You are currently viewing RADIOlogie: Spielen

RADIOlogie: Spielen

Lesezeit: 3 Minuten

Kinder tun es, Erwachsene weniger. In Bonn gibt es sogar extra ein Café dafür und mit fast 140 Jahren findet sich hier auch eines der ältesten Geschäfte Deutschlands, die es sich zum Thema genommen haben. Fast 200.000 Menschen haben sich auf einer Messe versammelt: Spielen.

In jeder Ausgabe der RADIOlogie, der Wissenschaftssendung bei bonnFM, durchleuchten wir ein spannendes Thema. Hier haben wir für euch die Inhalte unserer Beiträge aufbereitet.

Lust auf mehr RADIOlogie? Hier findet ihr alle bisherigen Ausgaben.

Warum spielen wir?

Der Spieltrieb beginnt bei Menschen schon im Kindesalter. Das sagt jedenfalls Sarah Körtge, Psychologin an der Uniklinik Köln. Ursprünglich dient der Spieltrieb dabei vor allem dem Lernen. Im Laufe des Lebens nimmt die Lust am Spielen aber ab, da Spielen bei Erwachsenen eher als verpönt gilt. Der Spieltrieb bleibt aber das ganze Leben, und auch Erwachsenen können noch spielend lernen. Laut Körtge sollten Erwachsene sogar möglichst viel spielen. Dies dient nämlich dem Stressabbau und ist hilfreich als Ausgleich im Alltag. Allerdings gibt es auch negative Aspekte beim Spielen, besonders im Bereich der Sucht. Dieses Thema sieht Sarah Körtge aber insgesamt eher gelassen.

Das älteste Spiel der Welt

Die Wissenschaft ist sich nicht ganz sicher, welches Spiel nun wirklich das älteste Spiel der Welt ist. Unter anderem könnte diesen Titel das altägyptische Brettspiel Senet bekommen, das seit mind. 3000 v. Chr. existiert. Ähnlich wie bei Mensch-ärgere-dich-nicht, bewegen die 2 Spieler ihre Figuren über 30 Spielfelder vom Anfangsfeld Geburt bis zu den 5 Endfeldern, den Häusern. Gewürfelt wird mit Plättchen auf deren Seiten eine unterschiedliche Anzahl von Zählstrichen sind. Wer als erstes alle seine Figuren in die Häuser gebracht hat gewinnt. Senet war ein königliches Spiel, einige Spielesets wurden bspw. in der Grabkammer von Tutanchamun gefunden.

Die Geschichte des Spielens

In der griechischen und römischen Antike waren vor allem Kampfspiele (zB mit Gladiatoren) beliebt, im Alltag wurden vor allem Ball- und Würfelspiele gespielt. Für die Kinder gab es Holzfiguren und sogar erste Stoffpuppen. Im Mittelalter spielten das einfache Volk und die höheren Bevölkerungsschichten sehr gegensätzlich: Während die untere Bevölkerung Speere warf oder kegelte, vergnügten sich die Adligen mit Kampfspielen wie dem klassischen Ritterturnier. Spielen war jedoch damals bereits als “unproduktiv” verpönt, wurde sogar von der katholischen Kirche als “Gotteslästerung” verfolgt und bestraft. Später wurde dieses Verbot jedoch aus finanziellen Gründen aufgehoben: der Staat finanzierte mit selbst organisierten Spielen zB Baumaßnahmen, der Vatikan nutzte es als Ersatz für die Einnahmen aus dem Ablasshandel. Mit der Industrialisierung ab 1800 wurde Spielzeug zur Massenware und ab 1895 stellte die Firma Märklin die ersten Spielzeugeisenbahnen her – damals noch dampfbetrieben.

Das Spielecafé Voyager in Bonn

Als einen Ort für Fantasy-Freunde, Science-Fiction-Liebhaber und Spiele-Fans – so beschreibt sich das Spielecafé Voyager hier bei uns in Bonn. Wir haben uns mit Laila und Florian getroffen, die beiden sind dort oft mit Freunden zum Spielen. Sie mögen die aufgedrehte, lebhafte Stimmung dort, die Wände, die mit Postern vollgeklebt sind und die Cocktails, die verrückte Namen haben. Und natürlich die Auswahl von 700 verschiedenen Brett- oder Kartenspielen – das toppt das häusliche Angebot dann doch. Außerdem, sagt Laila, verfügen die Mitarbeiter dort über ein sehr gutes Fachwissen und können ihr Spiele empfehlen. Oft probieren sie diese Spiele dann mit Freunden, aber, sagt Florian, es ist sehr offen und ungezwungen dort, die beiden lernen auch immer mal wieder neue Leute kennen.

Die Internationalen Spieltage SPIEL

Eine ganze Messe mit dem Thema Gesellschaftsspiele – quasi die „analoge Gamescom“ – findet nun schon seit 1983 jährlich in Essen statt: Die SPIEL. Hier treffen sich Spiele-Liebhaber zum Entdecken, Austauschen und Spielen der neuesten Trends in Sachen Brett- und Kartenspiele. 1.150 Aussteller und 190.000 Besucher zählte der Veranstalter Friedhelm Merz Verlag aus Bonn dieses Jahr – so viele wie noch nie.
Ob groß oder klein, die Spiele-Fans mögen dabei immer noch die klassischen Brettspiele und Kartenspiele am Liebsten. Aber auch Strategiespiele bei denen man etwas mehr nachdenken und planen muss, sind beliebt.

Spielwarenfachgeschäft Puppenkönig in Bonn

Eins der letzten großen Spielwarenfachgeschäfte ist der Puppenkönig in Bonn, der hier seit nunmehr 140 Jahren existiert. 40.000 verschiedene Artikel, wie Kuscheltiere, Gesellschaftsspiele oder Modellbau, warten hier darauf entdeckt zu werden. Für Inhaber Alfred Westenhöfer liegt der Vorteil gegenüber der Onlineshop-Konkurrenz nicht nur in der exzellenten Beratung sondern zum Beispiel auch in der Haptik, denn die ausgesuchten Puppen oder Kuscheltiere können im Internet natürlich nicht so auf ihre Kuschel-fähigkeit untersucht werden, wie direkt im Geschäft. Zur Weihnachtszeit ist der Puppenkönig vor allem für seine Weihnachtseisenbahn bekannt. Seit 50 Jahren entsteht hier jedes Jahr im Schaufenster eine liebevoll aufgebaute Eisenbahnlandschaft, die Erwachsene und Kinder immer wieder verzaubert und begeistert. In dieser Zeit sucht der Puppenkönig übrigens immer wieder nach fleißigen Aushilfen für Verpacken, Beratung und Verkauf im großen Weihnachtsgeschäft.

Die Zukunft der Spiele

Auf der SPIEL waren natürlich auch viele Autoren unterwegs. Sie sind grundsätzlich davon überzeugt, dass immer gespielt wird. Der Markt werde sogar immer größer. Eine Konkurrenz durch Computer- oder Virtual-Reality-Spiele sehen die Autoren Daniel Danzer und Peter Ratschiller der Spiele Autoren Zunft nicht, sie sind sich einig, dass das analoge Gesellschaftsspiel immer noch mehr kann, weil es haptisch ist. Der Autor Ralf Sandfuchs vom kleinen Verlag Krimsus Krimskrams-Kiste ist auch überzeugt davon, dass sich die beiden Märkte gar nicht so sehr berühren. Er findet vor allem das persönliche Erlebnis beim Spielen am Tisch wichtig, dass man sich gegenseitig in die Augen sehen kann und gemeinsam spielen kann.