Jürgen Domian im Radio – das gibt es länger als die meisten Studenten der bonnFM-Redaktion. Im Vorfeld seiner Abschlusstournee „Domian redet“ hat bonnFM Domian interviewen dürfen.
Domian ist 59 Jahre alt und deutschlandweit bekannt für seinen nach ihm benannten Nacht-Talk auf 1Live und im WDR Fernsehen. Nach 22 Jahren, schätzungsweise 23.000 Anrufern und vielen Momenten aller Gefühlskategorien, war im Radio Schluss mit “Domian”. Seit Januar geht Jürgen Domian mit einem Programm auf Tour, in der er große Momente zusammen mit einem 1Live-Moderator (am Sonntag kein Geringerer als 1Live-Programmchef Jochen Rausch) und dem Publikum Revue passieren lässt und deren Fragen beantwortet. bonnFM hatte schon vor dem Auftritt im Bonner Pantheon Theater die Möglichkeit, Domian einige Fragen zu stellen:
bonnFM: Domian, welchen Bezug hast Du zu Bonn?
Domian: Ich finde Köln und Bonn sind sehr verschwistert. Ich habe Freunde in Bonn und bin öfters hier. Es ist also ein Heimauftritt.
bonnFM: Kommen wir zu deiner Sendung. Hast du das Gefühl, dass in deiner Sendung viel Unsagbares gesagt worden ist?
Domian: Ja, durchaus, auch im positiven Sinne, weil wir schon von Anfang an bis zum Ende der Sendung schon auch Tabugrenzen nicht nur angekratzt, sondern überschritten haben. Ich finde manchmal gut, unsagbares anzusprechen, manchmal ist das hilfreich.
Domian über seine Sendung: Ein Seiltanz ohne Netz
bonnFM: War eine gewisse Hörerschaft der Sendung von Anfang an da oder musste erst eine Basis geschaffen werden?
Domian: Das war ganz phänomenal. Wir waren gleich nach der ersten Woche im Fernsehen, was die Einschaltquoten angeht, top aufgestellt.
bonnFM: War es wichtig, eine Fernseh- und Radiopräsenz gleichzeitig zu haben?
Domian: Absolut, ich würde hier jetzt nicht sitzen, wenn es nur Radio gewesen wäre. In der Nacht ist Radio toll und bedient auch verschiedene Zielgruppen. Die wirkliche Präsenz der Sendung und das diese bundesweit wahrgenommen wurde, hat man nur mit dem Fernsehen erreicht.
bonnFM: Hast du dich in der Sendung als Gesprächspartner manchmal unterqualifiziert gefühlt?
Domian: Nein, weil ich ja immer einen Diplompsychologen dabei hatte. Wenn es zu kompliziert und pathologisch wurde, habe ich das Gespräch abgebrochen. Bei komplizierten Fällen wurden die Anrufer immer von einem Psychologen nachbetreut.
bonnFM: Hattest du nie Angst, einem Anrufer einen falschen Rat zu geben?
Domian: Klar, das war immer ein Seiltanz ohne Netz. Ich habe versucht immer wieder klarzumachen, dass auch Dinge passieren können, die nicht so gut und zutreffend sind. Wenn du jeden Tag eine Livesendung hast, passieren auch Dinge, die im Nachhinein, wenn man länger darüber nachdenken würde anders gelaufen wären. Gott sei Dank gab es in all den vielen Jahren keinen großen Crash.
bonnFM: Dich haben sehr viele Menschen angerufen, wen würdest du gerne mal anrufen?
Domian: Ich habe mein Leben lang das große Glück gehabt, dass ich mindestens einen, zwei und in guten Zeiten drei richtig gute Freunde habe, die ich angerufen habe und immer noch anrufe. Insofern finde ich mich da sehr bevorzugt im Leben, dass ich immer solche Menschen hatte.
bonnFM: Hast du das Gefühl, dass die Lücke die du hinterlassen hast, gefüllt werden muss?
Domian: Es wäre schon schön, weil der Bedarf offensichtlich da ist bei den Leuten. Der Zuspruch ist enorm gewesen bis zum Schluss. Mal sehen, vielleicht ergibt sich da ja irgendwann mal was.
bonnFM: Du hast über 20 Jahre lang nachts gearbeitet. Hast du dich schon an deinen neuen Tagesrhythmus gewöhnt?
Domian: Ja klar. Ich genieße es momentan sehr nachts nicht arbeiten zu müssen und in einem normalen Rhythmus leben zu dürfen.
bonnFM: Wie hast du es geschafft so lange nachts zu arbeiten, ohne ernsthaft krank zu werden?
