabenden Bürger“. Nur die Linke bleibt außen vor. Es hilft da natürlich, die Politprotagonisten Deutschlands zu kennen, um das gesamte Programm zu verstehen.

Max Uthoff erklärt uns Politik

Der gebürtige Münchner hat aufgrund seiner Herkunft natürlich einen geschärften Blick für die bayrische Politik, die man in NRW normalerweise nur distanziert belächelt. Aber mit dem gebürtigen Westfalen Martin Schulz, dem SPD-Kanzlerkandidat, dem Mann der Stunde, hat er auch hier eine Angriffsfläche. Er deckt nicht nur dessen von der SPD verschleierte Verbindung zur Agenda 2010 auf, sondern zieht im Zuge dessen Schulzs Selbstinszenierung als Heilsbringer und Verkörperung des Neuanfangs der Partei gekonnt ins Lächerliche.
Seine Imitationen des bayrischen Prinzen Horst Seehofer oder der schwäbischen Hausfrau sind großartig, seine Beobachtungen und Metaphern wie die Welt sei eine „Bildzeitung für Vermieter“ unglaublich amüsant.

Doch Uthoff hält dem Publikum nicht nur einen Vortrag über die Fehler der Politik, er spricht sie auch direkt an. Flüchtlinge ertränken, während man selbst, die Hand in den Erdnüssen, die Lage beobachten würde. Eine Sitznachbarin zieht unauffällig ihre Hand aus den überteuerten Erdnüssen zurück und hofft, dass er nicht sie meint.
Max Uthoff weiter: „Ihr wisst, dass niemand unter uns einen vielfachen Lohn einer Krankenschwester verdient hat, weil niemand härter arbeitet.“

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„Ich werde sie müde machen“

Doch der Zuhörer wird nicht nur von politischen Inhalten erdrückt: Max Uthoff nutzt unerwartet auch Volksmusik oder die Geißens, um gesellschaftliche Missstände aufzudecken.

Als das Thema Religion behandelt wird, stellt Uthoff die offensichtlichen Fehler aller Religionen plakativ zur Schau, sagt allerdings auch: Er könne die Gläubigen auch verstehen, immerhin sei „Gottes Gesetz besser als Heiko Maas’ Gesetze“.
Der Atheist Uthoff geht ebenso gegen unentschlossene Nichtgläubige vor und wirft diesen vor, sich durch Nichtbeantwortung eine Hintertür offenlassen. Agnostiker seien Atheisten ohne Eier, so Uthoff.

Der 49-Jährige Kabarettist lockt viele Familien mit älteren Kindern nach Beuel, der Altersdurchschnitt liegt bei 40+. Das Bonner Publikum klatscht während der gesamten Vorstellung gewohnt wenig, es hört lieber zu.

Max Uthoff und der Moralmonolog

Max Uthoffs Programm besteht aus einem ewig langen perfekt memorierten Monolog, voll mit Informationen und Interviewzitaten, die Fehler der Regierenden aufdecken:
Wer wie Merkel und Schäuble den Staatshaushalt mit dem der schwäbischen Hausfrau vergleicht, verstehe Weltwirtschaft nicht.
Im Bezug auf die Eurokrise und Griechenland behauptet Uthoff scherzhaft, Solidarität bedeute „sich den deutschen Interessen UNTERZUORDNEN“ um dann die Wahrheit auszusprechen: „Wir machen die Griechen kaputt.“

Das letzte große Thema ist auch das nachdenklichste des Abends: Die Erschaffung des Langzeitarbeitslosen als Feind der Mittelschicht.
Uthoff warnt: Der Armutshass der Deutschen ist falsch, man müsse weiter offen für andere Mitmenschen bleiben. HartzIV-Empfänger seien nicht fauler als Arbeitende.

Maximilian Uthoff entlockt dem Publikum bei einigen Ausführungen ungewohnt verzweifelte Ausrufe oder zumindest laute Seufzer, denn die Kritik an dem Politzirkus findet so parteiübergreifend statt, dass man sich fragt: Wofür soll man denn sein? Der Name „Gegendarstellung“ ist Programm. Es geht Uthoff um das Aufzeigen der Probleme, nicht die Lösung.

Das Ende gestaltet Uthoff ruhig und nachdenklich. „Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“ , sagt er und geht cool von der Bühne.

Zwei Kritikpunkte, die man dem Künstler nicht vorwerfen kann

Max Uthoff ist einer dieser Künstler, denen man alles glaubt, die einem die Welt erklären. Und obwohl es keinen Moment in seinem Programm gibt, der an der inhaltlichen Richtigkeit seiner Aussagen zweifeln lässt, muss man im Hinterkopf behalten, dass Satire Sachverhalte verzerrt darstellen kann, um Missstände aufzuzeigen.

In der inhaltsleeren Zugabe verpasst es Uthoff zudem, weiter zu erklären und an die Menschen zu appellieren. Das Anliegen des Kabarettisten, die Menschen nicht mit einem beklemmenden Gefühl nach Hause zu schicken, ist zwar verständlich, aber nimmt auch die Dringlichkeit der Probleme. So bleibt die Sorge, dass Kabarett eben doch nur die Unterhaltung der Mittelschicht ist.

Die nächste Folge der „Anstalt“ mit Max Uthoff wird am 7. März im ZDF zu sehen sein, in unserer Nähe wird Max Uthoff am 29/30. Juni in der Comedia in Köln auftreten.