Auf der Insel Borkum findet jedes Jahr am 05. Dezember Klaasohm statt. Ein Fest, bei dem die Frauen der Insel ihren Hintern hinhalten müssen – für Schläge. Und das nur zehn Tage nach dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Unsere Autorin beschäftigt sich mit der Lage zu Gewalt an Frauen in Deutschland und fragwürdigen Bräuchen.
Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen findet jedes Jahr am 25. November statt. Ins Leben gerufen wurde er im Jahre 1981 von den Vereinten Nationen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt Gewalt als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen. An dem Tag wird nicht nur auf körperliche und sexuelle Gewalt aufmerksam gemacht, sondern auch auf seelische und psychische. Daraus gehen oft schwere gesundheitliche Beschwerden hervor – sowohl körperlich als auch psychisch, wie etwa Depressionen. Laut einem Bericht der WHO von 2017 sind weltweit 35 Prozent der Frauen betroffen.
Lage in Deutschland
Oft rücken in Berichterstattungen über die Thematik Länder weit entfernt von uns in den Vordergrund. Doch auch in Deutschland und Europa gehört Gewalt zum Alltag vieler Frauen. Deutschland bildet dabei im europäischen Vergleich das Mittelfeld. Rund 35 Prozent der Frauen werden nach ihrem 15. Lebensjahr Opfer körperlicher oder seelischer Gewalt. Eine sehr hohe Zahl für das Mittelfeld. Am verbreitesten ist Gewalt in der Partnerschaft.
Häusliche Gewalt kennt keine Grenzen zwischen den Schichten. Sie kann in niedrigeren, sowie in höheren Bildungsschichten vorkommen und ereignet sich häufig nach Trennungen.
Jährlich grüßt der Klaasohm
Auch wenn man es nicht glauben mag, gibt es auch in Deutschland erschreckende Brauchtümer, die Gewalt an Frauen verherrlichen und in Kauf nehmen. Das Fest wird Klaasohm genannt und findet jedes Jahr in der Nacht zu Nikolaus statt. Organisiert wird es von dem Verein Borkumer Jungens, die nur männliche Mitglieder ab 16 aufnehmen. Sechs aus ihrem Kreis werden zu Fabelwesen, den sogenannten Klaasohms, ernannt. Sie ziehen durch die Straßen Borkums und feiern mit den Bewohner*innen der Insel in Kneipen und deren Häusern. Das alles hört sich vielleicht noch nach einem netten Spaß an – doch der Hauptteil des Festes beginnt erst danach. Dann ziehen sie nämlich auf die Straßen, auf der Suche nach Frauen. Erwischen sie eine wird diese von mehreren Klaasohms festgehalten und mit einem Kuhhorn geschlagen. Und das so fest, dass Frauen noch viele Tage danach durch Hämatome an die Nacht erinnert werden. Laut Zeuginnen-Aussagen kippe die abenteuerliche Stimmung schnell in Aggressionen bei den Klaasohms und Angst für die Betroffenen.
Aufruhr in der Medienwelt
Nachdem ein Bericht von STRG_F und Panorama große Wellen schlug, war das Entsetzen in Deutschland groß. Mittlerweile haben die Veranstalter und die Polizei ein Statement veröffentlicht. Aus diesem geht hervor, dass man Schläge von nun an nicht mehr toleriere und den Fokus des Festes auf den Zusammenhalt zwischen den Insulaner*innen setzen würde. Die Polizei fahre eine Null-Toleranz-Linie und ermutigt Betroffene Anzeige zu erstatten. Da bleibt nur die Frage, ob diese Entwicklung auch entstanden wäre, wenn der Protest nach den Recherchen von STRG_F nicht so laut gewesen wäre.
Hilfe für Frauen in Bonn
Auch in Bonn gibt es verschiedene Angebote und Anlaufstellen für Frauen, die Gewalt erfahren.
An der Universität Bonn bietet das Gleichstellungsbüro Unterstützung in Themen wie Diskriminierung oder sexuellen Übergriffen.
Auch an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg findet ihr Angebote der Gleichstellungsstelle, die ihr kontaktieren könnt, falls ihr Gewalt erfahrt.
Wer Unterstützung im nicht-universitären Kontext sucht, findet ebenfalls viele Angebote in der Stadt Bonn, wie etwa die Frauenberatungsstelle TUBF e.V., die unter anderem Therapien, juristische Informationen oder telefonische Beratung anbietet. Links zu Hilfsangeboten findet ihr weiter unten in den Quellen.
Quellen:
Frauenberatungsstelle TUBF e.V.: https://tubf.de/
Gleichstellungsbüro Uni Bonn: https://www.gleichstellung.uni-bonn.de/de
Gleichstellungsstelle H-BRS: https://www.h-brs.de/de/gleichstellung