Die Landesregierung reformiert das Hochschulgesetz. bonnFM hat mit Uni-Rektor Dr. Michael Hoch und dem Bonner AStA über Anwesenheitspflicht, verpflichtende Studien-Fahrpläne und demokratische Mitbestimmung an den Universitäten gesprochen.
Der Gesetzesentwurf über die geplante Reform des Hochschulgesetzes sorgte in den letzten Wochen für viel Aufregung (bonnFM berichtete). Mögliche Neuerungen, wie die Wiedereinführung der Anwesenheitspflicht und verbindliche Studienverlaufsvereinbarungen, stießen bei den Studierenden auf viel Kritik. Insgesamt soll das neue Hochschulgesetz den Universitäten mehr Autonomie zugestehen, jedoch – das ist die Befürchtung des Bonner AStAs – zu Lasten der Studierenden.
Anwesenheitspflicht: dort wo es sachgerecht ist
Das Verbot der Anwesenheitspflicht soll laut des Entwurfs aus dem neuen Hochschulgesetz verschwinden. Ob Uni-Schwänzen bald sanktioniert wird, könnte künftig wieder im Ermessen der Universitäten liegen.
„Ich finde, dass sollte von der Art der Veranstaltung abhängig gemacht werden. Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten, und das schließt die Studierenden ausdrücklich ein, zusammensetzen und überlegen, was für die jeweiligen Veranstaltungen die sinnvollste und sachgerechteste Entscheidung ist“, erklärt dazu Dr. Michael Hoch, Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Viele der im Gesetzesentwurf formulierten Neuerungen begrüßt die Universität Bonn, denn die Reform verspricht mehr Freiheit für die Hochschulen, etwa bei der Gestaltung von Studieninhalten. Oder beim Bauen und Renovieren von Universitätsgebäuden. Der Bonner AStA hingegen blickt mit Sorge auf die Novellierung des Hochschulgesetzes.
So befürchtet Tobias Eisenach, Referent für Hochschulpolitik beim Bonner AStA, eine Benachteiligung von Studierenden aus einkommensschwachen Familien: „Eine Wiedereinführung der Anwesenheitspflicht würde gerade Studierende treffen, die neben dem Studium arbeiten müssen, um sich zu finanzieren. Bafög allein reicht zum Leben häufig nicht aus. Wenn es dann zu einer Verlängerung des Studiums kommt, könnten Studierende wegen den geplanten Studienverlaufsvereinbarungen in Schwierigkeiten kommen.“
Studien-Fahrpläne nur wenig zielführend
Denn der Gesetzesentwurf sieht eine Art verbindlichen Fahrplan für das Studium vor. In der Theorie würden diese Studienverlaufsvereinbarungen Langzeitstudierende dazu verpflichten, in einer gewissen Zeit bestimmte Credit-Points zu erreichen. Welche Konsequenzen beim Verstoß gegen diesen Fahrplan drohen, lässt der Entwurf offen.
Auch die Universität Bonn bezweifelt den Nutzen solcher Studienverlaufsvereinbarungen. Diese würden nur noch zusätzlichen Druck auf Studierende ausüben und Semesterzahlen kaum verkürzen.
Eine andere geplante Neuerung im Hochschulgesetz betrifft die demokratische Mitsprache an den Universitäten. So dürfen laut dem Gesetzesentwurf die Studienbeiräte an den Universitäten abgeschafft werden. Diese bestehen zur Hälfte aus Studierenden und dürfen zum Beispiel bei Entschlüssen zur Studien- und Prüfungsordnungen mitentscheiden.
Die Universität Bonn stellt sich hier auf die Seite der Studierenden. „Die Studienbeiräte haben wir in der Vergangenheit als sehr positives Instrument beurteilt, das wir erhalten möchten“, sagt Rektor Hoch.
Zukunft der SHK-Räte unklar
Ebenfalls auf der Kippe stehen die sogenannten SHK-Räte. Sie stellen eine Art „Gewerkschaft light“ für studentische Hilfskräfte (SHK) dar und dürfen bald ebenfalls abgeschafft werden. „Es geht hier auch um Abhängigkeitsverhältnisse zwischen SHKs und Lehrenden. Viele SHKs müssen nämlich Prüfungsleistungen bei ihren Vorgesetzten erbringen“, erklärt Tobias Eisenach. „Die SHK-Räte haben jetzt schon kaum Befugnisse und sollten eher ausgebaut werden.“
Ob die Universität Bonn die SHK-Räte erhalten möchte, ist noch unklar. Darüber wolle man sich noch intern beraten, so Dr. Hoch.
Der Rektor ist momentan zuversichtlich, dass die Universität Bonn gemeinsam mit den Studierenden einen sinnvollen Kompromiss finden wird. Wie das Hochschulgesetz am Ende aussehen wird, bleibt jedoch abzuwarten, denn noch muss der Gesetzesentwurf das Gesetzgebungsverfahren im Landtag durchlaufen. Nach dem jetzigen Stand gesteht der Entwurf den Universitäten so viel Freiheit zu, dass die Umsetzung der Reform im Ermessensspielraum der Hochschulen liegt.