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Anderthalb Seiten gegen die Langeweile

Lesezeit: 3 Minuten

Wenn wir durch die Stadt gehen, sehen wir meistens nur Menschen, die gestresst von A nach B laufen und mit ihren Tätigkeiten bloß nicht auffallen wollen. Was wir jedoch viel zu selten sehen, sind Menschen, die dem Alltag mit Spiel und Spaß entgegentreten. Und vielleicht finden wir ja darin die Lösung gegen den Alltagsstress!

Je älter man wird und je höher der Bildungsabschluss, den man erreicht, desto öfter hört man, “Genieß noch die Zeit zu Hause. Jetzt fängt der Ernst des Lebens an!” Das Verrückte an diesem Satz ist aber, dass ich ihn schon mindestens seit dem Beginn der Unterstufe gehört habe und bestimmt auch schon früher – eben immer dann, wenn ein weiterer Schritt Richtung akademischem Abschluss anstand. Aber was genau ist denn jetzt der Ernst des Lebens, gibt es ihn überhaupt und wenn ja, hat er schon angefangen?

Zwischen gesellschaftlichen Normen und persönlichen Freiheiten

Von meinem Großvater habe ich immer wieder gehört, dass ich mich ja auf die Schule konzentrieren soll, dass es nicht der richtige Zeitpunkt sei, kreativ zu sein oder nächtelang mit meinem besten Freund über die Felder zu laufen und über Gott und die Welt zu diskutieren. Im Nachhinein erscheinen mir die Aussagen meines Großvaters gerade so merkwürdig, weil ich ihn als sehr lustigen und geselligen Menschen kennengelernt habe, der keine Gelegenheit ausgelassen hat, mich in meiner Kreativität zu unterstützen und zu fördern. Zudem ist es ja nicht so gewesen, als hätten er und ich nicht auch bis spät in der Nacht über alles Mögliche gesprochen.

Meine Mutter hat sich wiederum in der Grundschule immer anhören müssen, dass wir (meine Schwester und ich) zu viel spielen. Aber was ist zu viel spielen? Was ist das Problem an Kreativität und Freundschaft und seine Zeit eben in die Dinge zu stecken, die einem Freude bereiten? Und nur, weil ich eben das gemacht habe, worauf ich Lust hatte, habe ich ja nicht nicht gelernt.

Wann also ist die richtige Zeit, um kreativ zu sein, um zu spielen, um das zu machen, was man schon immer mal machen wollte? Sollte ich bis zur Rente warten? Soll ich nur von den Erinnerungen an meine Kindheit zehren, wo wir noch bedingungslos spielen konnten?

Ich möchte nicht immer ernst sein und mich wie ein verantwortungsbewusster Erwachsener aufführen. Das will doch wahrscheinlich niemand. Aber dennoch habe ich das Empfinden, als müsste ich das Kind in mir vor der Öffentlichkeit verstecken.

Viel zu selten sehe ich in der Stadt Menschen, die wie verrückt lachen, oder beherzt die Regel brechen, dass man nur bis einschließlich vierzehn Jahre auf dem Spielplatz spielen darf. Tanzt man einmal aus der Reihe, wird man von allen Seiten merkwürdig angestarrt, als wäre man ein Alien.

Mehr Mut zur Unbeschwertheit

Vielleicht liegt das daran, dass viele Menschen immer noch das Gefühl haben, dass man in der Öffentlichkeit bloß nicht auffallen sollte und sich stets von seiner besten Seite zeigen muss. Aber warum sollte ich mich zwingen, weniger ich selbst zu sein, nur damit mich andere, Fremde, nicht komisch anschauen? Offensichtlich hat das eine nichts mit dem anderen zu tun – man kann individuell und auffällig sein und sich trotzdem oder gerade deswegen von seiner besten Seite zeigen. Das hat dann allerdings mehr mit persönlichem Stil oder Aussehen, weniger mit aufsehenerregenden Handlungen zu tun.

Doch warum ist das so? Es gibt doch keine Regel, die besagt, dass wir Spiel und Spaß einzig und allein in unseren vier Wänden erleben dürfen. Sind wir denn so sehr darauf bedacht, ‘normal’ zu sein, dass wir lieber dem ernsten Stereotyp folgen, statt frohlockend über den Münsterplatz zu hopsen?

Ich würde mir wünschen, dass wir uns alle mehr die Erlaubnis geben, wieder Kind zu sein. Das bedeutet nicht, Verantwortung abzulegen oder unreif zu handeln, sondern das Leben mit Neugier, Freude und einem spielerischen Geist zu betrachten.

Klar leben wir in ständiger Veränderung und der Alltag kann durchaus auch mal ernst werden, aber sollten wir dabei nicht denken, dass uns dadurch die Ausgelassenheit verboten wird. Vielleicht erleichtert uns die kindliche Perspektive sogar, die Ernsthaftigkeit zu bewältigen. Wir wissen ja selbst, dass Kinder aus ziemlich allem eine Möglichkeit der Freude zaubern können. Und wenn sie das schaffen, warum wir nicht auch?

Denn wie MediaMarkt schon zum Besten gegeben hat: “Hauptsache ihr habt Spaß!”

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