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Wahl Spezial: Die Wahl zum 43. Studierendenparlament

Lesezeit: 7 Minuten

Alle Jahre wieder… beginnt im Januar nicht nur ein neues Jahr, sondern auch die Amtszeit für ein neues Studierendenparlament an der Uni Bonn. Das muss aber vorher erst einmal gewählt werden.

Und dabei ist in diesem Jahr einiges anders als sonst: Wie die Wahlen zu Corona-Zeiten ablaufen, wer alles zur Wahl steht und was gerade die wichtigsten Themen sind – wir haben es für Euch zusammengefasst.

00:00 – Einleitung
01:15 – Wie kann ich überhaupt wählen?
07:20 – Was ist das SP? / Was ist der AStA?
11:55 – Was sind die Gremienwahlen?
15:45 – Vorstellung der verschiedenen Listen für die SP-Wahl
23:50 – Kurzfassung Listenvorstellung
24:30 – Aktuelle Top 3-Themen der Hochschulpolitik
27:20 – Rückblick auf die SP-Wahlen 2020
28:00 – Warum Wählen wichtig ist

Wie kann ich wählen?

Dieses Jahr ist alles anders: Wegen der Corona-Pandemie finden die SP- und Gremienwahlen ausschließlich per Briefwahl statt. Wenn Ihr am 04. Dezember 2020 als ordentliche Studierende eingeschrieben wart, bekommt Ihr die entsprechenden Unterlagen automatisch per Post an Eure bei BASIS angegebene Adresse geschickt.

In einem großen Umschlag findet Ihr dann die Wahlunterlagen für die verschiedenen Wahlen:

  • Wahlschein, Stimmzettel, Stimmzettelumschlag und Rückumschlag für die SP-Wahl
  • Wahlschein, mehrere Stimmzettel und -umschläge plus Rückumschlag für die Gremienwahlen
  • eine detaillierte Anweisung zum Ausfüllen der ganzen Zettel

Die ausgefüllten Stimmzettel packt Ihr in den jeweiligen Stimmzettelumschlag und die dann zusammen mit den unterschriebenen Wahlscheinen in den jeweiligen Rückumschlag. Briefmarken müssen keine drauf, außer Ihr schickt die Umschläge außerhalb Deutschlands ab.

Wichtig: Die Umschläge müssen bis spätestens 21. Januar um 15 Uhr beim SP eingehen – wenn Eure Stimme gültig sein soll, müsst Ihr sie also rechtzeitig in den Briefkasten werfen. Unser Tipp: Wenn Ihr zu spät dran seid oder nicht sicher, ob die Wahlbriefe per Post rechtzeitig ankommen, könnt Ihr sie auch einfach persönlich in den Briefkasten am Uni-Hauptgebäude links neben dem Stockentor einwerfen – und das Ganze auch noch direkt mit einem schönen Spaziergang im Hofgarten und/oder am Rhein verbinden.

Und keine Angst, wir sind hier nicht in den USA: Erste belastbare Wahlergebnisse stehen erfahrungsgemäß schon am nächsten Tag fest. Sollten sie auch, denn nicht mal eine Woche später, am 27. Januar, wird sich das 43. Studierendenparlament zu seiner konstituierenden Sitzung treffen (in diesem Jahr natürlich online).

Was genau wählen wir da eigentlich?

Einerseits das Studierendenparlament (SP) mit seinen 43 Mitgliedern. Das ist die Vertretung aller Studierenden an der Uni Bonn und funktioniert so ähnlich wie der Bundestag. Ähnlich wie dort setzt sich auch das SP zusammen aus verschiedenen Fraktionen der einzelnen Listen (dazu später mehr). Es vertritt unsere Interessen nach außen und trifft zum Beispiel Entscheidungen über den Hochschulsport oder das Semesterticket, aber auch über alltägliche Dinge wie längere Öffnungszeiten der Bibs oder Mensen.

