You are currently viewing Die Neuwahl – Grund für Hoffnung
Bild: Pixabay

Die Neuwahl – Grund für Hoffnung

Lesezeit: 3 Minuten

Im Februar dürfen wir einen neuen Bundestag wählen. Wer seit dem 06. November, dem
Tag des Koalitionsbruchs, Nachrichten konsumiert hat, könnte sich fragen: Warum denn?
Wird doch eh nicht besser. Ich sage: doch wird es! Vielleicht.

Es ist nicht die erste Neuwahl in Deutschland. Wahrscheinlich nicht einmal die Dramatischste und ganz sicher nicht die Schlechteste. Das Scheitern der Ampel war lange absehbar und für Viele überfällig. Nicht unbedingt wegen schlechter Arbeit. Das Lob für das, was in den vergangenen drei Jahren erreicht wurde, wird oft durch Kritik an Kommunikation, zwischenmenschlichen Konflikten und persönlichen Skandalen überschattet. Schlagzeilen über Streitigkeiten zwischen Lindner und Scholz dominieren, während Fortschritte wie der Ausbau der Bahninfrastruktur kaum Aufmerksamkeit erhalten. Deren Auswirkungen werden erst in den nächsten Jahren spürbar sein. Hier soll niemand verteidigt werden. Scheitern ist Scheitern. Und ein solches zu verhindern, ist nicht gelungen. Zurückblicken wäre aber nur sinnvoll, wenn wir auch eine Phase hinter uns gebracht hätten, die substanziell schlechte Gesetze hervorgebracht hätte. Eher lohnt ein Blick nach vorne.

Die Bundesregierung ist tot, lang lebe die Bundesregierung.

Seit 1986 hat sich das Parlament immer weiter umgewandelt: Erst kamen die Grünen, dann die Linken, dann die Rechten (mit einer kleinen Ausnahme 2013). Das könnte sich 2025 ändern. Zum ersten Mal seit fast 40 Jahren gibt es eine Chance, dass das Parlament wieder aus nur vier Parteien besteht. Ich vermisse hier oft den gebotenen Optimismus.
Klar, die Regierungsbildung wird schwierig. Es droht eine Opposition, die NUR aus der AfD besteht. Es bahnt sich ein langer Kampf um die Mehrheit an, der vielleicht gar nicht gewonnen werden kann.

Regierungsbildung in schwierigen Zeiten

Eine Überschrift, die es wohl zu jeder Bundestagswahl in der Geschichte der Republik gab. Der Blick auf die Schwierigkeiten scheint doch etwas abgenutzt, oder? Ich würde daher gerne einen anderen Blickwinkel ausprobieren: Deutschland ist ein reiches, gut ausgebildetes, multikulturelles, niedrig verschuldetes und in weiten Teilen der Welt beliebtes Land. All dies beruhte auf einem System, das auf drei Säulen aufgebaut war. Billiges russisches Gas, verlässliche amerikanische Sicherheit und bedrohliche chinesische Handelspartner. Die erste Säule ist weg, die Zweite ab Januar Donald Trump, und die Dritte wirkt für Taiwanes*innen gar nicht mehr so unbedrohlich.
Ach, und sie baut viel bessere Autos als wir. Diese neuen Realitäten verlangen tiefgreifende Veränderungen. Deutschland muss massiv investieren, um zukunftsfähig zu bleiben – und das erfordert Geld. Dieses Geld ist vorhanden, es ist finanzierbar, aber es könnte notwendig sein, dafür das Grundgesetz zu ändern.

Hoffentlich keine neuen Karten, aber neu gemischt

Vier Parteien (wenn es denn so kommt) müssen also in den kommenden Jahren die Verfassung ändern, um ein sehr großes, marodes Schiff für ein raues Meer flott zu machen. Dafür braucht es nur einen Bruch – zwei Drittel, um genau zu sein. Zwei Drittel des Bundestages müssen sich zusammenfinden, um Christian Lindner traurig zu machen.
Jetzt gerade: Nicht denkbar. In zwei Monaten: Wahrscheinlich! Union, SPD und Grüne werden zusammen vielleicht mehr als 80 % der Stimmen haben. Drei Parteien, die in unterschiedlichen Konstellationen in Landtagen gut zusammenarbeiten und alle bereit sind, die Schuldenbremse zu lockern. Keiner will sie abschaffen – alle wollen die deutsche Infrastruktur nachhaltig, wirtschaftlich und flott machen. Es könnte also sein, dass wir im Februar vor einer Situation stehen, in der es Konsens und Mehrheiten geben wird, für und über ganz entscheidende Strukturreformen. Ohne Zweifel wird das lange dauern, vielleicht ohne eine Mehrheitsregierung stattfinden, und nach vier Jahren werden viele Menschen unzufrieden sein. Ein*e Minderheitskanzler*in – welcher Partei auch immer – wird den meisten nicht gefallen. Eine häufige Eigenschaft des Kompromisses. Wenn man den Blick aber mal von den Frotzeleien des Wahlkampfs und dem „mimimi“ der Pessimist*innen abwendet, dann sehe ich eine reale Möglichkeit für eine Wahl, die endlich große Veränderungen zur Folge haben wird.