Mit „Konklave“ hat der deutsche Regisseur Edward Berger nach seinem Oscar-Sieg für „Im Westen nichts Neues“ einen ganz anderen Stoff angepackt – aber eines bleibt: die spürbare Intensität, die seine Filme zu einem Erlebnis macht.
Als ich etwas verspätet in den Kinosaal komme, hält mir die Pressebetreuerin die Tür auf: „Hast nicht viel verpasst. Nur der Papst ist tot.“ Der Film verliert keine Zeit mit Exposition. Der Papst ist gestorben, und jetzt muss ein neuer gewählt werden. Dafür treffen sich Kardinäle aus der ganzen Welt im Vatikan. Die Türen werden verriegelt und sollen erst wieder geöffnet werden, wenn unter der Leitung von Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) ein neues Oberhaupt der Kirche gewählt wurde und weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle emporsteigt.
Machtkämpfe statt Messgesänge
Zwei Stunden lang 118 alten Männern dabei zuzuschauen, wie sie einen neuen Papst wählen, klingt nicht gerade nach spannendem Kino. Doch der Film zieht das Publikum von Anfang an in seinen Bann. Denn was folgt, ist kein heiliges Schweigen, sondern ein geheimer Machtkampf, wie man ihn sonst aus Game of Thrones oder House of Cards kennt. Es geht um Allianzen, Intrigen, Korruption und politische Spielchen.
Während Kardinalstaatssekretär Bellini (Stanley Tucci) die Kirche modernisieren und auch Frauen im Vatikan eine größere Rolle zukommen lassen will, vertreten andere, wie Kardinal Tedesco, eher rechtskonservative Ansichten. Es ist ein erbittertes Ringen zwischen Fortschritt und Stillstand. Doch Konklave lässt auch wichtige Themen bewusst aus: Die Missbrauchsskandale, die die katholische Kirche seit Jahren erschüttern und deren Aufarbeitung untrennbar mit ihrer Zukunft verbunden ist, werden nicht angesprochen. Diese Auslassung ist eine vertane Chance, dem Film eine noch größere gesellschaftliche Relevanz zu geben und einen dringend notwendigen Diskurs aufzugreifen. Stattdessen bleibt der Fokus auf der Frage nach Führung, Verantwortung und den Schattenseiten von Macht im religiösen Kontext.
Berger und Bertelmann: Das deutsche Erfolgsduo in Hollywood
Regisseur Edward Berger arbeitete für Konklave bereits zum fünften Mal mit dem deutschen Komponisten Volker Bertelmann zusammen. Ihr letzter gemeinsamer Film, Im Westen nichts Neues, wurde mit vier Oscars ausgezeichnet, darunter auch für die beste Filmmusik. Für die kommende Oscar-Verleihung könnten die beiden sich ihr Flugticket eigentlich auch direkt buchen.
Bergers wunderschöne Bilder werden durch Bertelmanns außergewöhnlichen Soundtrack perfekt ergänzt. Dabei verzichtete der Komponist bewusst auf klassische religiöse Klänge wie Orgelmusik, um die Atmosphäre modern und einzigartig zu gestalten. Stattdessen griff er auf ungewöhnliche Instrumente zurück, wie das französische Cristal Baschet – ein Glasinstrument, das ohne Elektronik, sondern lediglich mit Wasser gespielt wird.
Wer sich das beeindruckende Zusammenspiel aus einzigartigem Score, großartigen Bildern und der grandiosen Schauspielperformance von Ralph Fiennes nicht entgehen lassen möchte, findet den Film aktuell in Bonn im Programm des Rex, Cinestar und Kinopolis.