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Bild: Laura Zingsheim / bonnFM

So gut klingt Chaos

Lesezeit: 3 Minuten

Judith Holofernes sorgte am Montag im Kölner Gloria Theater für Chaos – im positivsten Sinne! Die ehemalige Wir sind Helden-Frontfrau tourt aktuell mit ihrem zweiten Soloalbum Ich bin das Chaos durch die Republik. Mit im Gepäck hatte sie ihren guten Freund, den färöischen Singer/Songwriter Teitur Lassen.

Der Bandname Wir sind Helden ist wohl den meisten Leuten noch ein Begriff. Aber Judith Holofernes.. ach ja da war ja was, die gibts nämlich immer noch! Nach ihrem ersten Soloalbum Ein leichtes Schwert erblickte am 17. März 2017 endlich der langersehnte Nachfolger Ich bin das Chaos das Licht der Welt. Aber ob es so klug war, das neue Album erst während der schon laufenden Tour zu releasen? Ja, war es. Die Kölner konnten jedenfalls auch drei Tage nach Veröffentlichung viele Songs mitsingen. Außerdem hat sich Frau Holofernes noch etwas besonderes zum Tourauftakt ausgedacht: Auf ihrer Facebookseite stellte sie in den vergangenen Tagen und Wochen immer mal wieder kurze Songschnipsel-Videos mit Untertiteln zum Mitsingen und Text lernen hoch. „Refrain-Mitsinge-Tutorials“, wie sie sie selbst nennt. Sehr lustige Idee!

Immer noch Heldenhaft

Die Setlist des Abends gestaltete sich als sehr vielfältig. Natürlich stand aber das aktuelle Album im Vordergrund. Besonders zu Analogpunk und Ich bin das Chaos tanzte die Menge ordentlich mit. Doch auch wenn es mal ruhiger wurde, zum Beispiel bei Der letzte Optimist, wurde situationsbedingt mitgeschwelgt. Als Die Leiden der jungen Lisa angestimmt wurde, offenbarte Judith, dass sie jeder Lisa, die ihr auf Twitter folge, eine persönliche Nachricht mit dem Inhalt: „Ich habe einen Song für dich geschrieben!“ gesendet habe. Gleichzeitig entschuldigte sie sich bei jenen „Lisen“, da selbstverständlich nicht jede Lisa ständig leide. Auch die Ein leichtes Schwert-Songs wurden natürlich in der Liste berücksichtigt. Highlights waren beispielsweise M.I.L.F als Zugabe und Nichtsnutz.

Doch natürlich gab es noch einen weiteren, unausgesprochenen (aber vereinzelt im Publikum durch Bandshirts ausgedrückten) Wunsch im ganzen Saal, der auch Judith Holofernes nicht entgehen konnte. „Ich möchte jetzt ein paar Songs von meiner Lieblingsband covern. Ich glaube, die mögt ihr auch ganz gerne.“ Überraschenderweise folgten nicht die bekanntesten Heldensongs wie Denkmal, Aurelie oder Nur ein Wort, sondern neuere Songs aus den späteren Alben wie Der Krieg kommt schneller zurück, als du denkst oder The Geek (Shall Inherit). Dennoch stieß die Auswahl auf große Begeisterung. Außerdem wurde mit einer ganz ruhigen, melancholischen Akustikversion von Ein Elefant für dich ja dann doch noch ein Oldie aus dem zweiten Album Von Hier An Blind gespielt.

Auch wenn man Holofernes selbst den äußerlichen Alterungsprozess seit der ersten Helden-platte Die Reklamation von 2003 kaum ansieht, ist dieser ihrem Publikum deutlicher anzumerken. Von 25 hebt sich das Durchschnittsalter der Besucher nun auf 35-40. Was zwar überhaupt nicht schlimm ist, aber doch schade, da sie für jüngeres Publikum offenbar nicht (mehr) so interessant oder ansprechend zu sein scheint.

Ein „unentdeckter Schatz“

Nicht unerwähnt bleiben soll auch der wunderbare Singer/Songwriter Teitur Lassen. Der schon zu Beginn der Show von Judith angekündigte und hochgelobte Musiker spielte eine Reihe von sehr atmosphärischen, teils traurigen, teils verspielten Songs. Mit seiner bodenständigen Art eroberte er im Handumdrehen die Herzen der anwesenden Gäste. Als besonderer Anspieltipp sei an dieser Stelle Catherine the Waitress genannt. Auch seine Bemühungen, durchgehend deutsch mit dem Publikum zu sprechen, sicherten ihm zahlreiche Sympathiepunkte. Man hörte jedem Song den nordischen Charme seiner auf den Färöer-Inseln liegenden Heimat an. Außerdem war er entscheidend am Entstehungsprozess des Ich bin das Chaos-Albums beteiligt.

Dass Fan-Nähe für Judith Holofernes nicht nur eine Floskel ist, zeigte sich nochmal am Ende der Show, als sie das gesamte Publikum aufforderte, nicht sofort nach dem Konzert abzuhauen, da sie noch zum Signieren raus kommen wolle, um „uns zu sehen“ und ein bisschen zu quatschen. Eine gut erzogene Chaotin!

 

Alle Kurzentschlossenen, die jetzt noch spontan ein Konzert besuchen möchten, haben hier noch die Gelegenheit:

23.04.17 Berlin (Zusatzkonzert), Astra

24.04.17 Hannover, Pavillon

25.04.17 Dresden, Scheune

27.04.17 Bremen, Lagerhaus

28.04.17 Stuttgart, Im Wizemann / Club

29.04.17 Freiburg, Jazzhaus

 

 

 

Laura Zingsheim

Moderatorin Sendet jeden Montag von 16 bis 18 Uhr.