Drei Wochen auf Kuba, der größten Insel in der Karibik, dem Erzfeind der USA. Drei Wochen unverhofftes Abenteuer in einer komplett anderen Welt. bonnFM reist.
An weißen Stränden liegen, aus Kokosnüssen trinken, das Meeresrauschen im Ohr. Abends raus auf die Straße und zu spanischer Musik tanzen, vielleicht ein oder zwei oder drei Mojitos und Piña Coladas… So habe ich mir meinen ersten Urlaub in der Karibik immer vorgestellt und so auch lange geplant. Die Wahl fiel auf Kuba, weil ich noch so viel wie möglich von dem ursprünglichen, sozialistischen Land mitbekommen wollte, bevor es sich durch die Abschwächung des Handelsembargos zu sehr verändert hätte. Aber trotz aller Recherche und Vorbereitung, obwohl ich zwei Reiseführer von vorne bis hinten durchgelesen habe, war ich nicht auf das vorbereitet, was mich auf Kuba erwartete.
Die ersten Tage in Havanna waren anstrengend und ereignisreich, haben aber ziemlich verschleiert, was ein Leben in dem kommunistischen Staat wirklich bedeutet. Die Altstadt von Havanna ist wunderschön: total farbenfroh und malerisch. Am Wochenende gibt es Straßenfeste und -umzüge, aber auch an jedem anderen Tag kann man sich vor Live Musik auf der Straße, in Bars und Restaurants kaum retten.
Aber wenn man schon einmal in der Karibik ist, will man natürlich so viel wie möglich an Erfahrungen mitnehmen. Havanna, Viñales, Santa Clara, Cayo Coco, Camargüey, Santiago de Cuba, Trinidad, Cienfuegos, Playa Larga. Das war grob die geplante Route für die drei Wochen. Aber was macht man, wenn es kein Internet gibt, über das man Bustickets buchen, in Foren oder auch auf Facebook andere Reisende befragen, oder geschweige denn nachschauen kann, wo sich das nächste Touristenbüro befindet? Glücklicherweise sind die meisten Kubaner, bei denen man in privaten Unterkünften (sogenannten ‚casa particulares’) wohnen kann, sehr zuvorkommend. Modesto, unser erster Gastgeber, erklärte uns, wie wir zu Fuß in die Innenstadt kommen, organisierte uns schon im Voraus Unterkünfte in anderen Städten, zauberte ein hervorragendes Frühstück auf den Tisch und wechselte uns für die Bustickets Geld von der Touristen- in die einheimische Währung. Außerdem riet er uns davon ab, bis nach Santiago zu fahren, da dort bald ein „Sturm“ kommen würde…
Zwei Tage und zwei Nächte mittendrin im Hurrikan
Nach einem Tagestrip nach Viñales kamen wir am 8. September in Santa Clara an. Die Kleinstadt ist dadurch bekannt, dass sie eine entscheidende Rolle in der Revolution im Jahr 1958 gespielt hat. Im Vergleich zu Havanna sind die Gebäude stark vernachlässigt und heruntergekommen. Viel gibt es sowieso nicht zu sehen, aber zu allem Überfluss wurden auch noch sämtliche Geschäfte, Museen und Bars gegen Mittag geschlossen. „Der Sturm, der Sturm“, hieß es immer wieder. Aber wie hätten wir mit unserem gebrochenen Spanisch und ohne Zugang zu Medien auch ahnen können, dass es sich bei dem „Sturm“ nicht um etwas Regen, Wind und vielleicht Gewitter handelt, sondern um einen der stärksten Hurrikans, die es jemals gab?
Den nächsten Tag verbrachten wir komplett in unserem Zimmer. Der Strom war irgendwann nachts aus Sicherheitsgründen im gesamten Land abgestellt worden. Unser Zimmer verfügte über ein ganz kleines Fenster zum Innenhof raus. In dem Rest des Hauses haben unsere Gastgeber alle Türen und Fenster verriegelt. Wir saßen also fest, zwei ganze Tage und zwei Nächte lang. Kein Strom, kein Internet, die Handyakkus leer, das ganze Haus stockdunkel. Immerhin hat unser Gastgeber es nach einer Weile geschafft, über die Batterie seines Motorrads eine kleine Lampe für uns zu basteln.
