Kingsman: The Secret Service und Codename U.N.C.L.E. aus dem vergangenen Jahr haben es vorgemacht: Spion-Film und smarter Humor sind eine gute Kombination. Auch Sasha Baron Cohen, „Erschaffer“ von Charakteren wie Borat und Brüno, will dies in seinem neuesten Film Der Spion und sein Bruder auf seine ganz eigene Art probieren. Wobei „smart“ nicht ganz zutrifft.
Grimsby, Nordengland. In diesem tristen Fischerstädtchen scheinen nur Hooligans rumzulaufen, die die Frisurentrends seit der Jahrhundertwende verpasst haben. Mittendrin: der bierbauchige Badeschlappenträger Nobby Graves (Sacha Baron Cohen) mit seiner kurvigen Freundin (Rebel Wilson) und seinen insgesamt 9 (!) Kindern. Der Familienvater hat eigentlich alles, was er braucht. Seine Ansprüche sind auch nicht hoch: Solange es Bier und Fußball gibt, ist die Welt in Ordnung. Nur eines fehlt: sein Bruder Sebastian (Mark Strong), von dem er in seiner Kindheit getrennt wurde. Nobby findet heraus, dass sein Bruder noch lebt. Ihre Wege werden sich kreuzen… und wie!
Zwei Brüder wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten
Das Wiedersehen zwischen den beiden beginnt mit einem Knall. Sebastian, der undercover als MI6-Spion gerade ein Ziel abknallen will, wird von einem brüderlich gemeinten Unterhosenzieher überrascht… und trifft versehentlich den falschen. Nicht nur seine Unterhose, auch Sebastians Ruf als zuverlässiger Killer ist im Ar…senal. Die Flucht der beiden Brüder kann beginnen. Und ganz nebenbei müssen sie die Menschheit vor einem vernichtenden Virus retten.
Die Brüder könnten unterschiedlicher nicht sein. Auf der einen Seite ist der durchtrainierte MI6-Spion und ausgebildete Killer Sebastian, auf der anderen Seite der abstrus dümmliche Working-Class(-Anti)-Hero Nobby mit ungepflegter Noel-Gallagher-Frisur. Und trotzdem: den Brüdern ist bewusst wie viel Zeit sie zusammen aufholen müssen. Ist doch rührend. Oder?
Baron Cohen schießt mal wieder über’s Ziel hinaus (Spoiler-Alert!!!)
Die Brüder kommen sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder näher, mehr als ihnen lieb ist. Sebastians Leben hängt am seidenen Faden. Nur noch wenige Sekunden bleiben ihm, bis der Giftpfeil in seinem Skrotum (wo auch sonst) sein Herz zum Erliegen bringt. Der einzige Ausweg: Das Gift muss ausgesogen werden. Den Rest könnt ihr euch ja denken…
Wenn es jemand schafft, immer wieder einen draufzusetzen, dann ist es wohl Sacha Baron Cohen. Seiner Phantasie sind anscheinend keine Grenzen gesetzt. Ob das jedem so gefällt, ist – sagen wir mal – Geschmackssache.
Was ist zum Beispiel das naheliegendste Versteck, wenn man gerade in einer Wüste in Uganda vor wütenden britischen Spionen flieht? Natürlich: die Vagina einer Elefantendame! Und als wäre das noch nicht seltsam und abartig genug (ja, sowohl Nobby als auch Sebastian finden Platz in der gigantischen Gebärmutter) wartet schon eine Horde rolliger Elefantenbullen, die alle auf ein Stück vom Kuchen warten. Die Darstellung ist überaus grafisch, soviel sei gesagt.
Und trotzdem…
Wollen wir doch nicht alles schlechtreden. Ich meine, bei Baron Cohen muss man eh auf alles gefasst sein. Dass er in seinen Filmen über die Stränge schlägt und überzeichnend darstellt, sollte also nicht überraschend sein. Tatsächlich gab es auch Lacher, die nicht durch Entsetzen ausgelöst wurden. Ein bisschen politisch unkorrekt schadet in kleineren Dosen ja auch nicht. So werden zum Beispiel auch Donald Trump und Daniel Radcliffe durch den Kakao gezogen.
Außerdem war der Cast diesmal erfrischend. Dass Rebel Wilson (Pitch Perfect) in dieser Art von Komödie mitspielt, ist wohl wenig verwunderlich. Aber auch sonst seriösere Schauspieler wie Mark Strong (Kingsman: The Secret Service), Penélope Cruz und Gabourey Sidibe (Precious) schlossen sich begeistert dem neuen Baron-Cohen-Werk an.
Auch Baron Cohens Ehefrau Isla Fisher (Shopaholic) spielte mit und behauptet, die Rolle des Nobby würde sie allen vorigen Alter Egos ihres Mannes vorziehen, da er sich dafür am wenigsten verändern musste. Na, wenigstens sie ist ganz angetan von Nobby Graves.