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Kommunalwahlen 2020: Interview mit OB-Kandidat Werner Hümmrich (FDP)

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Werner Hümmrich kandidiert für die FDP als Bonner Oberbürgermeister. Weil er leider keine Zeit für ein persönliches Gespräch hatte, haben wir ihm unsere Fragen schriftlich gestellt, unter anderem zu den Themen Verkehr und Wohnen.

Seine Antworten könnt Ihr hier nachlesen:

Herr Hümmrich, Sie treten als Bonner Oberbürgermeisterkandidat an. Damit sind Sie nicht allein: Ziemlich viele Parteien schicken dieses Jahr eine Kandidatin oder einen Kandidaten ins Rennen. Wie hoch sehen Sie selbst Ihre Chancen die Wahl zu gewinnen?

Es ist natürlich schwierig, sich als FDP-Oberbürgermeisterkandidat in Bonn durchzusetzen. Im Hinblick auf das Bewerberfeld ist es der Partei und mir jedoch wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern eine liberale Wahlalternative zu den anderen Kandidatinnen und Kandidaten zu ermöglichen.

Was war Ihre persönliche Motivation sich politisch zu engagieren,..

..speziell auch in der Kommunalpolitik?

In die Kommunalpolitik gekommen bin ich durch Guido Westerwelle. Er hatte mich damals als Schüler angesprochen, ob ich mich nicht für den Baumerhalt an der Poppelsdorfer Allee einsetzen möchte. Damals sollte die S1 – heute die Linie 61 – unterirdisch verlegt werden, was zum Abholzen der Bäume dort geführt hätte. Wie für viele junge Leute heute war es für mich also der Natur- und Klimaschutz. Seitdem hat mich die Kommunalpolitik nicht mehr losgelassen. Viele wichtige Entscheidungen darüber, wie wir leben wollen, werden nicht nur auf Bundes- und Landesebene entschieden, sondern auch bei uns im Stadtrat.

Das sicherlich größte Wahlkampfthema ist der soziale Wohnungsbau,..

..Bonn hat mit die höchsten Mieten in ganz Nordrhein-Westfalen, Tendenz steigend. Es gibt also immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Was wollen Sie konkret gegen die Wohnungsnot tun? Wie schaffen wir einen Ausgleich zwischen Schaffung von mehr Wohnraum und der Erhaltung der Freiflächen?

Meines Wissens hat Köln und Düsseldorf höhere Mieten, was aber natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass es in Bonn wenig preiswerte Wohnungen und sozialen Wohnungsbau gibt. Als Mitglied der Jamaika-Koalition war die FDP-Ratsfraktion mit Initiator des Bonner Baulandmodells, das Planungsbegünstigte in einem städtebaulichen Vertrag dazu verpflichtet, 40% der für Wohnzwecke geplanten Bruttogrundfläche (ab 24 Einheiten oder 2.200 m² Bruttogrundfläche Wohnen) eines Neubauvorhabens zu den Bedingungen des geförderten Wohnungsbaus zu errichten. Welche Freiflächen erhalten werden sollen, muss immer im Einzelfall und unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entschieden werden. So hat sich die FDP-Ratsfraktion gegen eine Bebauung von sozialen Wohnungsbau am Melbbad ausgesprochen, hat aber gleichzeitig einen konstruktiven Vorschlag gemacht, wo ein sozialer Wohnungsbau stattdessen entstehen könnte.

Was uns Bonner jetzt auch schon lange Zeit beschäftigt, ist die Sanierung der Beethovenhalle.

Diese soll erst 2024 abgeschlossen sein und auch die Kosten haben sich mittlerweile fast verdreifacht. Kann die Sanierung überhaupt noch ein Erfolg für Bonn werden?

Nein. Eine Sanierung, die noch im Gange ist und die Stand 29.08.2020 schon 160 Millionen Euro gekostet hat, aber ursprünglich knapp 60 Millionen kosten sollte, wird nicht mehr zum Erfolg für die Stadt. Dass wir eine modernisierte Beethovenhalle haben, ist mit Blick auf die Zahlen nur ein kleiner Trost für die Stadt. Die FDP war damals für einen Abriss der Beethovenhalle und den Neubau eines Festspielhauses. Das wäre preisgünstiger geworden.

Auch andere öffentliche Gebäude in Bonn sind nicht im besten Zustand:

Seit Ende Juni ist die Stadthalle in Bad Godesberg komplett gesperrt, es besteht akute Einsturzgefahr, weil unter anderem Stahlträger durchgerostet sind. Was ist Ihre Position: Abriss und Neubau oder Sanierung? Und welche alternativen Veranstaltungsorte können Sie sich für die Übergangszeit vorstellen?

Abriss oder Sanierung muss in Bad Godesberg diskutiert werden. Wichtig ist, dass Bad Godesberg auch in Zukunft eine Stadthalle hat. Alternative Standorte kann ich nicht erkennen.

Kommen wir zu einem ganz anderen Thema,..

..nämlich der Aufnahme von Geflüchteten. Bonn ist zwar dem Bündnis „Sichere Häfen“ beigetreten, hat bislang aber nur 10 Flüchtlingskinder aus Griechenland aufgenommen. Wollen Sie sich dafür einsetzen, dass Bonn mehr Menschen in Not aufnimmt, ganz besonders, wenn man sich die schrecklichen Zustände in Griechenland anschaut?

