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Bild: bonnFM / Leonardo Beulen Faura

Ein Knabenchor auf LSD – Ein Abend mit den Parcels

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Lesezeit: 4 Minuten

Wenn eine von bonnFMs Lieblingsbands, Parcels, in der Nähe auftritt, lässt man sich das natürlich nicht entgehen. Interessant wird es nur, wenn ein Hardcore-Fan und ein Neuling zusammen hingehen. bonnFM war für euch beim Konzert in der Live Music Hall und zeigt euch beide Perspektiven.

Auftakt: Hattrick für Leo vs. Premiere für Luena

Der Anfang des Konzertes war dem Parcels-Kenner natürlich nicht unbekannt. Das Logo der Band wurde an eine Wand der Live Music Hall projiziert und bewegte sich dann langsam hin zur Leinwand auf die Bühne. Alle anderen Lichter waren aus und eine düstere Musik, fast wie aus einem Horrorfilm, begleitete das Ganze. Für mich war ganz klar: Das erinnert an das äußerst empfehlenswerte Musikvideo zu “Withorwithout” mit Mila Jovovich in der Hauptrolle, das selbst irgendwo zwischen Thriller und Horrorfilm eingeordnet werden kann.
Erst dann kamen die Jungs auf die Bühne, wie gewohnt vier vorne, jeder mit seinem eigenen Mikro. Nur der arme Toto saß hinten alleine an seinem Schlagzeug. Und dann ging es los..

Meanwhile Luena:
Mit ihrem eigenen Logo gleich einem Bat Signal im Hintergrund kamen die Parcels auf die Bühne. Ein spezieller Auftakt für eine spezielle Band.

Parcels-passionierter Kritiker: Musik und Show aus Leos Sicht

Alle Fans, die Parcels schon vor ihrem Debütalbum kannten, waren nun natürlich auf jenes gespannt. Es hat den gleichen Sound und die wundervolle Polyphonie, die man von Parcels kennt und die begeisterte Fans so grandios findet. Jedoch haben sich die Jungs dieses Mal weiter hinaus in beide Extreme getraut: Sowohl das für Parcels wirklich sehr ruhige Bemyself, das mit vergleichsweise wenigen Instrumenten auskommt, als auch Everyroad, das zum Ende hin schon an Dubstep erinnert, wurden gespielt – beides vom neuen Album. Und ehrlich gesagt waren das die beiden Lieder, bei denen im Umkreis von drei Metern um mich herum ausnahmsweise Leute stehen durften – eben weil ich mich in den beiden Liedern nicht so sehr verlieren konnte wie in anderen.

Aber nun die Gretchenfrage: Muss es das? Hat eine Band nicht das Recht, mit der Musik zu experimentieren? Antwort: Natürlich hat sie das, solange sie sich ihrem Sound treu bleibt. Und das haben Parcels auf jeden Fall geschafft.
Doch nicht alles Neue ist schlecht: Es war schön, z. B. mal den Bassisten Noah oder Keyboarder Patrick singen zu hören und die Übergänge zwischen den Liedern wurden auch um einiges flüssiger. Man merkt also, dass die Parcels seit ihrem Debüt mutiger und selbstbewusster geworden sind. Chapeau!

Nicht nur was für die Ohren, sondern auch für die Augen

Das gewonnene Selbstbewusstsein macht sich auch in dem bemerkbar, was die Parcels showtechnisch auf die Bühne gebracht haben. Das Triangelsolo und die Tanzeinlagen von Patrick, die er in einer leeren Ecke der Bühne machen muss, damit er die anderen nicht stört, sind schon innerhalb der Fangemeinschaft legendär. Was dieses Mal jedoch neu dazukommt, ist die Mühe, welche die Jungs in ihr Auftreten gelegt haben. Die erstaunlich synchrone Choreographie von Noah und Jules, während die anderen weiterspielten, erinnerte stark an die Sicherheitshinweise von Flugbegleitern. Noch ein kleines Easter Egg, denn Fliegerei ist das bildliche Theme des neuen Albums. Auch positiv überrascht war ich von der tatsächlichen Implementierung eines Radiosprechers in die Musik, während die Band ein Instrumental spielt, das sich ständig weiterentwickelt. Was man sonst nur aus den Studioversionen kennt, wurde dieses Mal live mit einem echten Radio und echter Frequenzsuche gemacht – mit einem grandiosen Ergebnis.
Auch das Verlassen der Bühne von jeweils einem Mitglied nach dem anderen am Ende des Konzerts war spannend und mal was neues – nicht zuletzt, weil mit jedem Mitglied, und somit einem Instrument weniger, die Musik ganz anders wurde. Aber nichtmal dies konnte über die fehlende Zugabe hinwegtrösten. Das war – darin sind Luena und ich uns einig – ein Riesen-Minuspunkt!

Das Konzert aus der Sicht von Parcels-Küken Luena

Anders, als die meisten Anwesenden (wie auch mein Kollege Leo), bin ich auf gut Glück zum Parcels Konzert gegangen und habe mich überraschen lassen. Als Neu-Hörer der Band habe ich so einen anderen Blick auf die fünf Jungs auf der Bühne werfen können.

Die Musik spiegelt sich in ihrer ganzen Präsenz wieder. Die 70er sind allgegenwärtig, als sie auf der Bühne standen, in ihren etwas zu kurz aussehenden Hosen, den schmalen Hemden und den längeren Haaren, die sie wild hin und her schwangen, zumindest bei dem blonden Bassisten. Für ihr junges Alter strahlten sie eine enorme Ruhe aus. Alle fünf haben ihr Ding auf der Bühne gemacht, aber waren trotzdem eine gemeinsame Gruppe, die das macht, was sie liebt. Ich hoffe es sah nicht nur so aus, doch Leidenschaft war auf jeden Fall dabei! Man kauft ihnen das ab, was sie auf der Bühne machen. Sie kommen authentisch rüber und mit dem ersten Ton war das Publikum bei ihnen.

Es war schwer still stehen zu bleiben bei den ruhigen aber rhythmisch starken Beats, die sie mit ihren Gitarren, dem Keyboard und dem Schlagzeug entstehen ließen. Besonders war, dass sie neben den üblichen Instrumenten auch eine Triangel gekonnt einsetzten und sogar das Rauschen eines nicht eingestellten Radios mit unterbrachten.
Zum Kontrast zu den klaren und starken Tönen der Instrumente waren ihre Gesangsstimmen eher weich und leise. Jeder hatte seinen eigenen Part, doch die meiste Zeit haben sie alle zusammen gesungen, was mir persönlich am Besten gefallen hat.

Es gab sogar so etwas, wie einen spannungsaufbauenden Moment, als die Lichter kurzzeitig ausgingen, die Musik verstummte und es für einen flüchtigen Augenblick ganz still in der Halle wurde. Man war gespannt, was jetzt kam und so fingen sie langsam wieder leise an zu spielen und die Scheinwerfer sprangen an. Die Spannung löste sich und sofort waren wieder alle bei den schrägen Jungs auf der Bühne.
Den ganzen Abend über herrschte eine ausgelassene Stimmung bei den Parcels was sie auch auf das Publikum übertrugen. Es wurde mit getanzt und gesungen. Eine Mischung aus Hipstern und Rockern, jung wie alt war mit dabei und jeder hatte genug Platz, um so zu tanzen, wie er wollte.