Natürlich kann das SP dabei nicht alles einfach alleine entscheiden, wendet sich dann aber mit entsprechenden Bitten/Vorschlägen an die jeweiligen Einrichtungen oder das Rektorat. Außerdem wählt das SP den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), der ist quasi die „Bundesregierung“ für uns Studis und setzt die SP-Beschlüsse um – zum Beispiel in Gesprächen mit dem Rektorat. Der AStA-Vorsitz unterschreibt auch Abkommen und Verträge im Namen der Studierendenschaft, zum Beispiel mit SWB und VRS über unser Semesterticket. Außerdem organisiert der AStA verschiedene Veranstaltungen und bietet studentische Beratungen an – unter anderem in den Bereichen BaföG, Soziales und Wohnen.

Andererseits wählen wir auch noch Studierendenvertretungen in verschiedene Uni-Gremien, unter anderem in den Senat und in die Fakultätsräte. Was genau die alle machen und welche Gremien es sonst noch gibt, haben wir Euch hier (Uni- Wahlen: Die Gremien und ihre Aufgaben – bonnFM) schon einmal erklärt. Deshalb konzentrieren wir uns in diesem Beitrag ab sofort auf die SP-Wahl.

Wer steht zur Wahl?

Insgesamt stehen dieses Jahr sage und schreibe 222 Menschen auf dem Wahlzettel für die SP-Wahl. Zum zweiten Jahr in Folge verteilen sie sich nicht mehr nur auf sechs, sondern auf acht verschiedene Listen:

Die Grüne Hochschulgruppe (GHG) ist quasi der studentische Arm der Grünen. Logisch, dass Themen wie Ökologie und Nachhaltigkeit ganz oben stehen: So hat die GHG sich erfolgreich für die Einrichtung eines Green Office an der Uni Bonn eingesetzt (mehr dazu hier: Green Office – Im Interview mit der Grünen Hochschulgruppe – bonnFM), im kommenden Jahr will sie unter anderem mehr regionale Produkte für die Mensen und einen Ausbau der Fahrradinfrastruktur erreichen. Aber auch Soziales spielt eine Rolle, indem die GHG sich zum Beispiel für ein Verzeichnis aller barrierefreien Uni-Räume einsetzt. Im Zusammenhang mit Corona fordert die GHG eine bessere Informationspolitik seitens der Universität, aber auch den Wechsel von Zoom auf ein datenschutzfreundlicheres Programm.

Die Juso-Hochschulgruppe an dieser Stelle mit ihrer „Mutterpartei“ SPD in Verbindung zu bringen, ist fast schon etwas unangenehm. Die Jusos stehen allerdings auch deutlich weiter links und haben einen klaren Fokus auf sozialer Politik: So haben sie sich unter anderem für eine bessere finanzielle Unterstützung der Studierenden während Corona eingesetzt und wollen im nächsten Jahr für mehr Barrierefreiheit an der Uni sorgen. Auch das Kulturticket haben wir den Jusos zu verdanken, im nächsten Jahr wollen sie es nochmal ausweiten. Außerdem ist Feminismus ein wichtiges Thema für die Jusos und deshalb fordern sie frei zugängliche Menstruationsboxen in allen Unigebäuden.

Außerdem gibt es den „RCDS“, das ist die Abkürzung für den „Ring christlich-demokratischer Studenten“. Christlich-demokratisch? Na klar, das ist die Studierendenorganisation der CDU. Wichtigstes Thema ist die Mobilität: Der RCDS fordert die Ausweitung des Semestertickets bis nach Koblenz und die Wiedereinführung der 24/7-Fahrradmitnahme für Studis. Auch die Digitale Lehre ist dem RCDS wichtig: Auch nach Corona sollen möglichst viele Veranstaltungen in Hybridform, also in Präsenz und digital, stattfinden. Außerdem wollen sie ein breiteres Angebot und mehr Geld für den Hochschulsport.

Damit sind wir beim ersten (nicht mehr ganz so-)Neuzugang: Die Liste Poppelsdorf. Gegründet hat sie sich im letzten Jahr als Zusammenschluss von Studierenden der Fakultäten Math-Nat und Landwirtschaft, um die Interessen vor allem der Campus Poppelsdorf und Endenich besser im SP zu vertreten. Als eine von zwei Listen außerhalb des klassischen Parteienspektrums hat sie im letzten Jahr erfolgreich für eine Ernährungsberatung an der Uni gekämpft und sich unter anderem für eine Verschönerung des Campus Poppelsdorf eingesetzt. Im nächsten Jahr will sich die Liste Poppelsdorf für Praktika-Alternativen für schwangere Menschen einsetzen, für mehr Nachhaltigkeit an der Uni sorgen (zum Beispiel durch eine effektivere Mülltrennung) und sich für eine bessere Bezahlung und Interessenvertretung von SHKs stark machen.

Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) ist sowas wie die FDP im Studierendenparlament. Im letzten Jahr haben sie sich unter anderem für mehr Partnerschaften der Uni mit Afrika, Zentralasien und Südamerika stark gemacht. Fürs nächste Jahr steht vor allem das Thema Digitalisierung auf der Agenda: Aufzeichnung aller Vorlesungen, mehr Online-Literaturangebote oder die digitale Abgabe von Hausarbeiten sind nur einige Forderungen der LHG. Außerdem wollen sie sich mehr für Internationale Studierende einsetzen und fordern zum Beispiel, dass alle wichtigen Texte in der Uni und den Mensen künftig auf Englisch übersetzt werden sollen.

Die Linke.SDS: Der erste Teil des Namens verrät die Nähe zur Linkspartei, der zweite Teil („Sozialistisch Demokratischer Studierendenverband“) die Nähe zum Sozialismus. Der SDS fordert unter anderem weniger Drittmittel in der Forschung und dafür mehr Geld von Bund und Land, deutlich mehr finanzielle Unterstützung für Studierende besonders während Corona und mehr Diversität in der Lehre: Vor allem Frauen*, aber auch BIPoC und queere Menschen sollen sowohl bei der Besetzung der Lehrstühle als auch bei der Auswahl von Literatur stärker berücksichtigt werden. Außerdem fordert der SDS für die Uni Bonn eine Zivil- und Nachhaltigkeitsklausel, die neben Rüstungsforschung auch die Forschung für fossile Energien verbietet und möchte zu diesem Thema eine Urabstimmung durchführen.

LUST auf Hochschulpolitik haben auf jeden Fall die Mitglieder der Liste undogmatischer StudentInnen, der zweiten Liste jenseits der klassischen Parteienlandschaft. Möglicherweise hat die LUST den Begriff „linksalternativ“ einst höchstpersönlich erfunden, immerhin ist sie schon seit 1980 in der Bonner Hochschulpolitik aktiv. Im letzten Jahr hat die LUST sich einerseits gegen Kamerapflicht in Online-Veranstaltungen, andererseits für mehr Barrierefreiheit eingesetzt und zudem die Einrichtung der Uni-Ernährungsberatung unterstützt. Fürs nächste Jahr fordert die LUST unter anderem Antirassimus-Workshops für Lehrende und Studierende, mehr psychosoziale Beratung für Studis während Corona und eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle bei sexualisierten Übergriffen.

VOLT Ihr etwa schon aufhören zu lesen? Zum Schluss kommt doch noch die VOLT-Hochschulgruppe, seit einem Jahr neu dabei. Genau wie die „große“ Partei VOLT sieht sich auch die Hochschulgruppe als paneuropäisch und legt deshalb großen Wert auf den Austausch mit anderen Hochschulgruppen in ganz Europa. Als einzige Hochschulgruppe sind sie dabei auch so konsequent, ihr Programm in der Wahlzeitung vollständig auf Englisch zu übersetzen. Im letzten Jahr haben sie sich unter anderem gegen eine Webcampflicht, für eine bessere Fahrradinfrastruktur und für mehr Internationalisierung eingesetzt. Im kommenden Jahr fordert VOLT unter anderem eine zweisprachige Veröffentlichung wichtiger Informationen, die Bereitstellung von Laptops für Studierende und günstiges veganes und vegetarisches Essen in den Mensen.

Noch nicht genug? Mehr Informationen zu den einzelnen Listen findet ihr in der offiziellen Wahlzeitung unter https://wahlen.uni-bonn.de/content/dokumente/2021/Wahlzeitung2021-web.pdf

Welche Themen sind gerade wichtig?

