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Bild: bonnFM

Zeitlos und grenzenlos: Musik und Plausch mit Giant Rooks

Lesezeit: 6 Minuten

Mit einem erfolgreichen ersten Album in der Tasche, einem konzerthungrigen Publikum vor der Nase und einem wolkenklaren Himmel im Rücken steht den Giant Rooks die Welt offen – und die Bühne des Kulturgarten Bonn frei. Am Mittwoch haben sie dort richtig eingeheizt und uns endlich das Konzertgefühl gegeben, das wir so lange vermisst haben.

Im Vorfeld des Konzerts haben wir Luca Göttner (E-Bass) und Finn Thomas (Schlagzeug) getroffen und mit ihnen über neue Musik und ihre liebsten Bandmomente geplaudert.


Luca, Finn – schön dass wir euch vor eurem Auftritt noch mit Fragen löchern dürfen! Ihr werdet uns heute viel aus Rookery vorspielen, das Album ist ja auch was ganz Besonderes. Zum einen ist es natürlich euer erstes, aber auch die Lyrics sind so vielfältig und tiefgründig. Woher nehmt ihr eigentlich eure Inspiration?
Finn Thomas (links) und Luca Göttner (rechts)

Luca: Also, natürlich holen wir uns auch Inspiration von anderen MusikerInnen oder Bands, obviously. Aber z.B. Finn Schwieters (Gitarre) der den Großteil unserer Songtexte schreibt, der holt sich viel Einfluss aus Büchern und Filmen und so. Und klar stecken da ganz viele verschiedene Einflüsse drin. Auf dem Rookery-Album vor allem sind auch viele Themen, die uns sehr wichtig sind. Politische Fragen, Klimawandel oder auch Mental health. Fragen, die uns sehr wichtig waren und natürlich immer noch sind.

Welcher Song hat denn für euch die meiste Bedeutung? Oder welchen spielt ihr am liebsten?

Luca: Also mein fave ist relativ klar und das hat sich über den ganzen Rookery-Prozess auch nicht verändert: Bei mir ist es Heat Up. Weil das ein Song war, den Fred (Gesang) uns schon relativ lange vor dem Erscheinen von Rookery gezeigt hat und wir den dann erarbeitet haben. Ich mochte den Song einfach von Anfang an und der macht einfach mega Bock, live zu spielen.

Finnbo: Schwierig, ich hab keinen wirklichen fave ehrlich gesagt. Ich mag alle super gern von dem Album. Wenn, würde ich glaub’ ich ganz langweilig Watershed nehmen, weil es für mich so den Beginn der Rookery-Ära geprägt hat und ich mich voll gefreut hab als der rauskam.

Luca: Ja, check ich.

bonnFM: Den kann man auch wirklich immer hören. Ich hab den allein in den letzten Tagen bestimmt tausendmal im Radio gehört und feier ihn immer noch. Das ist ein gutes Zeichen.

Luca: *lacht* Ein sehr gutes Zeichen!
Finnbo: Dankeschön!

Ihr geht also gerne ab bei euren Songs. Was gäb‘s da Besseres für euch als ein Festival. Auf welchem würdet ihr gerne mal auftreten? Ihr habt die freie Wahl.

Luca: Wahrscheinlich irgendwas in England, so Glastonbury ganz klar, oder das Reading Leeds Festival, weil ich mir selber da persönlich viele Auftritte angucke z.B. auf YouTube. Und da würde ich richtig gern auch spielen. Und wir hatten auch immer ‘ne schöne Zeit in England.

Apropos schöne Zeit: Was ist denn für euch der schönste Moment in eurer Bandkarriere, einen an den ihr euch gerne zurück erinnert?

Finnbo: Sehr viele. Aber wenn man jetzt einen nennen muss hmm..
Luca: Bei mir auf jeden Fall Festival auf Sizilien.
Finnbo: Stimmt!

Luca: Da hatten wir in ‘ner Altstadt in den Bergen ein kleines Festival gespielt, auch vor ganz vielen Leuten und die Stimmung war richtig geil.