Die Stadt Bonn hat bereits seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 über das Zuweisungskontingent hinaus Flüchtlinge aufgenommen. Ich werde mich auch weiter für eine Aufnahme einsetzen, so wir in Bonn die Menschen auch unterbringen können. Zurzeit sieht es bei den Flüchtlingsunterkünften nicht gut aus; viel zu viele Menschen müssen zwangsweise in den sog. vorübergehenden Unterkünften auf Dauer bleiben, weil der Bonner Wohnungsmarkt kaum freie Wohnungen mehr bietet. Diesen Zustand werden wir bei der Aufnahme von Flüchtlingen über den Verteilungsschlüssel hinaus berücksichtigen müssen. Aus dem gleichen Grund ist auch eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in Bonn kurzfristig nicht umsetzbar. Ich unterstütze allerdings verstärkt verschiedenste Maßnahmen in der Bauplanung, um mehr sozial geförderten Wohnungsraum zu schaffen, so wie ich eingangs erklärt habe. Als Partei mit dem für Integration verantwortlichen Minister in der Landesregierung würde ich mich eng an die Vorgaben des Ministers anlehnen und alle kommunalen Maßnahmen mit ihm direkt abstimmen. Das Integrationsangebot an Geflüchtete in Bonn halte ich für gut und würde weitere Initiativen und vorgeschlagene Projekte der Stabstelle Integration unterstützen.

Ein anderes aktuelles gesellschaftliches Thema sind die Debatten über Rassismus..

..seit dem Tod von George Floyd in den USA. Es wird verstärkt dazu aufgerufen, dass die gesamte Gesellschaft sich stärker gegen Rassismus einsetzen muss. Was können wir hier vor Ort konkret gegen Rassismus tun?

Eine liberale Einstellung bedeutet, mit Entschlossenheit gegen Rassismus einzutreten und sich für Freiheit, Demokratie und Toleranz gegenüber Minderheiten stark zu machen. Falls also eine Abstimmung im Rat kommt, welche diese Grundwerte verletzen könnte, müssen wir Politikerinnen und Politiker, aber auch wir als Bürgerinnen und Bürger zusammenstehen, und für diese Werte kämpfen.

In Bonn gibt es eine Gruppe namens „Bonn Postkolonial“,..

..die auf Spuren der deutschen Kolonialgeschichte hinweist, z.B. auf das Grab von Lothar von Trotha in Poppelsdorf. Dieser Mann war für den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts an den Herero und Nama verantwortlich. Trotzdem gibt es an seinem Grab keinen offiziellen Hinweis auf seine Verbrechen. Müsste es da nicht von der Stadt Bonn aus viel mehr Aufklärungsarbeit geben?

Im Generalanzeiger hatte sich unser Bonner Stadtarchivar Herr Dr. Schloßmacher dazu geäußert. Er plädiert für ein umfangreiches Projekt zur Erinnerungskultur, welches ausloten soll, wie die Stadt mit ihrem historischen Erbe umgehen soll. Ich finde den Vorschlag gut.

Der Bonner CSD “Beethovens Bunte“ wäre in diesem Jahr fünf Jahre alt geworden.

Der amtierende OB Herr Sridharan hat in seiner gesamten Amtszeit als Oberbürgermeister, die nun ebenfalls fünf Jahre beträgt, nicht ein einziges Mal persönlich daran teilgenommen. Das ist zumindest ungewöhnlich, in Köln etwa ist Henriette Reker wie selbstverständlich jedes Jahr dabei. Wollen Sie, wenn Sie Oberbürgermeister werden, stärker auf dem Bonner CSD präsent sein?

Ich weiß nicht, aus welchen Gründen Herr Sridaran nicht dort gewesen ist. Natürlich werde ich als Liberaler da sein. Die FDP-Ratsfraktion war übrigens die vergangenen Jahre immer gut vertreten und auch ich habe schon teilgenommen.

Herr Hümmrich, vielen Dank für das Interview!

An diesem Punkt nochmal vielen Dank für die Möglichkeit des Interviews. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sender alles Gute!

Werner Hümmrich ist seit 1999 Vorsitzender der FDP-Fraktion im Stadtrat, seit 2015 zudem Ehrenvorsitzender des FDP-Kreisverbands Bonn. Bereits zweimal hat er vergeblich für das Amt des Bonner Oberbürgermeisters kandidiert, zuletzt im Jahr 2009. Abseits der Kommunalpolitik ist der gebürtige Bonner Familienvater und arbeitet in leitender Funktion bei der Sparkasse.

Im Bonner Stadtrat hat die FPD derzeit 7 Sitze und bildet gemeinsam mit CDU und Grünen die Regierungskoalition.

Aussagen unserer Gesprächspartner:innen geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. bonnFM macht sich diese Aussagen nicht zu eigen.

Hier findest du eine Übersicht zu allen geführten Interviews der OB-Kandidierenden:

Katja Dörner (Die Grünen)

Lissi von Bülow (SPD)

Michael Faber (Die Linke)

Ashok Sridharan (CDU)

Christoph Manka (BBB)

Frank Findeiß (DIE PARTEI)

Matthias Fromm

Moderator | Datenschutzbeauftragter Moderation bonnFM bissfest, queer um vier