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Immer auf den letzten Drücker – Brauchen wir den Stress?

Lesezeit: 2 Minuten

die bonnFM Kolumne

Ob Hausarbeiten, Bewerbungen, Rechnungen – wir erledigen immer öfter alles im letzten Moment. Aber warum fängt man nicht einfach mal früher an? Und was sind die Konsequenzen ständiger Belastung?

Dienstag, 10:10 Uhr. Morgen muss diese Kolumne fertig sein und ich habe grade erst angefangen. So läuft es eigentlich immer bei mir. Ich schreibe Hausarbeiten in den zwei Tagen vor der Abgabe, fange am Tag vor der Deadline mit Konzepten an und hacke Bewerbungen in meinen Computer, die am nächsten Tag fertig sein müssen. Aber woran liegt das eigentlich? Bin ich zu faul? Zu verchillt? Anderen und mir selbst sage ich gerne, dass ich unter Druck einfach besser arbeiten kann. Und das stimmt auch. Zumindest bin ich, wenn ich mehr Zeit habe, wesentlich unkonzentrierter.

Ein weltweit verbreitetes Phänomen

Wenn ich früher mit Aufgaben anfange, dann fallen mir 100 andere Sachen ein, die ich dringender erledigen muss. Meine Wohnung putzen zum Beispiel. Oder Mails schreiben. Oder einkaufen. Tatsächlich macht mich das nicht fauler als andere Menschen, da ich ja etwas tue. Ich prokrastiniere. Prokrastination, auch „Aufschieberitis“ oder „Studierendensyndrom“ genannt, ist ein weltweit verbreitetes Phänomen. Mehrere Studien belegen, dass mehr als 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung weltweit unter ihrer Prokrastination leiden. Allen voraus wir Studierende.

To-Do Listen zum Glück?

Von der Prokrastination sind vor allem Menschen betroffen, die in Eigenregie arbeiten müssen. Zum Beispiel Journalist*Innen und Studierende – Hey, gleich zwei Mal getroffen! Aber gibt es überhaupt eine Möglichkeit der ewigen Aufschieberei zu entsagen? Online findet man vor allem den Tipp, To-Do Listen zuschreiben und die eigenen Ziele dabei nicht zu hoch anzusetzen. Bei einer Hausarbeit heißt das dann beispielsweise Quellen in einem bestimmten Zeitraum durcharbeiten, sortieren und dann schreiben, etwa eine Seite am Tag. Ein Ziel, das sogar sehr leicht übertroffen werden kann, was wiederum Glücksgefühle auslösen soll.

Das Trio Infernale

Bei mir persönlich treffen gleich mehrere Faktoren aufeinander. Zum einen schiebe ich grundsätzlich alles auf. Dementsprechend sind andere Aufgaben oft tatsächlich wichtiger, als beispielsweise die Hausarbeit, die ich Ende September abgeben muss. Hinzu kommt auch noch, dass ich abends und nachts besser arbeiten kann, einfach leistungsfähiger bin, als tagsüber. Dass das leider nicht so einfach mit meinem Arbeits- und Unialltag  vereinbar ist, hilft nicht gerade weiter. Und zum anderen kann ich besser arbeiten und denken, wenn ich es muss. Zeitdruck löst in mir eine Konzentrationsfähigkeit aus, die ich in meinem Alltag oft vermisse. 

Burn-Out mit 20

Dass dieses Verhalten aber auch nicht gesund ist, zeigen aktuelle Burn-Out Fälle. Ende 20, Mitte 20, Anfang 20. Burn-Out Patienten werden immer jünger, die Zahl der Fälle immer größer. Mittlerweile hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Burn-Out als „Faktor, der die Gesundheit beeinträchtigen kann“ eingestuft. Stress und Überarbeitung sind die Hauptauslöser. Auch ich merke, dass ich regelmäßig durch mein Arbeitsverhalten an meine Grenzen komme. Ich bin oft ausgelaugt, vergesse regelmäßig zu essen und zu trinken, bin leicht gereizt. Aber der Stress belastet mich auch körperlich. Ich habe oft Kopfschmerzen, habe Rückenprobleme und werde schnell krank.

Einfach mal anfangen

Wenn ich also so weiter mache, dann droht vermutlich auch mir ein Burn-Out. Mit Mitte 20. Doch was soll man tun, wenn man prokrastiniert, um mit dem Prokrastinieren aufzuhören? Es ist ein Teufelskreis in dem ich mich befinde. Aber ich merke, dass dieser mich immer mehr stört. Also verspreche ich jetzt hier, euch und mir, dass ich ab sofort alles direkt erledigen werde. Ich werde mir To-Do Listen schreiben, Aufgaben nicht mehr über Wochen auf meinem Tisch liegen lassen und mir ab und zu auch mal eine Auszeit nehmen. Denn noch habe ich kein Burn-Out. Noch kann ich etwas ändern. Ich muss nur mal damit anfangen.