Domian: Also es gab ein paar Warnschüsse, ich hatte zum Beispiel zwei Hörstürze, mit denen ich in der Sendung saß und es gab noch zwei, drei andere unschöne Dinge. Die haben mich dann auch dazu bewogen zu sagen: Jetzt musst du gehen. Wenn diese Nachtarbeit nicht gewesen wäre, hätte ich es locker noch zehn Jahre machen können.
Ich habe eher Larifari studiert. Germanistik, Philosophie und Politik
bonnFM: Welche Rolle hat dein Studium bei deinem Werdegang gespielt?
Domian: Ich habe eher Larifari studiert. Germanistik, Philosophie und Politik, da wusste ja keiner was er werden will. Insofern war ich schon froh, dass ich durch den Studentenjob beim WDR eine Fährte gefunden hatte, die mich zum Journalismus und Show-Business geführt hat.
bonnFM: In deiner Jugend warst du sehr christlich geprägt, bist dann aber vom Glauben abgekommen. Was hat diese Abkehr bewirkt?
Domian: Nachdem ich den Glauben verloren hatte, bin ich in eine fundamentale Lebenskrise gestürzt, weil mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Wenn man gläubig ist hat man es eigentlich gut. Wenn man ein ethisches Raster hat auf dem man gehen kann, dann werden auch die elementaren Fragen des Lebens beantwortet. Was ist der Sinn des Lebens? Was geschieht nach dem Tod? Gibt es Gott? Diese Fragen werden durch Glauben ja alle beantwortet. Wenn das dann weg ist, ist das erstmal nicht schön.
bonnFM: Kommst Du denn mittlerweile wieder mit einem Glauben zurecht?
Domian: Seit zwölf Jahren beschäftige ich mich mit Zen-Buddhismus. Durch diese Beschäftigung bin ich auf die christlichen und auch interreligiösen Mystiker gestoßen. In gewisser ähnelt das was der Zen sagt dem, was im Kern die Mystiker wiedergeben. Dadurch habe ich wieder einen Zugang zum Christentum gefunden.
„Dem Hype um Martin Schulz stehe ich wohlwollend skeptisch gegenüber“
bonnFM: Apropos Glaube – Du bist seit 30 Jahren SPD-Mitglied. Was hältst du vom Hype um Martin Schulz?
Domian: Das beeindruckt mich alles sehr. Ich bin etwas skeptisch bei dem Begriff „Hype“, sie haben das Naturell eine Weile extrem präsent zu sein und dann schnell wieder abzuflachen. Martin Schulz muss auch noch sagen, was er vorhat, das hat er bislang ja noch nicht getan. Ich stehe dem Ganzen wohlwollend skeptisch gegenüber.
bonnFM: Wie läuft deine Tour denn bisher?
Domian: Ich bin ganz bewegt, dass so viele Fans kommen und ich die auch mal sehen und mich teilweise mit ihnen unterhalten kann. Ich fühle mich da sehr geehrt.
bonnFM: Wie lief die Vorbereitung für die Shows ab?
Domian: Wir haben uns im Team zusammengesetzt und überlegt, wie man das präsentieren kann. Wobei es echt schwierig ist, bei so vielen Gesprächen einzelne rauszupicken.
Ein süßes Pony schlagen oder Wolfgang Schäuble vors Schienbein treten?
bonnFM: Früher hast du deine Ruhe in Lappland gesucht. Machst du so etwas, wo du etwas mehr Zeit hast, jetzt öfter?
Domian: Für dieses Jahr ist es ganz normal im Sommer geplant. Mehr geht auch gar nicht wegen der Tour. Im Herbst erscheint mein neues Buch und da gibt es dann auch wieder viele Termine.
bonnFM: Eine große Auszeit nimmst du dir ja nicht.
Domian: Eigentlich würde ich es auch gerne machen, aber es hat sich jetzt mit dem Buch so ergeben. Es ist alles trotzdem ruhiger als vorher.
bonnFM: Gibt es Überlegungen für neue Sendungen?
Domian: Mal sehen, da tüfteln wir gerade noch ein bisschen rum. Aber jetzt ist alles erstmal ein bisschen ruhiger.
bonnFM: Abschlussfrage – Du hast beim Neo Magazin Royale bei dem Spiel „Entscheide Dich“ bei der Frage „Lieber einem Pony ins Gesicht schlagen oder Wolfgang Schäuble vors Schienbein treten“ das Pony gewählt. Würdest du diese Entscheidung so wieder treffen?
Domian: Es ist eine schnelle Frage gewesen, auf die man eine schnelle Antwort geben muss und diesbezüglich würde mich wieder gleich entscheiden. Am Ende ist es ja keine ernste Frage und einem alten und behinderten Mann vors Schienbein zu treten, finde ich sehr despektierlich. Das Pony muss man ja auch nicht fest schlagen.