Recycelte Materialien, faire Arbeitsbedingungen, nachhaltige Rohstoffe: Fair Fashion ist im Trend. Viele Modemarken versuchen sich diesem Trend anzupassen – und geben sich dabei gerne mal einen grüneren Anstrich, als eigentlich gerechtfertigt. bonnFM-Autorin Lisa Brinkmann hat einen Guide erstellt, um der Greenwashing-Falle zu entkommen.
Fair produzierte Kleidung hat längt den uncoolen Hippie-Öko-Stempel verloren und ist in den letzten Jahren zu einem großen Thema in der Mainstream-Modeindustrie geworden. Wenig überraschend springen auf den Nachhaltigkeits-Zug auch klassische Fast-Fashion-Marken auf: Neue Kollektionen werden als „Conscious“, „Recycled“ oder „Green“ beworben, um mehr Käufer*innen zu gewinnen. Aber da kostet ein T-Shirt dann nur fünf Euro – und das soll nachhaltig produziert sein?
Greenwashing als Image-Booster
Wenn sich Unternehmen nachhaltiger präsentieren, als sie eigentlich sind, dann nennt man das Greenwashing. Modemarken geben sich ein umweltbewusstes Image, betonen ihre soziale Verantwortung – und halten diese Ethik aber selbst nicht ein. Greenwashing ist ein Marketing-Trick, der uns Verbraucher*innen mit einem reinen Gewissen konsumieren lässt, weil wir glauben, mit dem Kauf etwas Gutes zu tun.
Der Begriff „fair“ ist in Deutschland nicht geschützt. Wenn wir wirklich nachhaltige und faire Mode einkaufen wollen, kommen wir deshalb nicht darum herum, einen genaueren Blick auf die Labels zu werfen und dann erst zu entscheiden, ob das hier wirklich Fair Fashion ist. Dabei können wir auf einige Kriterien achten, um nicht im Greenwashing-Dschungel unterzugehen:
1. Siegel und Zertifikate prüfen
Nicht-faire Labels erfinden gerne mal ihr eigenes Siegel für ihre Fair-Fashion-Linien. Deshalb ist es sinnvoll, vor dem Kauf eines „fairen“ Kleidungsstücks erstmal das Siegel des Labels zu checken. Serös sind zum Beispiel Siegel wie GOTS, Fairtrade Cotton oder Fair Wear Foundation.
Um solche Siegel zu erhalten, müssen die Modelabels klar definierte Auflagen erfüllen, die streng kontrolliert werden. Eine hilfreiche Übersicht über seriöse Labels gibt es zum Beispiel bei der Bonner Menschenrechtsverein Femnet e.V. oder bei der Verbraucherzentrale .
2. Transparenz des Unternehmens checken
Wer sich an festgelegte Standards hält, hat nichts zu verbergen. Um Greenwashing zu vermeiden gilt deshalb: Je transparenter ein Label seine Produktionsbedingungen offenlegt, desto besser. Daher lohnt es sich, mal zu überprüfen, was man auf der Website eines Unternehmens alles über die Herstellung erfährt: Wo wird produziert? Was sind das für Menschen, die da arbeiten? Welche Materialien werden verwendet und welchen Weg legen die Kleidungsstücke zurück? Sucht mal gezielt nach solchen Informationen.
3. Bei Marketing-Kampagnen misstrauisch sein
Wenn ein Unternehmen von „Verantwortungsbewusstsein“ spricht, ist das noch kein Beweis für eine faire Produktionsweise. Vor allem, wenn Modelabels von einer 100-prozentigen Nachhaltigkeit sprechen, sollten wir stutzig werden. Dazu gibt es nämlich einfach zu viele Faktoren auf dem langen Weg vom Anbau der Rohstoffe bis hin zum fertigen Produkt. Deshalb würde kein seriöses Fair Fashion Label von allumfänglicher Fairness und Nachhaltigkeit sprechen. Hier ist es wichtig, skeptisch zu bleiben und schöne Phrasen oder kitschige Werbefilme zu hinterfragen.
4. Berichterstattung über das Label suchen
In den letzten Jahren gab es in der Modeindustrie immer mal wieder größere Greenwashing-Skandale. So gab ein bekannter Billigmode-Konzern an, jetzt mehr Mode aus nachhaltiger Baumwolle im Sortiment zu haben – faktisch betraf das nur wenige Prozent der Kleidungsstücke, und selbst diese wenigen Stücke waren nicht aus seriös zertifizierter Baumwolle gefertigt.
Solche Vorfälle wurden immer wieder öffentlich diskutiert und sind überall im Netz zu finden. Vor dem Kauf ist eine kleine Recherche über das Unternehmen also immer möglich. Checkt einfach mal: Wie wurde über das Unternehmen in der Vergangenheit berichtet?
5. Das Unternehmen kontaktieren
Wenn ihr euch unsicher seid, ob ein Unternehmen wirklich nachhaltig agiert, gibt es einen einfachen Tipp: Fragt das Unternehmen! Jedes Modelabel hat einen Kundensupport, an den ihr euch mit euren Fragen wenden könnt. Hakt doch einfach mal nach, wo und wie genau produziert wird, woran sie das „fair“ in ihrer Fashion genau festmachen.
Unternehmen, die tatsächlich um Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen bemüht sind, geben hier bestimmt gerne Auskunft. Wenn da dann gar nichts zurückkommt oder nur sehr schwammige Antworten, wäre das hingegen vielleicht ein Grund, dem Unternehmen weniger Vertrauen zu schenken.
Aber nicht vergessen: Nobody’s perfect!
Vollständige Nachhaltigkeit gibt es quasi nicht. Kein Unternehmen kann komplett „grün“ sein und diesen Anspruch sollten wir deshalb auch nicht an Unternehmen stellen. Transparente Strukturen und der Wille, die Modeindustrie nachhaltig zu verändern, sind aber schon mal Punkte, die viele seriöse Fair Fashion Labels auszeichnen. Daran können wir uns orientieren. Die Kaufentscheidung einer einzelnen Person ist dann aber doch eine ganz individuelle Sache, für die wir uns gegenseitig nicht verurteilen sollten. Nobody’s perfect!