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Bild: Dominika Nicole Rogalska / bonnFM

Daddy, was ist Cinema? – 15. Afrika Film Festival Köln.

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Was bedeutet eigentlich Cinema für Afrika? Die Frage wollte bonnFM nicht unbeantwortet lassen und war für euch auf dem 15. Afrika Film Festival in Köln.

Vom 21. September bis zum 1. Oktober lief offiziell das 15. Afrika Film Festival in Köln, organisiert von der Filminitiative Köln. Es wurden 80 Filme aus 25 afrikanischen Ländern gezeigt. Der Schwerpunkt dieses Jahr war: Migration & Landgrabbing. Auch lag der Fokus auf der politischen Situation in Südafrika, Homophobie (LSVD, Feminale) und auf surrealistischen, experimentellen und alltäglichen Themen. Es wurden 30 wichtige Gäste bzw. Schauspieler und Regisseure eingeladen. bonnFM hatte die Möglichkeit, das 25-jährige Bestehen des Kölner Afrika Film Festivals zu feiern und man kann laut sagen: das war es wirklich wert!
Als ich zur Eröffnung kam, war das Erste, was ich von dem Filmforum sah, ein Taxi Bamako, eine Fahrrad-Rikscha für FilmfestivalbesucherInnen. Ein echter Hingucker und gleichzeitig auch ein ganz besonderer und beliebter Transportservice. Im Filmforum wurde ich sehr herzlich begrüßt. Die Menge von verschiedensten Gästen und der Geruch von frischem afrikanischem Curry hat mich komplett umgeben. Die Zuschauer warteten ungeduldig auf die neuen filmischen Highlights, direkt aus Afrika. Die fremde und inzwischen wunderbare Atmosphäre hat sich durch das ganze Filmfestival hinweg gehalten.
Nach jedem angeschautem Film gab es eine Diskussion mit dem Gast bzw. Schauspieler oder Regisseur des gezeigten Films. Das Publikum konnte die Details der Grundidee und den ganzen Filmprozess kennenlernen und hatte gleichzeitig die Gelegenheit, dem Gast Fragen zu stellen. In der Wartezeit zwischen Film und den Diskussion konnte man afrikanische Musik hören oder ein kurzes Livekonzert von der Steven Ouma Band erleben. Das Publikum schaute zu, trank, aß, diskutierte und hatte noch dazu die Möglichkeit, jeden Film mit einem Kärtchen zu bewerten. Am letzten Tag des Film Festivals wurden die Publikumspreise verliehen. Außer den Filmen hat die Filminitiative eine Fotoausstellung mit dem Titel „Angola Cinemas- eine Fiktion von Freiheit“ präsentiert, in der futuristische und außergewöhnliche Kinos in Angola von 1930 bis 1975 abgebildet wurden. Die Ausstellung über die Lichtspielhäuser von Walter Fernandes konnte man vom 19. September bis zum 3. Oktober in der Industrie- und Handelskammer Köln anschauen.

„Nicht nur politisch ist Afrika von Europa aus gesehen für viele ein weißer Fleck. Auch im Kino kommt Afrika praktisch nicht vor. Aber Afrika hat eine vielfältige Filmproduktion, die unter unendlich schwierigen Bedingungen (Finanzierung, Distribution, Zensur) stattfindet. Trotz allem sind Filme entstanden, die eine breite Themenpalette widerspiegeln.“

Unter “Landgrabbing” versteht man den Raub der Bodenschätze durch Monopolisierung. Der diesjährige Schwerpunkt des Film Festivals macht deutlich, wie monumental das Problem überhaupt ist. Die Regierung reißt sich das afrikanische Bauernland durch Korruption unter den Nagel. Die Bewohner der Nutzflächen werden unter Druck gesetzt, verlieren ihre Lebensgrundlage und werden von der Armee vertrieben. Vertreibung führt automatisch zu Migration, Landflucht und am Ende landen die Opfer des Langrabbings in den Städten. Man sollte nicht überrascht sein, warum es so viele Flüchtlinge gibt, wenn eigentlich zum Teil die Investoren die Ursache dafür sind.

