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Apologies, I Have None über Rebellion, HipHop und das neue Album

Lesezeit: 6 Minuten

Apologies, I Have None sind eine englische Punkband, deren Sound sich mit dem aktuellen Album „Pharmacy“ mehr in Richtung düsterer Alternative Rock bewegt. bonnFM hat Sänger Josh und Schlagzeuger Joe vor einem Auftritt zum Interview getroffen und über Rebellion im heutigen Punkrock, Songwriting und ihr aktuelles Album gesprochen.

bonnFM: Heute ist eine der drei letzten Shows eurer Tour durch Europa. Was sind eure Eindrücke der Tour?

Josh: Es war gut, es war sehr gut. Es war die erste Headliner-Tour, die wir in Europa seit Ewigkeiten gemacht haben, bestimmt seit zwei oder drei Jahren. Es war gut, das Publikum war größer. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll, außer, dass die Auftritte besonders in Deutschland sehr gut waren. Ich meine, Deutschland ist quasi unser zweites Zuhause. Ich weiß, dass alle Bands so etwas sagen, wie „Hey, es ist so toll hier zu sein!“. Aber unser Aufnahmelabel Uncle M kommt aus Deutschland, also hatten wir immer ein starkes Heimatgefühl in Deutschland, besonders in Münster. Ich glaube, es war der dritte Auftritt, auf dem Uncle M Fest in Münster, es war unglaublich.

bonnFM: Lass uns über euer Album reden! „Pharmacy“ ist im August erschienen. Auf dem Album lässt sich ein musikalischer Wandel eurer Band erkennen – emotionaler und düsterer, sowohl musikalisch als auch textlich. Woher kommt diese Weiterentwicklung?

Josh: Ich glaube, wir wussten, dass wir etwas ein wenig düstereres machen wollten. Ich meine, sogar bevor Dan, der einige der Texte des vorherigen Albums („London“, Anm. d. Red.) schrieb, die Band verlassen hat, wussten wir alle, dass wir etwas Düstereres machen wollten. Manche Songs haben wir gehasst, dann haben wir geprobt und es ging einfach alles in diese Richtung. Ich denke, als er gegangen ist, haben wir eine Weile gebraucht, bis alles wieder lief. Ich weiß nicht, wir sahen die Texte auf die gleiche Weise und haben uns gedacht, wir könnten alles etwas stärker und zusammenhängender machen. Aber was das übertönende, dunkle, atmosphärische angeht, waren wir sowieso definitiv auf dem Weg dahin, es war uns also bewusst, was wir wollten.

bonnFM: Glaubt ihr denn, dass eure Fans, die seit „London“ dabei sind, das ja positiver und mehr Punk war, euch in eurer aktuellen künstlerischen Entwicklung folgen?

Josh: Ich denke, die meisten ja. Weißt du, als wir das Album geschrieben und aufgenommen haben, habe ich keinen Druck von außen gefühlt, was die Leute vielleicht davon im Vergleich zu „London“ denken würden. Als wir dann fertig waren, habe ich unterbewusst gedacht, dass es für manche Leute, die „London“ mochten“, vielleicht einfach zu anders ist. Ich glaube zwar nicht, dass es so anders ist, aber ich kann verstehen, wenn Leute das gedacht haben. Aber alles in allem war ich doch sehr überrascht, wie die Leute es angenommen haben. Weil wir haben auch gedacht, es ist ein bisschen komischer, es ist ein bisschen düsterer, es ist kein Punk-Rock-Album, es ist nicht „catchy“. Vielleicht haben die Leute auch einfach nur gedacht: „What the fuck is this?“. Aber durch Rezensionen, Gespräche mit Leuten und so haben wir doch erkannt, wie gut es die Leute aufgenommen haben. Ich glaube besser, als wir es von ihnen erwartet hatten.

bonnFM: Ihr habt als eine Punk-Rock Band angefangen, „London“ war, wie du schon gesagt hast, ein Punk-Rock Album. Euer Sound entwickelt sich aber immer weiter und verändert sich. Was bedeutet Punk für euch, sowohl von der Musik als auch von der Attitüde?

Josh: (seufzt) Das ist eine schwierige Frage! Ich meine, wenn jemand merkt, dass du Musik machst und fragt, was für eine Band das denn ist, sage ich normalerweise „Es ist eine Punk-Rock Band“. Aber ich meine, das ist so unspezifisch. Für mich hat es auch nicht so eine große Bedeutung, ich habe mich daran gewöhnt, es so zu erklären: Für mich bedeutet Punk nicht besonders viel, sei es die Musik oder die Attitüde, weil diese Art der Einstellung, die die meisten Leute mit Punk verbinden, dieses „Tu was du willst“ und so, ist nicht nur beim Punk so, sondern in viel mehr. Ich weiß, dass HipHop und Rap Musik viel mehr „Punk“ sind, als Punk, wenn du diese Definition von Punk nimmst, eben diese „Fuck you“ Attitüde. Schon seit den 80ern, weniger als zehn Jahre, nachdem es Punk gab, war HipHop wahrscheinlich schon viel mehr Punk als Punk. Ich weiß nicht wie ich es nennen soll, aber diese Magie von Punk existiert für mich nicht, das ist mir eigentlich ziemlich egal. Ich sage Leuten, wir sind eine Punk Band, aber musikalisch gehen wir viel weiter, und unsere Einstellung passt nicht zu Punk, glaube ich, es ist also ziemlich unwichtig.

bonnFM: Das ist interessant, es ist ja auch das, was Biffy Clyro schon oft gesagt haben: Rockmusik hat aufgehört, sich weiterzuentwickeln und das, was heutzutage noch wirklich unangepasst und kontrovers ist, ist HipHop, auch in der Musik.

