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Kommt die Anwesenheitspflicht zurück?

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Die Landesregierung reformiert das Hochschulgesetz. Während die Universitäten die Gesetzesänderungen begrüßen, befürchtet der Bonner AStA eine Rückkehr zur Anwesenheitspflicht und das Ende demokratischer Mitbestimmung für Studierende in den Universitätsgremien. 

Mehr Autonomie für die Universitäten und weniger staatliche Regulierung; das sind die Kerngedanken des neuen Hochschulgesetzes in Nordrhein-Westfalen. Einen Referentenentwurf für die Gesetzesform hatte die schwarz-gelbe Landesregierung im Mai veröffentlicht. 

Die Landesrektorenkonferenz der Universitäten Nordrhein-Westfalen begrüßt die Gesetzesreform. Sie gestehe den Universitäten mehr Freiheit in der Gestaltung von Studium und Lehre zu und stärke ihre Position im nationalen und internationalem Wettbewerb. So sollen aus dem neuen Gesetz staatliche Vorgaben wie der Landeshochschulentwicklungsplan und die Zivilklausel wegfallen. Die Zivilklausel untersagt Forschung für militärische Zwecke. Ferner erhalten die Universitäten mehr Eigenverantwortung beim Bau und der Renovierung von Gebäuden. Die Universität Bonn möchte das Gesetzgebungsverfahren zu diesem Zeitpunkt nicht kommentieren.

Universitäten können bald wieder zum Besuch von Lehrveranstaltungen verpflichten

Viele Studierende hingehen teilen den Enthusiasmus der Universitäten nicht. Tobias Eisenach, Referent für Hochschulpolitik beim Bonner AStA betrachtet die Gesetzesreform mit Sorge: „Bei dem Referentenentwurf haben wir mehr Befürchtung als Hoffnungen. Dieser Entwurf ist schwammig in vielerlei Hinsicht. Und genau das ist auch eine Befürchtung, dass die Universität letztendlich sehr viel ändern kann, auch viel zum schlechten für die Studierenden.“

Damit meint Eisenach vor allem Gesetzesänderungen, die die Anwesenheitspflicht und die studentische Mitsprache an den Universitäten betreffen. 

So soll das aktuell geltende Verbot der Anwesenheitspflicht aus dem neuen Hochschulgesetz verschwinden. Den Universitäten steht es dann in Zukunft frei, den Besuch von Seminaren und Vorlesungen verpflichtend zu machen. Der AStA befürchtet, dass so gerade Studierende benachteiligt werden, die ihr Studium parallel finanzieren müssen, denn Bafög allein reicht wegen der hohen Mieten für viele zum Leben nicht mehr aus. Eine andere Regelung im Referentenentwurf betrifft die Einführung von sogenannten Studienverlaufsvereinbarungen. Diese würden Langzeitstudenten dazu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Zahl an Studienleistungen zu erbringen. In den Augen des AStA jedoch sei ein sklavisches Durchstudieren für das spätere Berufsleben nicht immer sinnvoll. So sei es neben der akademischen Qualifikation auch wichtig, dass Studierende die Möglichkeit wahrnehmen, sich persönlich weiterzuentwickeln, zum Beispiel durch ein Ehrenamt oder einen Nebenjob.

Noch haben Studierende ein Mitspracherecht in den Universitätsgremien

Außerdem befürchtet der Bonner AStA die Abschaffung von Personalvertretungen für studentische Hilfskräfte. Diese werden mit der Gesetzesform nämlich optional. Auch soll es den Universitäten in Zukunft frei stehen, ob sie die Studierenden an Entscheidungen in den Universitätsgremien teilhaben lassen. Das aktuelle Hochschulgesetz sieht noch die Existenz von Studienbeiräten vor, die an den Fakultäten neue Prüfungsordnungen erarbeiten und zur Hälfte aus Studierenden bestehen, sowie die Wahl von studentischen Mitgliedern in weitere Gremien. Beispielsweise den Senat, in dem studentische Senatoren an wichtigen Themen in Lehre und Forschung beteilgt werden. Dies könnte sich jedoch bald ändern, so Tobias Eisenach: „Wenn Studierende dort keine Mitsprache mehr haben, halte ich das für ein demokratisches Defizit in der Universität. Und das Gesetzt lässt es frei, dass das auch hier das abgeschafft werden könnte.“

Universitäten sprechen sich für Zivilklausel und gute Beschäftigungsbedingungen aus

Die Landesrektorenkonferenz versicherte allerdings, dass man nicht gleich alle bewährten Regelungen aufheben wolle, nur weil sich die gesetzliche Vorgabe geändert habe. So sprachen sich die Universitäten in der Vergangenheit bereits dafür aus, einige Bestimmungen des aktuellen Gesetzes beizubehalten, wie etwa die Zivilklausel und den Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen.

In der Sommerpause möchte das Ministerium den Gesetzesentwurf noch einmal überarbeiten und im Oktober einen entsprechenden Regierungsentwurf in den Landtag einbringen. Bis dahin möchte der Bonner AStA seinen Protest gegen die Reform des Hochschulgesetzes fortführen. Für kommenden Samstag kündigten der Bonner und Kölner AStA eine gemeinsame Demonstration gegen das Gesetzesvorhaben an. Treffpunkt ist um 11 Uhr am Albertus-Magnus-Platz in Köln. 

Anm. der Redaktion: Im Audiobeitrag sprechen wir davon, dass laut dem aktuellen Hochschulgesetz Studierende in den Fakultätsräten und im Senat mitbestimmen dürfen. Hier ist uns ein kleiner Fehler unterlaufen: Das aktuelle Hochschulgesetz schreibt die Existenz von Studienbeiräten vor, die zur Hälfte aus Studierenden bestehen müssen. Ferner schreibt das Gesetz vor, dass studentische Mitglieder in die Universitätsgremien wählen sind, wo sie bei wichtigen Themen zu Lehre und Forschung mitbestimmen dürfen. Wir bitten dies zu entschuldigen.