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Bild: Christian Belz

Oh, wie war denn Panama?

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Mit „Oh, wie schön ist Panama“ lockte das Panama-Open-Air am 29. und 30. Juli die Massen (zum ersten Mal nicht gratis) in die Rheinauen. Endlich wieder Elektro-Acts in Bonn, die auch jemand kennt. bonnFM war für euch da und berichtet, ob Bonn wieder am Puls der Zeit steht.

Prolog: Das Kartenbesorgen im Vorfeld stellt sich als nicht so leicht dar und so muss nach mehreren Wochen Nichterhaltung der Tickets persönlich das Rheinevents-Büro besucht werden. Der Anblick: Junge Festivalorganisatoren in Bootsschuhen, deren Lieblingsmusik garantiert nicht Techno ist und ein gelangweiltes Social Media-Girl, das sich in dem durch das Dachzimmerfenster fallenden Sonnenlicht räkelt. Zugegeben nett und bemüht. Doch das Festival steckt augenscheinlich noch in den vorpubertierenden Kinderschuhen. Da wundert auch nicht, dass meine Arbeitskollegen über zwei Stunden brauchen, um als akkreditierte Pressebesucher Zugang zum Festivalgelände zu erlangen und ihre Mikrofone fast nicht mitnehmen dürfen. Warum sollten Radiojournalisten diese auch brauchen...

Day One

Bis kurz vor Beginn strömte starker Regen die Zimmerfenster meiner Wohnung runter und ich hatte es schon unter verkorkster Festivalsommer (siehe Rock am Ring) abgespeichert, doch dann zieht die Sonne über den Rheinauen auf.

Dann beginnt die Festivalerfahrung mit dem kreativen Öko-Techno-DJ Dominik Eulberg, aber sitzend und aus der Distanz. Einfach noch keine Tanzatmosphäre. Anschließend geht es in das von Sonne und Menschen aufgeheizte Zirkuszelt auf dem Gelände. Der Techno-Circus ist soundtechnisch die beste Adresse auf dem Panama und Pappenheimer und Felix Kröcher (meine Entdeckung des Festivals) liefern ab.  Dann folgt die Qual der Wahl: Stil-vor-Talent-Gründer Oliver Koletzki, Klaudia Gawlas oder AKA AKA gleichzeitig (obwohl letztere eigentlich bei jedem Festival dabei sind). Natürlich sind beide Open-Air-Bühnen soundtechnisch nicht da, wo niederländische Elektronikfestivals ihre Standards ansetzen, aber immerhin. Warum auch immer alles in den Boden meckern? Panama hat Bonn wieder auf die Landkarte gehievt. Oder es zumindest mal versucht.

Unangenehm, unangenehmer, Mainstage

Aber auch die Situation unmittelbar vor dem Headliner am Freitag soll nicht unerwähnt bleiben. Um 23 Uhr gibt es eine 10-Minütige Pause und der Moderator ruft: „Falls ihr Fotos von heute posten wollt dann unter #ROCKAUE16 ….äääh, oh sorry, #Panamaopenair.“ Und wäre das nicht schon genug der Peinlichkeit, kommt auch noch der Oberbürgermeister Ashok Sridharan auf die Bühne. Der meinetwegen gerne überall sein kann, aber auf einer Festivalbühne eines Festivals? Im Anschluss folgt Sigma als einziger Drum n’ Bass-Vertreter. Als großer Liebhaber dieser Musikrichtung schwant mir schon übles, aber ich stehe trotzdem in einer den ersten Reihen. Aber dann nach passablem Beginn des Sets – kaum Höhen, man kann sich unterhalten – kommt der musikalische Supergau: Sigmas MC ruft rein – „This one is for the ladies“ und Sigma spielt „Glitterball“ und wechselt anschließend das Genre. Von schnellem Drum n’ Bass zu House. Ich verlasse angewidert die Stage, das Festivalgelände, die Rheinauen. Morgen ist ein neuer Tag.

Ein Lob für zwischendurch: Die Aftershow im Kreuzberg mit b2b Oliver Koletzki/Hidden Empires wäre ohne das Panama wohl auch nicht möglich gewesen. (Übrigens ist das Unwort des Wochenendes „aftern“ – im Kontext: „wart ihr noch aftern?“)

Standortbeschreibung

Bevor ich wieder in selbstreferenzielles Gefasel ausbreche, folgt eine Beschreibung der Location an sich. Die ist nämlich erwähnenswert:

Die Konzeption des Geländes ist gut und durchdacht. Sicherer Aufbau, genug Platz zwischen den Stages und recht sauber für ein Festival. Die musikalische Vielfalt verteilt sich auf fünf Stages: Local Bretterbude, Atlantic Stage, Pacific Stage, Techno Circus oder Red Bull Truck – ein teuer aussehender kleiner Truck mit interessanter Musik bei den Essensmöglichkeiten.
Apropos: Das Panama bietet gute Essensauswahl, ob vegan, vegetarisch oder deftig. Da wurde viel richtig gemacht.

Day Two

Wir kommen etwas zu spät, müssen deswegen eine dreiviertel Stunde anstehen, was ich aber, ebenso wie die Polizeipräsenz, im Rahmen der Sicherheitslage für völlig vertretbar halte. Reicht dann sogar noch für zehn Minuten Tube&Berger. Anschließend plätschert das Line-Up aber vor sich hin. Beispiel: Der heiß ersehnte französische Artist Worakls imitiert mit dramatischem Setaufbau Hans Zimmer, im Alltag ideal, im Techno Circus funktioniert das einfach nicht. Aber die 45-Jährige Monika Kruse (der Name täuscht Harmlosigkeit nur vor ) und Marek Hemmann reißen das Ruder herum. Richtig gute Acts!
Von der Mainstage kann ich auch am Samstag leider nicht viel berichten, weil ich nach dem Zuruf des DJs an die Menge „Habt ihr Bock auf Hardstyle?“ Richtung Ausgang gesprintet war, bevor ich mich doch noch fangen und in den Technocircus umlenken konnte.

Für mich einer der wichtigsten Pluspunkte: Der freundliche Sicherheitsdienst. Durchgehend höflich, aber bestimmt. So ist dann auch das Räumen des Festivalgeländes nach Ende kein Problem: „Wisst ihr wo der Ausgang ist? Dann geht bitte raus!“ mit einem Grinsen. Humor find ich gut. Das Panama irgendwie auch.

bonnFM-Geheimtipp: Bevor ihr nächstes Jahr wieder mit den verstopften Öffentlichen anreist: Es gibt entspannte Fahrradwege entlang des Rheins heim. Idyllischst!