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„Aufbruch zum Mond“ – Das neue Meisterwerk von Damien Chazelle?

Lesezeit: 3 Minuten

Mit „First Man“ bringt Hollywood Wunderkind Damien Chazelle seinen neusten Film in die Kinos. Es ist eine Verfilmung der ersten Mondlandung, die sich versucht der Thematik mit einer etwas ruhigeren Erzählweise zu nähern. Aber braucht man noch eine Verfilmung dieses historischen Momentes? Und kann Chazelle an seine letzten Meisterwerke „Whiplash“ und „La La Land“ anknüpfen?

„First Man“, oder wie der deutsche Titel lautet „Aufbruch zum Mond“, startet mit ziemlicher Wucht. Gleich die erste Szene mit der Chazelle sein neustes Meisterwerk (?) eröffnet lässt einem die Kinnlade herunterklappen. Wir sehen aus der Egoperspektive wie Neil Armstrong ein lebensgefährliches Flugmanöver vollzieht. Dicht und dramatisch inszeniert fühlt es sich an, als würden wir mit dem Piloten im Flugzeug sitzen, fast als wären wir selbst der Pilot. Diese Perspektive hält Chazelle. Anders, als man es erwarten würde, bleiben wir über den gesamten Film eng bei den Figuren. Wir erleben Familiendramen, Ängste und Sorgen der Teilnehmer der Gemini und Apollo Missionen, die schließlich zur Mondlandung führten. Am stärkste fokussiert sich der Film auf Neil Armstrong und dessen Leidens- sowie Erfolgsgeschichte.

Verkörpert wird er dabei von Ryan Gosling, der den sehr verschlossenen und in sich gekehrten Astronauten überzeugend spielt. Leider kommt dies dem Film nur teilweise zu Gute. Durch die Spielweise Goslings (die nah an dem tatsächlich sehr verschlossenen Armstrong angelehnt ist) wird Neil Armstrong zu keinem wirklichen Sympathieträger. Man hat fast schon das Gefühl ausgeschlossen zu werden und kann sich wenig auf die Figuren und das Geschehen einlassen. Ob das so gewollt ist lässt sich schwer sagen. Schade ist es allemal. Zusätzlich könnte der Film hier und da ein paar Längen weniger vertragen. Zwar ist jedes Bild schön gefilmt und technisch kann man wahrlich nicht meckern, allerdings zieht sich die Story mit den deutlich über zwei Stunden Laufzeit dann doch. Es fehlt der rechte Spannungsbogen. Man weiß letztendlich, wie die Mission ausgeht und dass Neil Armstrong als erster Mann einen Fuß auf den Mond setzt.

Neue Messlatte für das Weltraumkino

Da hilft auch nicht der stark zurückgeschraubte amerikanische Patriotismus, der in anderen Mondlandungsverfilmungen doch sehr stark zu Tragen kommt. Die historische Szene, wie die amerikanische Flagge erstmals auf dem Mond gehisst wird, erspart uns Chazelle. Dafür wartet er mit ein wenig Wissenschaftskritik auf, die jedoch nur so klein am Rande behandelt wird, dass man sie lieber hätte streichen sollen. Auch die ein oder andere dramatische Familienszene rund um die Armstrongs hätte man sich vielleicht sparen können. Zwar spielt Claire Foy (die übrigens seit dem 22.11 in der neuen Stieg Larsson Verfilmung zu sehen ist) Armstrongs Frau Janet überzeugend und intensiv, schafft es aber, vielleicht durch die emotionale Kälte, die viele Szenen überschattet, ebenso wenig wie der Rest des recht namenhaften Casts, nicht im Gedächtnis zu bleiben.

Ganz anders sieht das bei den Szenen im All und in den Raketen aus. Sie stellen das Highlight des Films dar und vermitteln das authentischste Gefühl einer Raumfahrt, das ich je im Kino gesehen habe. Hat „Gravity“ seinerzeit noch die Maßstäbe für Raumfahrtskino gesetzt, so muss man sich nun an „First Man“ messen. Chazelle lässt einen beim Zusehen die Ängste der Astronauten spüren. Ständig wird einem vor Augen geführt, wie unsicher und gefährlich es eigentlich ist, einen Menschen ins All zu befördern – und das nur 60 Jahre nachdem er überhaupt Fliegen gelernt hat. Die Mondlandung stellt dann schließlich den absoluten Höhepunkt des Films dar. Sie wirkt so echt und intensiv, dass sie förmlich danach schreit auf der großen Leinwand gesehen zu werden. Allein für die letzten 15 Minuten lohnt sich der Film schon. Hinzu kommt ein fantastischer und unglaublich dichter Soundtrack von La La Land Komponisten Justin Hurwitz, der damit die sowieso schon eindrucksvollen Bilder auf ein neues Level hievt. Und genau das bleibt übrig, wenn man den Kinosaal verlässt. Man denkt nicht an die Längen zurück oder die Kälte, welche in manchen Szenen zu spüren ist. Man denkt an diese letzte Szene mit der musikalischen Untermalung und den atemberaubenden Bildern.

Damit liefert Chazelle mit „First Man“ zwar den schlechtesten seiner bisherigen Filme ab, aber schafft es inszenatorisch doch seinen Status als „Wunderkind Hollywoods“ zu halten.