Seit dem 26. Oktober gibt es mit dem Netflix Original „The Chilling Adventures of Sabrina“ eine Neuauflage der Hexe Sabrina Spellman. Die Serie begleitet die 16-jährige Halb-Hexe, ihre magische Familie und ihre sterblichen Freunde. Zwei unserer Autorinnen haben sie sich angeschaut und ein sehr unterschiedliches Urteil gefällt. Achtung: Spoiler!
Übersexualisiert und klischeehaft
Als bekannt wurde, dass mit „The Chilling Adventures of Sabrina“ (TCAOS) eine neue Serie mit Sabrina Spellman entsteht, wurden zunächst sehr positive Stimmen laut. Das Remake sieht auf den ersten Blick sehr vielversprechend aus: guter Cast, die Produzenten von Riverdale und eine Annäherung an die gleichnamige Comic-Reihe. Dennoch machte bereits der Trailer ein wenig stutzig, da das Remake durchaus näher am Horror anzusiedeln ist, als die Sitcom „Sabrina – Total verhext“, die vielen als Grundlage dient, was die Familie Spellman angeht.
Dennoch ist es gar nicht der offensichtliche Horror, mit Jump-Scares, Dämonen und Kanibalismus, der mich an der Serie erschrocken hat. Es ist die Übersexualisierung der Hexen, die teilweise noch im Jugendalter sind. Die „Wicked Sisters“ feiern, im Alter von 16 Jahren, eine Orgie. Der Körper der Lehrerin Miss Wardwell wird von einer Hexe übernommen und verwandelt sich plötzlich von einer grauen Maus in eine regelrechte Femme Fatale, der auch der Rektor nicht widerstehen kann. Auch Sabrinas Tante Zelda verfällt regelrecht ihrer eigenen Sexualität und kann dem Priester der satanistischen Gemeinde nicht widerstehen. Lediglich Sabrina scheint von dieser Lust befreit. Ob es nun daran liegt, dass sie nur eine Halb-Hexe ist oder weil sie zugänglicher für den Zuschauer sein soll, bleibt dabei jedoch unklar.
Ein weiterer Punkt ist, dass Salem, Sabrinas Kater, in der Neuauflage nicht sprechen kann. Ist er in der Sitcom noch das Highlight, mit seinen witzigen, frechen Sprüchen, so scheint er in TCAOS nicht der Sprache mächtig zu sein – zumindest in seiner animalischen Form. Er ist nämlich eigentlich ein Goblin, der Sabrina beschützen soll. An sich ein schönes Konzept, so ist Salem beispielsweise in der Zeichentrickserie „Simsalabim Sabrina“ nur ein Zauberer, der seiner Mächte beraubt wurde und zum Dasein als Kater verdammt wurde. Doch Salems Aufgabe scheint nicht besonders wichtig zu sein, er kommt nämlich kaum zum Einsatz. Und ohne seine kecken Sprüche scheint er doch relativ zwecklos. Doch nicht nur Goblins sind für uns eine Neuheit, auch die „Church of the Night“, die zu Satan betet, Kanibalismus durchführt und Sabrina ihrer Freiheit berauben möchte ist neu für uns. Doch die scheint nicht mal Sabrinas größte Gefahr zu sein, sondern ein alter Bekannter: Harvey Kinkle und dass Sabrina nichts wichtiger zu sein scheint als ihre große Liebe. Für ihn versucht sie sogar den Tod auszutricksen, eine andere Hexe zu ermorden und verliert fast ihre Seele. Blind vor Liebe scheint im Fall von Harvey und Sabrina zu passen.
Das alles lässt sich zusammenfassen unter: Klischees. Diese kommen in der Netflix Produktion wirklich nicht zu kurz. Aber dennoch lässt sich die Serie nicht ohne Grund in kurzer Zeit zu Ende schauen, mal abgesehen davon, dass sie bis jetzt nur 10 Folgen hat. Sie catcht einen natürlich. Dafür sorgt unter anderem auch der Riverdale-Stil: schöne Bilder, starke Farben und natürlich viele Intrigen und Geheimnisse. Doch wie auch bei Riverdale schwächelt die Story. Wir geben aber einfach nicht auf und drücken die Daumen, dass die nächsten Staffeln die Story etwas ausbauen und dass Salem, vielleicht durch einen Zauber, doch noch eine Stimme bekommt und dann hoffentlich ebenso keck wie in der Sitcom ist.
