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Coronakrobatik – Das GOP spielt seine neue Show

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So haben selbst alteingesessene Bonner Beethoven noch nicht gesehen. Die neue Show des GOP Varieté Theaters „Beethovens verschollenes Werk“ überzeugt mit Musik, Witz und den talentierten Akrobat*innen – trotz Abstandsregeln!

Theater während der Coronapandemie – geht das? Ja, sagt das GOP Varieté Theater und untermauert die These mit ihrer neuen Show „Beethovens verschollenes Werk“. Natürlich gibt es einige Schutzmaßnahmen und Änderungen. Der Saal wirkt auf den ersten Blick unverändert.

Was ist neu?

Wenn man genauer hinschaut, bemerkt man aber die durchsichtigen Plexiglasscheiben, die zur Bühne hin aufgestellt wurden. Die stören aber überhaupt nicht und verzerren auch nicht die Sicht. Auf Wunsch kann man auch noch eine weitere Plexiglasscheibe aufstellen lassen und zwar quer über den Tisch.

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Das gute: Die Tische sind entzerrter und haben sich etwa um die Hälfte reduziert. Kein vorbeidrängen, kein Stuhlrücken und nur vier Personen pro Tisch, es sei denn, man kommt schon mit einer Gruppe von sechs. Natürlich muss man auch seine Kontaktdaten angeben, jedoch nicht wie unsere Urgroßeltern auf Papier mit Stift, sondern per QR-Code. Mit dem kann man jetzt sogar die Kellner rufen, falls noch etwas zum Wohlergehen fehlt. Doch da selbst die Digital Natives von heute nicht alle einen QR-Code-Scanner haben, solltet ihr euch vorher einen installieren. Die stimmungsvolle Pianobar ist momentan leider geschlossen, stattdessen können die Besucher*innen einen Aperitif auf der Terrasse schlürfen.

Eine Show voller Fake News

Schon die Werbetexte machen stutzig. Beethoven hat noch eine Oper geschrieben, die nun aufgeführt wird? Die Prämisse ist glaubwürdig und wird auch mit täuschend echten Zeitungsausschnitten in der Show „bewiesen“. Doch dass da nicht alles mit rechten Dingen zugeht, wird in der Vorführung schnell klar. Beethoven schreitet mit High-Heels und Lippenstift über die Bühne und scheint gar nicht der mürrische alte Mann zu sein, der quasi jeden Quadratmeter unserer Stadt pflastert.

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Er wird vom Multitalent Jack Woodhead portraitiert, der als Sänger, Pianist und Paradiesvogel das Publikum mitreißt. Dieser Mann gehört einfach auf die Bühne und hat mit seiner sympathischen Bühnenpräsenz die Show zu großen Teilen mitgetragen.

Die Handlung springt immer wieder hin und her zwischen der eigentlichen Oper und ihrer Entstehungsgeschichte. So unterhalten sich Beethoven und Goethe, gespielt von dem Regisseur des Stücks, Markus Pabst, über das Stück, während in der nächsten Szene der Sohn des Königs zum Zirkus überläuft. Dadurch ergibt sich auch eine interessante Mischung aus der üblichen Akrobatik und unterhaltsamen Wortbeiträgen.

Gedichte und Gewichte

Regisseur Markus Pabst möchte wieder mehr Story, mehr Gespräch in das Varieté bringen. Deswegen hat er mehrere Gedichte und „Wortspielereien“ vorbereitet, die das GOP mithilfe von Technik zum Leben erweckt. Große Projektionen untermalen die Worte der Bühnenfiguren und geben dieser Show ihren ganz besonderen Touch. Obwohl das Stück schon vor längerer Zeit geschrieben wurde, geht es dabei inhaltlich auch um Corona. Der Humor ist überraschend gut und auch für jüngeres Publikum geeignet. Das gilt auch für den Clown, der mit seiner wortlosen Slapstick-Comedy zwar nicht das Rad neu erfindet, aber keine Sekunde langweilt.

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Die Akrobatik ist in Form eines Zirkus gut in die Rahmenhandlung eingebunden. Dieses Mal beweisen nur fünf Artist*innen ihr Können, zeigen aber auch eine Menge Kreativität. Es gibt zum Beispiel eine Einlage mit Fächer und Peitsche, die ich sonst nur in einem asiatischen Indiana Jones Spin-off vermutet hätte. Auch die Jonglage-Stücke sind sehr clever choreografiert und schicken die Augen auf eine wilde Suche nach den Bällen, die überall um die Artist*innen herumfliegen. Besonders gefährliche Stunts oder nie gesehene Kraftakte gibt es in dieser Show nicht, dafür aber 90 Minuten, die einfach nur Spaß machen.

Gelungener Wiedereinstieg nach Zwangspause

Beethovens verschollenes Werk ist verspielt, witzig und macht Spaß. Die Darsteller*innen beeindrucken mit ihrem Talent und ihrer Körperbeherrschung, schaffen es aber trotzdem von der Bühne aus authentisch und sympathisch zu wirken. Die Show ist nicht die aufwändigste oder spektakulärste, aber genau das Richtige, nach einem langen Kultur-Entzug durch die Quarantäne.

Zu sehen ist das Stück noch bis zum 1. November hier in Bonn.