Hier kommen unsere Top 3 der wichtigsten hochschulpolitischen Themen:

Platz 1

Na klar, die Corona-Krise. Wie können Studierende besser finanziell unterstützt werden? Welche datenschutzfreundlicheren Alternativen gibt es zu Zoom? Wie kann es trotz Pandemie vernünftige Lern- und Arbeitsmöglichkeiten geben? Diese und weitere Fragen waren im letzten Jahr immer wieder Thema im SP und fast alle Listen wollen sich auch im kommenden Jahr mit Antworten auf diese Fragen beschäftigen. Denn eins ist wohl leider klar: Corona ist noch lange nicht vorbei.

Platz 2

Durchaus ein Überraschungskandidat: Das Semesterticket. Praktischer Begleiter im Alltag und – wenn nicht gerade Pandemie ist – Türöffner für wunderschöne Tagesausflüge in ganz NRW. Aber auch der größte Kostenfaktor für unseren Semesterbeitrag und ein Grund, warum der jedes Mal ein bisschen teurer wird. Über diese stetige Preiserhöhung wollen SP und AStA schon lange mit den Stadtwerken und dem VRS reden, haben aber bisher noch keine wirkliche Antwort erhalten. Deshalb hat der AStA jetzt einen offenen Brief an die neue Oberbürgermeisterin Katja Dörner geschrieben und sie um Unterstützung gebeten. Langfristig, so der AStA in dem Brief, drohe womöglich sogar die Kündigung des Semestertickets. Lasst uns hoffen, dass es nicht so kommt – und wir irgendwann vielleicht auch wieder Fahrräder mitnehmen dürfen.

Platz 3

Ein Alltime Classic: Die Unicard. Immer wieder wird sie mal mehr, mal weniger intensiv diskutiert. RCDS, LHG, Liste Poppelsdorf und VOLT wollten im letzten Jahr einen SP-Ausschuss mit dem Thema beauftragen. Die AStA-Koalition aus GHG, Jusos und LUST hat diesen Ausschuss aber abgelehnt. Die Begründung: Das Rektorat hat im Laufe des letzten Jahres durchblicken lassen, dass es in Zukunft eine Uni-App als Ersatz für den Papierausweis geben soll – statt einer Chipkarte nun also direkt die richtig digitale Lösung anstelle der bisherigen Zettelwirtschaft. Bis die Uni mehr zu den App-Plänen sagen kann, will die AStA-Koalition sich aber nicht mit dem Thema beschäftigen. Die Opposition meint dagegen, das SP müsse proaktiv handeln und sich schon im Vorfeld eigene Ideen und Konzepte für eine solche App überlegen.

Wie sieht es aktuell im SP aus?

Klar gewonnen hat die Wahl zum 42. Studierendenparlament im letzten Jahr die GHG mit rund 26,8 % der Stimmen und 11 Sitzen. Gemeinsam mit den Jusos (19,6 % / 8 Sitze) und der LUST (6 % / 3 Sitze) stellen sie den amtierenden AStA unter Vorsitz von Sander Hartkamp. Sowohl er als auch SP-Sprecher Kay Frenken sind Mitglied der GHG.

Die Opposition wird angeführt vom RCDS (12,6 %) und der Liste Poppelsdorf (10,7 %) mit jeweils 5 Sitzen. Es folgt die LHG mit 10,1 % und 4 Sitzen sowie Die Linke.SDS (6,5 %) und VOLT (5,9 %) mit jeweils 3 Sitzen. Die Wahlbeteiligung lag im letzten Jahr bei 14,8 % – zwar mehr als in den Vorjahren, aber da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Der höchste Wert der letzten Jahre waren 17,6 % im Jahr 2016.

Aber wie schon gesagt: Dieses Jahr ist alles anders und wir alle kriegen die Wahlunterlagen  automatisch nach Hause geschickt. Alles was wir tun müssen, ist ein paar Kreuzchen zu setzen und Briefumschläge einzuwerfen. Damit reißen wir doch wohl endlich mal die 20 %-Marke, oder? Also: Wählt was ihr wollt, aber wählt!

Matthias Fromm

Moderator | Datenschutzbeauftragter Moderation bonnFM bissfest, queer um vier