Alles in allem: ganz nett, hat aber noch Potenzial nach oben.
Juhu, die Hexen sind zurück
Als absoluter Fan des Magischen, musste man nach “Charmed” lange auf eine überzeugende Rückkehr der Hexerei warten. Serien á la „Witches of East End“ konnten die Lücke einfach nicht füllen. Umso erfreulicher die Botschaft: „Sabrina – total verhext“ bekommt ein Reboot: „The Chilling Adventures Of Sabrina “ (TCAOS). Die quirlige Teenagerhexe aus den 90er Jahren kommt zurück – und wirkt alles andere als quirlig.
Die Handlung der Serie spielt in Greendale. Wem es jetzt in den Ohren klingelt: Ja, es handelt sich um genau das Greendale aus der Serie Riverdale. Die neue Serie wird als Spin-Off präsentiert, mit im ersten Moment weniger Berührungspunkten, als man es bei anderen Serien und ihren Spin-Offs kennt. Sabrina jedenfalls lebt in Greendale, im Haus ihrer Tanten Hilda und Zelda. Die beide sind grandios zugespitzt und hätten nicht unterschiedlicher sein können – wie es sich bei Geschwistern eben gehört: Was sich liebt, dass neckt sich – und töte sich ab und zu mal. Beschützer und Kater Salem darf im Hause Spellman natürlich nicht fehlen – auch wenn ihm die Fähigkeit zu Sprechen fehlt, was leider Abzug in der B-Note gibt. Neu von der Partie ist Ambrose, der Cousin, der unter Hausarrest steht und Sabrina mit Rat und Tat zu Seite steht – ein kleines aber sympathisches Trostpflaster für den nichtsprechenden Kater.
Der Plot ist schnell geklärt: Sabrina führt ein Doppelleben. Als Halb-Hexe geht sie zur Highschool und zur Hexenakademie inmitten ihrer Rebellion gegen den Dunklen Lord. Denn: Sie hat die Satanische Taufe verweigert. Und das hat natürlich Folgen: Unzwar schaurige. Im Gegensatz zur Sitcom „Sabrina“ verspricht „TCAOS“ Momente, in denen man am Liebsten die Decke über die Augen zieht. Die Angst, die Serie wird zu einer Highschool-Teenie- Serie, hat sich damit also erledigt. Hier sieht man eine Sabrina, die eben nicht dem typisch amerikanischen Teenage-Girl entspricht, sondern die auch eine dunkle Seite hat (erinnert ein bisschen an Betty aus Riverdale), mit Leben und Tot spielt und Grenzen mehr als einmal überschreitet. Meistens jedoch, um sich für die Schwachen einzusetzen und für ihren über alles geliebten Harvey. Harvey Kinkle, der so naiv und träumerisch durchs Leben geht, dass man ihn einfach in den Arm nehmen möchte und sich doch gleich auch ein Stückchen mit in ihn verliebt.
Die Netflix-Serie deckt einiges ab: Mobbing in der Schule, Umgang mit dem Tod, die erste Liebe, Kanibalismus, Erwachsenwerden, Opferung und Intrigen – mit ordentlich Spannung verpackt, die einen immer tiefer in die Abgründe des dunklen Lords zieht und fesselt. Alles eingepackt in schaurige Momente, die sich für Hexen nunmal gehören, spritzendes Blut, angsteinflößende Kreaturen (man denke an den Schlafdämon), Mord und Totschlag – und wieder Auferstehung. Für Fans von Schauergeschichten und Grusel ein Muss, aber nichts für leichte Gemüter. Die Serie fesselt und hat das klassische Binge-Potenzial.
Die okkultische Lücke in der Serienlandschaft hat sich endlich gefüllt! Die zweite Staffel von “The Chilling Adventures of Sabrina” wird sehnsüchtig erwartet, genau wie ein Crossover mit Riverdale. Eine Miniausführung gab es davon schon: Ben Button als Pizzabote, der Miss Wardwell ihr Essen bringt und in ihrem Haus verschwindet – War er nicht eigentlich schon in Riverdale gestorben?