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Bild: Thomas Kölsch / pixelio.de

Und was willst du damit mal machen?

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Meine Eltern sind Verkehrsplaner, meine Schwester wird Architektin, meine besten Freunde Psychologen, Volkswirtschaftler oder Mediziner. Irgendwo dazwischen sitze ich: Studienfächer Geschichte und Politik. Mögliche Berufe reichen von Taxifahrer zu Bundeskanzler. Die Ungewissheit kann einen Geisteswissenschaftler aufreiben – oder beflügeln.

Nach meinem Abi hatte ich keinen genauen Plan, wohin mein Weg führen sollte. Ich dachte über ein technisches Studium genauso nach wie über eine Ausbildung als Schreiner – am Ende fand ich mich im Geschichtsstudium wieder. Öffentlichkeitswirksam verkaufte ich es als bewusster Entschluss gegen die Vernunft, gegen eine sichere, aber langweilige Zukunft. Letztlich wollte ich damit jedoch nur die Entscheidung hinauszögern, der ich trotzdem nicht entkommen konnte: Was will ich später mal machen?

Zu viele Möglichkeiten

Als Historiker stehen einem, wie allen Geisteswissenschaftlern, alle Wege offen. So heißt es jedenfalls in den großen Studienratgebern und so wurde es auch zu Beginn des Studiums kommuniziert. Es geht um ein allgemeines Verständnis von geschichtlichen Zusammenhängen, globalen Ereignissen und Prozessen. Mit dem Geschichtsunterricht aus der Oberstufe hat das nicht mehr viel zu tun, aber für mich ist es ein Glücksgriff.

Das Problem der Berufswahl stellt sich dennoch. Denn gerade dadurch, dass einem eigentlich alle Wege offen stehen, ist es ungemein schwierig, den richtigen zu finden. Im Jahr der Geisteswissenschaften 2007 stellte eine Studie fest, dass „ein Studium der Geisteswissenschaften den geringsten beruflichen Erfolg“ verspreche. Wieso hatte mir das keiner vorher gesagt?

Jeder Umweg kann zielführend sein

Ein großes Problem der Geisteswissenschaftler ist die anfangs beschriebene Unentschlossenheit. Wie gesagt habe auch ich mich für die geisteswissenschaftliche Fächerkombination entschieden, um eine genauere Berufswahl zu vertagen. Dabei benötigen besonders Historiker, Kultur- und Literaturwissenschaftler, Philosophen und Germanisten ein wesentlich höheres Maß an Zielstrebigkeit, um ihren Traumberuf ausüben zu können. Passgenaue Praktika, extracurriculare Aktivitäten, Nebenjobs und Ehrenämter müssen potentiellen Arbeitgebern zeigen, dass Absolventen nicht nur theoretisch den an sie gestellten Aufgaben gewachsen sind.

Natürlich sollte sich niemand seine Hobbies nur danach aussuchen, wie gut sie sich im Lebenslauf machen. Aber das Fußballtraining mit der E-Jugend, die Hausaufgabenbetreuung an der alten Grundschule, das Praktikum bei bonnFM – all diese Freizeitbeschäftigungen lassen sich als Vorteil nutzen. Sie zeigen jedem Arbeitgeber, mit was für einem engagierten, vielseitigen und praktisch denkenden Menschen er es zu tun hat. Die Devise muss lauten: Jeder Umweg kann zielführend sein. Und wenn du das nächste Mal gefragt wirst, was du mit deinen Geisteswissenschaften später mal machen willst, zähle alle Möglichkeiten auf. Das Gespräch wird auf jeden Fall spannender als bei einem Maschinenbaustudenten.