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“Alter ist keine Bedingung – für nichts.” – Trettmann im Interview

Lesezeit: 6 Minuten

Trettmann hat am Freitag, den 9. März, das Over the Border Festival eröffnet. bonnFM war vor Ort und hat mit ihm über seine Sonnenbrille, die Zusammenarbeit mit Kitschkrieg und den immensen Erfolg seines Albums „#DIY“ gesprochen.

 

bonnFM: Um das Eis zu brechen: Ist das nicht ein bisschen nervig, wenn es immer dunkel ist, mit Sonnenbrille?

Trettmann: (lacht) Ich bin ja auch am Tage unterwegs, wenn die Sonne scheint, insofern bin ich nicht vollkommen umnachtet. Nö, alles cool so, ist halt Nachtleben. Konzerte werden eben hauptsächlich abends gespielt. Es sei denn, es ist dann Festivalsaison, aber auch da besser abends so nen Nice Spot. Aber, nö, alles cool, ich komm gut klar damit.

bonnFM: Wir haben Karten für dein Konzert verschenkt, das war einer der besten Posts bei uns überhaupt. Warum war der deiner Meinung nach so erfolgreich?

Trettmann: Ja, weil die Leute Bock haben, mich live zu sehen und die Musik zu hören, ist cool.

bonnFM: Woran liegt das? Kannst du das irgendwie beschreiben, was die letzten anderthalb Jahre los war?

Trettmann: Ja woran liegt das? Die Musik scheint ja in irgendeiner Art und Weise anzukommen und zu gefallen. Woran das liegt: Wahrscheinlich ist sie gut. Und trifft einen Nerv. Das andere tut sich dann von selbst.

bonnFM: War der Erfolg von #DIY für dich denn unerwartet? Oder hättest du von dir selbst gesagt, dass es so sein muss und auch schon immer so hätte sein müssen mit dem Erfolg?

Trettmann: Nee, ich habe zwar ein paar self-fulfilling-prophecy-momente schon gehabt, auch auf den Kitschkrieg EP’s, aber das war so nicht absehbar. Dass es so einschlägt im Nachhinein – ok cool (lacht) – aber das konnte niemand voraussehen.

bonnFM: Kannst du skizzieren, wie es zu der Zusammenarbeit mit Kitschkrieg kam und wie das ganze Projekt entstanden ist?

Trettmann: Ja, also, Kitschkrieg bestehen aus drei Leuten, das ist „awhodat“, unsere Fotografin und Videofrau, dazu „Fizzle“ und „Fiji Kris“, die beiden Musikproduzenten. Mit Fizzle verbindet mich schon eine längere Freundschaft, damals auch den ersten Remix überhaupt von nem Song von mir gemacht, das war vor 11 Jahren, 2006, also fast 12 Jahre. Und so hat man über die Jahre miteinander immer mal wieder Musik gemacht und Kitschkrieg hat sich in Berlin gefunden, ich bin damals dazu gestoßen oder war eh immer Surround. Und dann hat man einfach angefangen miteinander zu arbeiten.

bonnFM: Machen wir einen kleinen Bruch. Man hat mitbekommen, dass du auf Jamaica warst. Wie wars da und was verbindet euch mit dem Land?

Trettmann: Wir waren letzte Woche in Jamaica und haben da zu „Billie Holiday“ ein Video gedreht, das nächste Woche erscheinen wird (15. März). Wir kommen alle aus der Soundsystem-Ecke. Reggae und Dancehall war für uns immer ein Thema, insofern hat Fizzle auch schon mal ne Zeit lang da gewohnt und ich war auch relativ häufig dort, schon seit Anfang der 90ies. Es ist so ein bisschen das Mutterland für bestimmte Spielrichtungen von Musik, für Soundsystem Culture und Kitschkrieg. Und meine Musik ist eben für solche Speakertürme und Boxen gemacht.

bonnFM: Du bist wahrscheinlich ein Künstler, der unserer Generation das Wort Dancehall erst mal wieder präsent macht. Trotzdem hast du dich ein bisschen davon entfernt. Was bedeutet das Genre Dancehall für dich? Sind das einfach nur deine Wurzeln oder ist das mehr?

