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Im Grunde ist Freundschaft doch wie ein Pokémon-Spiel

Lesezeit: 3 Minuten

Die bonnFM Kolumne

Zwischenmenschliche Beziehungsgeflechte, sozialpsychologische Theorien und, und, und… – Wenn man ein System hinter dem Konzept der Freundschaft zu entdecken versucht, kann man mit Fachbegriffen nur so um sich schmeißen. Dabei gibt es eine so bestechend einfache Allegorie.

Vor ein paar Tagen sprachen ein Freund und ich über das sensible Thema Social Media. Dabei meinte er einmal zu mir: „Die sammeln auf Facebook doch alle nur Freunde als wären es Pokémon.“ Ziemlich witziger Vergleich fand ich und vielleicht steckt darin ja sogar doch mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Was, wenn es sich mit der Freundschaft tatsächlich so verhält wie mit einem ganz normalen… Pokémonspiel?

Gut, die Vorstellung klingt absolut an den Haaren herbeigezogen und ja ich gebe zu, auch ziemlich nerdig. Aber je länger man sich die Idee durch den Kopf gehen lässt, desto einleuchtender wird sie. Ein Grundstein der Pokémon-Reihe zum Beispiel ist das Starter-Pokémon: Man bekommt am Anfang des Spiels ein Glumanda auf Level eins, das sich dann langsam im Laufe des Spiels mit dem Spieler weiterentwickelt. Genau wie mein Kindheitsfreund Josh, mit dem ich aufgewachsen bin und damals einfach ALLES gemacht habe, wodurch auch unsere Freundschaft im Laufe der Zeit gewachsen ist. Klingt einleuchtend, oder? Und nicht nur in diesem Punkt ähneln sich Freunde und Pokémon.

Ein „Team“ aus Freunden

Die Grundprinzipien des Spiels dürften den meisten von euch vertraut sein: Man findet Pokémons, fängt sie und trainiert sie weiter, wodurch sie im Laufe des Spiels immer stärker werden. Dabei kann man allerdings nur eine begrenzte Anzahl von ihnen bei sich tragen, mit denen man ständig interagiert. So verhält es sich doch letztendlich auch mit Freunden: Man sammelt im Laufe seines Lebens ein paar gute Kumpels um sich herum, mit denen man immer in engem Kontakt steht und die mit einem wachsen, also trainiert werden und immer weiter Level für Level aufsteigen und sich entwickeln. Metaphorisch natürlich. Vernachlässigt man seinen Josh, also sein Pokémon, ist es vielleicht nicht mehr stark genug, weiter Teil des Teams zu sein – auch bekannt als: man lebt sich auseinander.

Die Mischung macht‘s

Wie es jetzt bei den Pokémon verschiedene Typen gibt, beispielsweise Feuer, Wasser und Pflanze, hat man auch verschiedene Typen an Freunden, deren Mischung innerhalb eines Freundeskreises ein Muss für gute Gruppendynamik ist. So, wie ein ganzes Team voller Wasserpokémon nutzlos ist, kann man eben auch nicht nur einen Typ Freund haben. Naja, kann man schon, aber stellt euch mal einen Freundeskreis, der nur aus Mom-Friends besteht, vor – absolut ätzend. Ihr braucht eben auch Leute wie die, die für jeden Scheiß zu haben sind, den Meme-Versorger, die emotionale Katastrophe, und (wichtig!) den, der immer Essen dabeihat. Diversität macht eben nicht nur ein starkes Pokémon-Team aus.

Die Freunde-„Box“

Zu den traurigen Momenten der Freundschaften gehört es auch, dass man sich auseinanderlebt. Das Pokémon-Äquivalent dazu wäre wohl die „Box“ – darin lagert man Pokémon, die nicht im Team bzw. im engen Freundeskreis sind, auf die man jedoch jederzeit zugreifen und mit ihnen aktiv werden kann. Nice, wenn man wiederentdeckt, wie cool Glumanda eigentlich war und es wieder ins Team holt; genau wie ich mich vielleicht an meinen alten Kumpel Josh erinnere und mich mit ihm auf ein Bier treffe, um alte Zeiten wieder aufleben zu lassen. Was aber, wenn ein Pokémon einfach ein zu niedriges Level hat, um wieder im Team kämpfen zu können? Wenn ich einfach so lange keinen Kontakt mehr mit Josh hatte, dass uns die Gesprächsthemen in der Bar nach einer halben Stunde ausgehen? Vielleicht sollte man sich lieber zweimal überlegen, ob man seine Freunde „in die Box steckt“.

Eine perfekte Allegorie gibt es nicht

Natürlich muss ich zugeben, dass die Theorie hier und da so ihre Schwächen hat – tatsächlich mich hat noch nie ein potentieller Kumpel aus dem hohen Gras heraus angegriffen und ich musste ihn erledigen; auch lässt man seine Freunde wohl eher selten gegen die Freunde anderer Leute antreten; und die Idee, sie in kleinen Bällen mit sich herumzutragen, ist mir dann auch eher suspekt. Aber alles in allem bestehen zwischen den beiden Konzepten doch faszinierende Parallelen.

Tatsächlich kann man aus diesen Parallelen auch ein paar Lehren für die Freundschaft ziehen – die Moral von der Geschicht‘ also: Gemeinsame Erlebnisse stärken die Freundschaft, je mehr man mit den Kumpels unternimmt, desto besser; Bemüht euch um einen diversen Freundeskreis, denn das stärkt das Team für jede Situation; Und: vernachlässigt euren Josh nicht zu sehr… ihr wisst schon, was ich meine.