Finnbo: Dann würde ich noch sagen das erste Mal The Great Escape Festival in Brighton, eines unserer ersten Festivals in England quasi. Da ist immer in der ganzen Stadt alles voller Konzerte die ganze Nacht. Wir haben da zwei Mal abends gespielt und das liegt so direkt am Meer. Dann waren wir noch sehr lange unterwegs und es hat damit geendet, dass wir morgens um sechs die Sonne am Strand haben aufgehen sehen. Das war schon sehr schön.

Luca: Ja man, das war nice.

Ihr entdeckt also auch gern die Welt. Das passt ja perfekt, denn Ende des Jahres tourt ihr mit Milky Chance durch Nordamerika – hoffentlich zumindest!

Luca: Fingers crossed!

bonnFM: Freut ihr euch?

Finnbo: Ja voll, auf jeden Fall. Mega krass

Luca: Ja auf jeden Fall. Also wir waren schon sehr traurig als die Tour verschoben wurde, weil wir uns natürlich gefreut haben, endlich mal anderthalb Monate durch die USA und Kanada zu reisen. Jetzt blicken wir aber mit Vorfreude auf das Ende des Jahres.

Habt ihr ‘ne Bucketlist, was ihr euch angucken wollt?

Finnbo: Also ich weiß gar nicht, ob wir so viel Zeit haben werden. Ich glaub man ist halt die ganze Zeit nur unterwegs ehrlich gesagt. Aber wenn irgendwie Zeit ist, dann gerne alles angucken was geht!

Luca: Ja, am besten immer kurz schlafen und früh aufstehen damit man im Bus noch was mitnehmen kann.

Angenommen ihr habt irgendwann keinen Bock mehr auf Weltenbummeln und Musik machen und sagt: „Wir schmeißen alles und gehen an die Uni Bonn.“ Was würdet ihr studieren?

Finnbo: Also ich glaube ich würde dann ganz klassisch Geschichte oder sowas machen.

bonnFM: Nicht Musik?

Finnbo: Ah naja, *lacht*, ich bin ja Schlagzeuger.

Luca: Da darf ich als Bassist gar nichts sagen. Ehm, ich würde Geschichte studieren.

Finnbo: Ach du auch? Geil! Da hätte ich auch Bock drauf. Können wir ja zusammen studieren.

In ein paar Minuten geht’s los, dann können wir euch endlich wieder live hören. Lange Zeit war das ja nicht so, Lockdown, Homeoffice, wir erinnern uns. Was war denn in dieser Zeit euer guilty pleasure?

Luca: Ich würde es gar nicht mal „guilty“ pleasure nennen. Uns gibt’s jetzt schon ein paar Jahre und wir sind jeden Tag unterwegs gewesen, haben jeden Tag in die Band investiert und ich glaube was ganz schön war in der Lockdownphase, dass man so ein bisschen Zeit für sich hatte und auch einfach mal allein sein konnte. Sachen machen, die man sonst nicht macht, wenn man mit der Band unterwegs ist.

Finnbo: Ich glaub’, ich habe angefangen mehr Sport zu machen. Das hat mir so ganz gut getan. Mehr laufen gegangen.

Aber ihr habt euch bestimmt trotzdem mal mit der Band zusammengesetzt und Musik gemacht oder?

Luca: Ja,  wir haben auch sehr viel Zeit mit der Band verbracht und sehr viel neue Songs geschrieben und haben die Zeit genutzt, um ein bisschen was auszuprobieren, was so das Musikalische angeht. Aber was mit den ganzen neuen Songs passiert, steht noch nicht fest. Wir genießen jetzt erstmal den Sommer und spielen die ganzen Konzerte endlich mal wieder und genießen das.

Ein bisschen experimentiert, heißt auch wieder in ‘ne neue Richtung?