Trettmann: Dancehall ist einfach.. keine Ahnung, mag ich. Ich hab mich in Jamaica auch wieder infizieren lassen, sag ich mal. Aber das heißt nicht, dass ich jetzt ein Dancehall Album mach. Ich hab die Musik Anfang der 90er dort kennengelernt und war begeistert, von den vielen Facetten die es hat und auch von der aggressiven Art. Du weißt ja wie es gespielt wird, diese ganzen Soundclashes und das ganze Drumherum. Es ist verrückt, jetzt ist ja Dancehall auch so Hype. Es gibt deutschsprachige Acts, wie RAF und Bonez, die das in die Hallen und Clubs tragen und in die Charts und Platin damit gehen. Das ist geil.

bonnFM: Dein Album ist aber nun nicht immer nur aggressiv, sondern auch zum Teil melancholisch und dunkel. Warum machst du grade so Musik, wenn du dich eigentlich von diesem aggressiven Dancehall kicken lässt?

Trettmann: Dancehall ist ja nur eine Sache, die da mitschwingt. Ich hab auch immer Soul und RnB gehört und bin damit auch mehr oder minder großgeworden. Insofern ist #DIY, wenn du das Album ansprichst, auch grundsätzlich nicht festgelegt, wie man das in Deutschland des öfteren hat. Der DJ spielt da den ganzen Abend Reggae, Dancehall und schaut nicht nach links und rechts. Ich bin da offen für alles und mag den UK-Sound. Genauso: Deutscher Hip Hop hat ja auch viel hervorgebracht in den letzten Jahren. Ich renn nicht mehr weg auf dem Dancefloor, wenn deutsche Songs laufen, es ist wirklich gut geworden. Insofern, das ganze Spektrum halt.

bonnFM: Wenn du das Album #DIY ansprichst – ist das eine Geschichte, die du über verschiedene Lieder erzählst, oder sind das lose zusammenhängende Lieder oder wie würdest du das Album generell von der Konzeption her beschreiben?

Trettmann: Das ist kein Konzeptalbum. Oder das Konzept ist eher das, dass nichts klingen sollte wie das andere, das heißt, dass kein Sound oder Song sich wiederholen sollte thematisch und musikalisch. Also eher einzelne Geschichten und keine große zusammenhängende.

bonnFM: Du hast auf diesem Album und auch generell einfach sehr viele Collaborations. In letzter Zeit auch wirklich mit den bekanntesten Hip Hop Künstlern. Wie bist du generell mit denen in Kontakt gekommen? Würdest du sagen, dass die mehr auf dich zugekommen sind oder bist du über Kontakte auf andere zugegangen? Und wer fehlt noch auf der Liste der Collaborations

Trettmann: Größtenteils war es schon so, dass die Leute eher auf mich zugekommen sind. Das ging schon los während der Kitschkrieg EP’s. Da sind dann Leute angekommen und meinten wie gut das ist und meistens hat sich über das Lob hinweg eine Zusammenarbeit ergeben. RAF hat zum Beispiel angerufen und gesagt „Krass, Skyline, was für ein Song“ und hat erzählt, dass er mit Bonez ein Dancehall Album macht und dann kamen auch schon die ersten Demos. Man fragt halt auch nach. Und irgendwie hab ich auch gemerkt, dass die Leute mich kennen, wann immer man nachgefragt hat. Das ging schon 2014 los, als wir erstmalig für so nen Soundclash die deutsche Hip-Hopriege gefragt haben ob sie für uns Dubplays voicen, gegen nen anderen Sound. Wir haben da schon gemerkt, dass die Leute uns kennen. Seitdem ist das halt auch stetig gewachsen. Und unbedingt featuren? Stevie Wonder (lacht). Keine Ahnung.

bonnFM: Auch jemanden in Deutschland oder ist das alles schon durch für dich?