Nach zwei Tagen konnten wir das Haus endlich wieder verlassen. Die Stadt war ein Schlachtfeld. Überall umgefallene Bäume, einer davon direkt neben unserer Unterkunft. Die Strom- und Telefonkabel hingen auf Kniehöhe, von vielen der baufälligen Gebäude waren große Teile abgebrochen und eingestürzt. Zudem hatten seit Tagen keine Geschäfte geöffnet und man traf viele Menschen auf der verzweifelten Suche nach etwas zu essen, darunter auch einige Touristen.
Noch einen weiteren Tag mussten wir in Santa Clara bleiben, da alle Straßen blockiert und gesperrt waren. Als wir endlich einen Taxifahrer fanden, der sich bereit erklärte, uns über viele unterschiedliche Umwege nach Trinidad zu fahren, waren wir sehr erleichtert. Doch leider hatte sich damit das Ganze noch lange nicht erledigt. Es dauerte noch mehrere Tage, bis die Geschäfte und Restaurants langsam wieder öffneten. Fast eine ganze Woche lang gab es keinen Strom. Als uns dann noch in Trinidad das Portemonnaie mit allen Kreditkarten geklaut wurde und wir eine Weile lang komplett ohne Geld dastanden, hatten wir endgültig genug von Abenteuerurlaub und freuten uns auf ein paar restliche Tage in Varadero am Strand. Alle anderen Orte mussten wir leider aus unserem Programm streichen: Durch Irma hatten wir zu viel Zeit verloren.
Ein Urlaub auf Kuba ist wie eine Zeitreise
Wie die Menschen auf Kuba leben, kann man sich als Europäer, vor allem als Deutscher, überhaupt nicht vorstellen. Es gibt wenige bis keine Geschäfte, in denen man Klamotten oder Alltagsgegenstände kaufen kann, keine großen Kaufhäuser, keine Supermärkte. Alle Kubaner bekommen jeden Monat staatlich subventionierte Rationen an Lebensmitteln, alles andere ist Luxus, den sich die meisten Menschen nicht leisten können. Nicht umsonst liegt der durchschnittliche monatliche Verdienst der Kubaner bei umgerechnet etwa 20 bis 30 Euro. Eine Pizza bei einem kleinen Straßenstand, bei dem man nur mit der einheimischen Währung (Pesos) bezahlen kann, an die man als Tourist kaum herankommt, kostet etwa 50 Cent. Eine Pizza in einem touristischen Restaurant kostet etwa 5 Euro. Dadurch, dass es nur sehr begrenzt Zugang zu Internet gibt, ist der Umgang der Menschen untereinander ganz anders, als wir das aus Deutschland kennen. Netflix-Abende am Wochenende existieren in Kuba nicht, die Menschen gehen auf die Straße, singen und tanzen. Denn was will man alleine zuhause auf der Couch, ohne Computer, Handy, teilweise ohne Fernseher?
All das ist der Grund, der mich nach Kuba gezogen hat. Trotzdem hätte ich mir das, was ich dort vorgefunden und erlebt habe, niemals vorstellen können. Die Regierungsgebäude, die meistens große öffentliche Plätze säumen, haben einen altmodischen Charme, sind wunderschön, gut erhalten, farbenfroh. Der Rest des Landes fällt in sich zusammen. Für viele Kubaner ist jeder Tourist, der in ihr Land kommt, ein Mensch, der unfassbar reich ist. Der Sozialismus hat dem Staat nicht unbedingt gutgetan. Trotzdem werden Che Guevara und Fidel Castro noch immer wie Helden gefeiert. In fast jeder Straße schmückt ein revolutionärer Spruch mit dem legendären Guevara-Bild die Hauswände. Allein an Kleinigkeiten merkt man, dass besonders die Jüngeren nicht ganz glücklich sind mit der Situation des Landes: Zum Beispiel prangt auf vielen Kleidungsstücken oder an Autos die US-amerikanische Flagge.
Ein bisschen zu viel Aufregung, Abenteuer und Naturkatastrophen – ein bisschen zu wenig Entspannung und Strandtage. Dennoch bin ich froh über diesen Urlaub, da er mich und meine Denkweise verändert hat. Man kann sich das alles einfach nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Ich werde mich an diesen Urlaub auf jeden Fall noch ewig zurückerinnern.