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Hypnotisch und intensiv: Is The Is Are

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Mit drei Jahren Verspätung ist am 5. Februar das zweite Album der amerikanischen Band DIIV erschienen. Das Doppelalbum Is The Is Are ist vielseitiger als sein Vorgänger Oshin und reicht von heiteren Melodien bis hin zu tiefst düsteren Klängen: Schöpfer Zachary Cole Smith präsentiert uns sein „wahres Ich“ mit seinen Höhen und Tiefen.

DIIV hat uns lange warten lassen: Nach dem erfolgreichen Debutalbum Oshin (2012) begann die Band bereits 2013 seine Arbeit an Is The Is Are. Doch der Weg bis zur tatsächlichen Veröffentlichung erwies sich als unerwartet lang.

Das altbekannte Drogenproblem

Die 2011 in Brooklyn gegründete Indie-Rock-Band stellte sich gewissermaßen selbst ein Bein. Während Gitarrist Andrew Bailey aufgrund von Alkoholproblemen in die Reha kam, hatte Frontmann Zachary Cole Smith mit seiner Drogenabhängigkeit zu kämpfen, die dazu führte, dass er mit seiner Freundin Sängerin Sky Ferreira wegen Besitz von Heroin und Cannabis festgenommen und zum Entzug gezwungen wurde. Mit seinen sexistischen Kommentaren im Internet ließ auch Bassist Devin Ruben Perez die Band in keinem guten Licht erscheinen. Schließlich verließ Schlagzeuger Colby Hewitt dann auch noch die Band wegen Drogenproblemen. Die Rückschläge waren ohne Zweifel eine immense Hürde für die Vollendung von Is The Is Are, boten aber zugleich aber auch eine wichtige Grundlage für den Inhalt des Albums.

Düster, hypnotisch und trotzdem so unbeschwert

Das Ergebnis ist ein Album mit einem erstaunlich lockeren Einstieg. Die Songs „Out of Mind“ und „Under the Sun“ zeigen nur wenig Spuren der Tiefs der Band. Die flotte Gitarrenmelodie verleiht ein Gefühl von Unbeschwertheit und steigender Spannung. Worte wie „I’m out of sight, I’m out of mind“ („Out of Mind“) lassen eine unterschwellige Dunkelheit spüren, gar ein totaler Gegensatz zur Upbeat-Gitarrenmelodie. Doch der Nachgeschmack ist ein Eindruck von Frische und Freiheit.

Mit dem dritten Titel „Bent (Roi’s)“ zieht sich ein feiner hypnotischer Schleier vor uns.  Komplex verwobene Gitarrensounds und Smith’s hallende Worte betäuben langsam unseren Kopf. Freude und Leichtigkeit haben sich schon längst verabschiedet. „Bent (Roi’s) “  ist ein Geständnis, besiegt zu sein: „If it feels wrong, you can go on along, but once it feels right then you just lost the fight“. In Begleitung von spielerisch verzerrten und hallenden Gitarrensounds spiegeln Songs wie „Dopamine“ und „Mire (Grant’s Song)“ Erfahrungen mit Drogen wider, die hier keineswegs verherrlicht werden. Die Krönung bildet „Waste Of Breath“ mit seiner kühlen, mysteriösen Art, die sich mit dem Gitarrenschlag intensiviert.

Und dann kam die Erleuchtung

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Is The Is Are ist gewollt eine Mischung aus hell und dunkel: „[…] I never wanted this to be mired too deep in darkness […]. My life wasn’t all drugs and addiction, rehab/relapse, and sickness. I also met and fell love with someone.“ (Smith auf DIIV Tumblr) In der Tat: Der bedrückte Unterton ist zwar nicht zu überhören, doch genauso präsent sind gewisse Erleuchtungsmomente. Es ist ein Wechselspiel von Desillusion und Hoffnung: „I was blind, but now I see“ („Mire (Grant’s Song)“), „I wanted to die […] Now I’m fighting“ („Is The Is Are“).

Wie Smith selbst zugibt, hatte auch Freundin Sky Ferreira einen großen Einfluss auf das neue Album. In “Blue Bordom”, einer Homage an Sonic Youth’s „Bad Moon Rising“ (1985), begleitet sie DIIV mit ihrem lässigen Sprechgesang. Wie „Dopamine“ verrät, ist sie für Smith ein Licht der Hoffnung, das ihn aus der Dunkelheit rettet: „[…] I say about Sky ‚you’re the sun and I was your cloud‘, which is literally how I felt so many times we were together […].“ (DIIV Tumblr) Auch „Under the Sun“ sei laut Smith im Grunde ein Liebeslied.

Fast zu intensiv für DIIV-Anfänger

Was in dieser geschmeidigen Mischung aus Dream Pop, Shoegaze und Indie Rock dem einen oder anderen Hörer fehlen wird, sind klare Höhepunkte. Vor allem zeitlich betrachtet erscheint der Weg bis zum Endtitel „Waste Of Breath“ zu lang. Zum Teil retten uns Songs wie „Dopamine“, „Is The Is Are“ und „Loose Ends“ davor, komplett im hypnotischen Klang zu versinken, und holen uns wieder zurück, bevor uns die Müdigkeit überkommt. In diesem Sinne ist auch der Einstieg mit „Out of Mind“ und „Under the Sun“ gelungen.

Die 64 Minuten mögen einem vielleicht etwas zu lang vorkommen, doch es sind komplex verflochtene und teils experimentelle Gitarrenmelodien dabei, die nahezu süchtig machen und auch nicht so schnell wieder loslassen.

Ena Skorzinski

Moderatorin / Nachrichtensprecherin (freitags im Audimax von 9 bis 12 Uhr)