Josh: Ja, und das ist schon seit Jahrzehnten so! Ich meine, niemand stoppt Punk Shows, aber vor fünf oder zehn Jahren hat die Polizei in London HipHop Shows und Clubs wegen der hohen Kriminalität gestoppt und lahmgelegt. Ich weiß nicht, Menschen wollen einfach an Dingen festhalten, wie an diesem konfrontierendem Element von Punk. Es war ja schon fast eine magische Zeit, aber es ist mittlerweile eigentlich irrelevant. Es passt einfach nicht in richtige menschliche Interaktion.

bonnFM: Diejenigen, die die Punk-Ära wirklich mitgekriegt haben, sind ja die Eltern der heutigen Jugend. Gegen was sollen die also mit Punk rebellieren?

Josh: Ganz genau. Und ich meine, um zu rebellieren, braucht man ja überhaupt erst einen Grund. Man kann nicht einfach Punk Musik machen und sagen, man rebelliert jetzt gegen irgendetwas. Sich also etwas aussuchen, das man nicht mag und gegen das man rebellieren kann, einfach nur weil man ja ein Punk ist. Darauf scheißt man doch! Ich meine, wen interessiert das? Ich meine, ich liebe Punk Musik, wir sagen nicht, dass wir keine Punk Musik mögen.

Joe: Genau, als ein Genre!

Josh: Ich glaube nur nicht, dass es diese Magie gibt, die manche Menschen darin sehen.

bonnFM: Wie sieht denn euer Songwriting-Prozess aus, besonders, wenn ihr andere Dinge als zuvor ausprobiert?

Josh: Ich schreibe Texte und Musik immer zusammen. Ich versuche nicht, schon das Konstrukt für den ganzen Song zu bilden und programmiere auch keine Drumspuren und so. Trotzdem will ich auch vor dem Proben eines Songs eine ungefähre Vorstellung davon haben. Deshalb hat es auch alles so lange gebraucht. Es ist immer komisch, weißt du, wenn du einen ganzen Song fertig stellst, achtest du auf die kleinsten Dinge. Als wir angefangen haben zu proben, wollte Joe die Drums ändern, und ich habe nur gesagt „So ist es aber richtig!“. So kannst du aber nicht in der Band arbeiten, weil jeder für einen Teil der Musik verantwortlich sein will. So war es für eine lange Zeit, aber gegen Ende stellte ich keinen Song ganz fertig sondern hatte einfach nur eine Strophe oder einen Refrain, womit wir dann geprobt haben und dann erst die Struktur erarbeitet und Lücken und Texte ausgefüllt haben. Das ging definitiv schneller und so mache ich es gerne weiter, weil Methode A ist schneller als Methode B und man ist weniger besessen wegen kleiner Dinge.

Joe: Wir hatten manchmal ein paar merkwürdige Ideen.

Josh: Ja, die hattest du wirklich!

Joe: Wenn man es zusammen macht, also ein paar verschiedene Meinungen hat, kommt man eben auf Dinge, auf die andere nicht kommen würden.

Josh: Wenn wir anfangen, Songs für ein neues Album zu schreiben, was hoffentlich bald passiert, wollen wir es auf jeden Fall so weiter machen. Es geht schneller und alle werden schon früher involviert als vorher. Es funktioniert einfach besser.

bonnFM: In vielen Interviews wurdest du gefragt, ob „Pharmacy“ deine persönliche Depressionstherapie ist. Magst du  diese Interpreationenen oder würdest du lieber die Musik für sich selbst sprechen lassen?

Josh: Keins von beiden eigentlich. Es ist auf keinen Fall eine Therapie, hat also keine reinigende Wirkung. Vielleicht dachte ich, dass es das hätte, es hat aber nicht funktioniert. Ich kann verstehen, wieso Leute so etwas glauben, aber das Schreiben der Songs hat mir keine Befreiung oder so etwas gegeben.

bonnFM: „Pharmacy“ klingt nach moderner Rockmusik. Was sind eure derzeitigen Einflüsse, die euch zu den Songs auf „Pharmacy“ inspiriert haben?

Josh: Ich glaube, besonders für dieses Album, ist „Brand New“ wahrscheinlich der offensichtlichste Einfluss. Aber ich glaube, es wäre schwer, genaue musikalische Einflüsse zu nennen. Joe und ich haben vorhin auch noch darüber geredet, dass wir einfach so lange für das Album gebraucht haben. Es war so eine lange Zeitspanne, in der wir geschrieben und aufgenommen haben. Man hört in der Zeit einfach so viele verschiedene Dinge. Vielleicht liebst du ein Album vielleicht für einen Monat und danach hörst du etwas anderes. Es ist ziemlich schwer, sich auf einen starken musikalischen Einfluss zu beziehen. Aber wenn ich etwas sagen müsste, dann „Brand New“, weil die echt kranken Scheiß machen und mit Effekten und so herumexperimentieren. Jemand anderes fällt mir gerade nicht ein.

bonnFM: Ihr macht also nur das, wonach ihr euch gerade fühlt und was ihr meint, was momentan der Sound von Apologies, I Have None ist?

Josh: Ja, manchmal wussten wir noch nicht einmal, was wir taten. Wir waren einfach alle im Studio, Joe hat Gitarre gespielt, ich habe Effekte ausprobiert und Simon auch, bis wir alle gesagt haben: „Ja, das klingt gut“. Es ist nicht so, dass wir die ganze Zeit etwas Bestimmtes angestrebt haben. Es war eher so, dass wir herumgespielt haben, bis wir etwas gefunden haben, das uns gefällt.

Joe: Man kann sowas nicht immer machen! Es macht aber großen Spaß.

 

Das neue Album „Pharmacy“ von Apologies, I Have None ist am 26. August über Uncle M Music erschienen.