Finnbo: Ja, das auf jeden Fall. Also ich glaube in eine bisschen neue Richtung geht es bei uns tendenziell immer. Auch weil wir gar nicht festgelegt sind, wo wir hingehen wollen, sondern wir machen einfach worauf wir Bock haben. Und wenn etwas für uns cool klingt, lassen wir es so. Deswegen bin ich mir sicher, dass es da auch wieder in einige neue Richtungen gehen wird.

Luca: Ja das stimmt. Seit anderthalb Jahren hören wir jetzt wirklich viel Popmusik und sehr viel Soul, man sagt ja so schön diese “Westcoast Musik”, Anderson Paak mäßig, und lassen uns davon auf jeden Fall beeinflussen und das beeinflusst natürlich auch den Sound irgendwie. Wie Finn schon richtig gesagt hat, wir sind eigentlich immer auf der Suche nach neuen Songs und lassen uns da keine Grenzen setzen.

Und, dass sich Giant Rooks keine Grenzen setzen lassen, haben sie auch am Mittwoch wieder einmal bewiesen.

Der Abend war eine bunte Überraschungstüte aus Rookery Songs, ihren alten EPs und auch Songs, mit denen keine/r gerechnet hat: „All Good Things“ von Nelly Furtado, den Giant Rooks bereits während ihrer Virtual Bedroom Tour gecovert hatten, hat es ebenfalls auf ihre Setlist geschafft. Natürlich nicht, ohne dem Song vorher die typische Rooks-Note zu verpassen. Oder wie die Band es ausdrückt: Den „klassischen, Mazzy Star Indie-Sound“.

Giant Rooks live im Kulturgarten Bonn
Giant Rooks live im Kulturgarten Bonn

Zur Mitte des Konzerts hieß es dann: Passt gut auf, dieses Lied gibt’s nur am heutigen Abend. Und obwohl der folgende Song „Nightingales of The Walled City“ nur als Live-Version existiert und ihn so wohl nur die wenigsten kannten, war das Publikum nicht zu bremsen. Einer Überlegung wäre es also wert, den Song ein für alle Mal als EP aufzunehmen. Mit seinen sommerlichen, funky vibes lädt „Nightingales of the Walled City” zum Tanzen ein und ist gleichermaßen eine Liebeserklärung an die gute alte Diskomusik der 90er Jahre. Gar nicht so verkehrt, immerhin hatte uns Luca bei den Entweder oder Blizzfragen für die bonnFM Instagram-Story auch verraten, er würde gerne in die Vergangenheit reisen können. Mit ihrem heutigen Auftritt, haben sie uns allen diese kleine Reise jedenfalls für ein paar Minuten möglich gemacht.

Doch Giant Rooks haben ihre Fans an diesem Abend nicht nur in verschiedene musikalische Epochen gespielt, sondern auch durch alle möglichen Gefühlstimmungen begleitet. Von rockigen, poppigen Versionen, bei denen Frontmann Fred auch gerne mal mit der Gitarre auf eine Box springt, bis hin zu langsamen und gefühlvollen Liedern. Aus „All We Are“ machte die Band eine gekonnte Akustikversion und versetzte das Publikum augenblicklich in eine nachdenklich-melancholische Stimmung. Dafür setzte sich Fred auch an den Flügel. Wer seinen Akku für die Taschenlampe aufgeladen hatte, holte jetzt sein Handy raus und wer noch besser vorbereitet war auch ein Feuerzeug. Mit der letzten Zeile des Songs „Before everything will come to an end“, begann dann auch die erhoffte Zugabe mit den zwei letzten Songs des Abends: „Into Your Arms“ und „Watershed“. So brachte die Band die Stimmung im Kulturgarten wieder auf Hochtouren, bevor sie die Fans in eine warme Sommernacht verabschiedeten. Adrenalin in den Venen, Schmetterlinge im Bauch und im Herzen glücklich: Endlich wieder richtiges Konzertfeeling. Um es mit einem Giant Rooks Song auszudrücken:

Full joy for my trussed soul
I get high
Say bye bye

Und wer weiß, vielleicht hat sich bis zum nächsten Wiedersehen auch schon der besagte Funke Soulmusik in ihre neuen Songs eingeschlichen.