„Wir brauchen mehr Farmermentalität und weniger Investoren.“

Afrika erlebt eine neue Welle des Imperialismus, die Natur und die Menschen werden bedroht. Die ausländischen Investoren besitzen Millionen von Hektar des afrikanischen Bodens. Die Flächen von Naturschutzgebieten werden von Agrarkonzernen für die Einrichtung der großen Plantagen planiert. Wer sich dagegen wehrt und die Taten kritisiert, wird als Terrorist bezeichnet, eingesperrt oder getötet. Vor langer Zeit wurden in der algerischen Sahara die ersten Atombomben von Frankreich getestet. Noch immer sind die Gebiete radioaktiv verseucht. Uranbau in den Wüsten der Firma Areva ist die Ursache von Vergiftungen und verschiedenen Krankheiten der Bewohner von Arlit in Niger. Das sind aber nur ein paar Beispiele der aktuellen Situation in Afrika. Filme, wie „Dead Donkeys Fear No Hyenas (Das Grüne Gold)“ und „La Colere Dans Le Vent“ stellen die Situation perfekt dar. Landgrabbing und Migration wurde auch in abstrakter Form gezeigt. „Po Di Sangui”, ein genialer 35mm Film aus dem Jahr 1996, zeigt die Geschichte einer Tradition, in der die Dorfbewohner an die Existenz ihrer Seelen in Bäumen glauben. Alles ändert sich, als fremde Holzarbeiter kommen, um die Bäume abzuholzen. Mit mystischem Motiv kommt der tunesische Film „Last Of Us“ daher. Er handelt von einem anonymen Bootsflüchtling, der zufällig auf einem Waldstück landet und dort auf einen anderen Migranten trifft. Das ganze Spektakel verläuft ohne einen einzigen Dialog. Was uns, den Zuschauern, aber hinterlassen wird, sind die epischen Bilder, Atmosphären und geheimnisvollen Bekanntschaften des Bootsflüchtlings und Geräusche der archaischen Umwelt. Was man außerdem erwähnen sollte, ist der Film „Skulls Of My People“ von Vincent Moloi und die Videoinstallation „Indifference“ von Nicola Brandt. Die beiden Filmwerke behandeln das Thema „Kolonialismus und Neokolonialismus Deutschlands in Namibia”. Anfang des 20. Jahrhunderts sind 100.000 Herero und 10.000 Nama unter der deutschen Kolonialherrschaft ermordet worden. Es ist bis heute noch eine kaum beachtete Geschichte.

Bild: Dominika Nicole Rogalska

Was bedeutet es ein Mann zu sein? Bist du eine freie Frau? Wozu dieses Masquerading?

Das Thema Homophobie ist und wird aktuell. Transgender Storys, Masquerading, sexuelle Orientierung aller Art provozieren und regen zum Nachdenken an. Warum eigentlich? Das ist doch etwas persönliches, individuelles und eine Form von Selbstdarstellung in unserer Gesellschaft. Protest gegen die Normalität, das System und religiöse Ansichten. „Mein Körper gehört mir!“ postete die tunesische Femen-Aktivistin Amina Sboui auf Facebook. Ein Bild, auf dem Amina nackt mit einem aufgemaltem Demospruch auf ihren Brüsten auf einem Friedhof für Frauenrechte und Gender-Equality kämpft, zeigt, wie gewaltig das Problem der anhaltenden Homophobie in Tunesien ist. Die Femin-Aktivistin eröffnete eine Wohngemeinschaft für Transvestiten und Homosexuelle in Tunesien. Ein Asyl für Menschen, die für ihre sexuelle Orientierung verfolgt, eingesperrt oder auch getötet werden. Amina hat keine Angst vor dem Gefängnis, denn sie war schon da. Diese Erfahrung hat sie nicht entmutigt, sondern noch stärker motiviert, ihre eigene Meinung und die Meinung der LGBTQI-Gesellschaft in Tunesien weltweit frei zu äußern. Der Film „Upon The Shadow“ zeigt dies sehr deutlich. In ein persönliches Gespräch kam ich mit Niza Jay, einem jungen Schauspieler aus Johannesburg. Seine Rolle als Kwanda in dem Film „Inxeba“, welches das Beschneidungsritual des Xhosa Volks in den Bergen Südafrikas thematisiert, war sein Debut. Niza Jay, Schriftsteller, Schauspieler und Co-Organisator der „Big Gay Debate“ in Südafrika, klärte mich auf, was es heißt, ein Mann und besonders ein Xhosa Mann zu sein:

 

Also, was ist Cinema für Afrika? Das ist Art, Message und Hilfe in jeder Art und Weise, die man sich vorstellen kann.

Bild: Dominika Nicole Rogalska