Trettmann: Nein, da gibt es so viele Leute, ich muss das nicht mal benennen. Das ist alles offen.

bonnFM: Du hast gesagt, dass es 2014 schon losgegangen ist, dass die Leute deinen Namen kannten, aber das ist natürlich trotzdem relativ spät. Viele von denen, die jetzt erfolgreich Musik machen, sind deutlich jünger. Ist das für dich anstrengend oder hast du das Gefühl, dass du noch komplett auf einer Wellenlänge mit befreundeten Künstlern bist, die vielleicht ein bisschen jünger sind, oder ist das egal?

Trettmann: Ich bin ja das beste Beispiel dafür, dass es halt „egal“ sein kann. Und nur weil es vielleicht ein bisschen ungewöhnlich ist, bin ich ja auch nicht der erste der 40 ist oder auch drüber und Musik macht. Also Musik mach ich ja schon lange, es erreicht jetzt halt viel mehr Leute. Alter ist keine Bedingung – für nichts.

bonnFM: Ich habe im Internet gelesen, dass deine Musik besonders am Anfang, die du 2008 gemacht hast, als Comedy gedacht war. Und du hast ja jetzt den Schritt gemacht, wo Leute heutzutage kaum noch wissen, dass es mal ganz anders angefangen hat. Wie ist das so für dich, wenn du zurückblickst? Ist dir das peinlich oder ist das einfach nur der Teil wo du angefangen hast?

Trettmann: Es war halt so ne reine Spaß-Geschichte und nicht ernsthaft mit dem Gedanken gemacht, das zum Erfolg zu führen. Das war wie gesagt 2006 und auch ein sehr kleiner Zeitraum. Wenn man dann alles betrachtet, was danach kam, weiß ich nicht, ist das vielleicht der Stein der alles ins Rollen gebracht hat. Aber es hatte sich dann auch erschöpft für mich und ich wollte zeigen, dass ich auch noch mehr kann. Ich stehe dazu. Ja, ich habe das gemacht und es ist cool.

bonnFM: Hast du jemals zwischendurch, als du noch nicht den Bekanntheitsgrad von jetzt hattest, darüber nachgedacht, dass du aufhören möchtest, dass du was ganz anderes machen möchtest? Oder stand da für dich immer der Gedanke „Ich mach das jetzt weiter und mal gucken wie erfolgreich das wird“ hinter?

Trettmann: Natürlich gab es Downs, wo es nicht so schien, als ob das irgendwas bringt und wo man dann auch mal durch ist irgendwie und vorm scheitern steht – was weiß ich. Aber ich hab auch nichts anderes. Wenn ich mich dann umgeschaut habe, oder überlegt habe, was wirst du denn. Dann wird das halt immer Musik sein, egal ob ich jetzt auf ner Bühne stehe oder was auch immer mach, im Studio sitze oder Veranstaltungen mach. Das Musikding wird halt bleiben.

bonnFM: Wir sind in Bonn, es ist relativ untypisch. Wir haben, als wir deine Karten verlost haben auch geschrieben, dass du für ne Überraschung gut bist und deine Tour in Bonn eröffnest, auch wenn es offiziell erst in Köln beginnt. Verbindet dich irgendwas mit dieser Stadt? Hast du Hip Hop oder generell Musikacts aus der Region, die du feierst?

Trettmann: Ja, „Alles oder Nix“, XATAR und SSIO und so. Ansonsten hab ich wenig Links hier her. Ich hab mal, quasi vor meiner Anfangszeit, gespielt – ich weiß schon gar nicht mehr was das war, so ein kleines Theater und auch irgendwie Dancehall Sound. Ich war auf jeden Fall schon mal da. Ansonsten kein stronger Link, aber das kann sich ja alles noch ändern.