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Die Welt brennt – dein Kopf auch?

Lesezeit: 3 Minuten

Der Angriff von Donald Trump auf den Iran in der Nacht des 21. Juni war für viele der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Doch während die Welt verrückter wird, bleiben die Forderungen im Alltag hoch. Wie können wir uns zwischen Klausuren und Eskalationen über Wasser halten? 

Ist Krieg schon längst Alltag? 

Eine schlechte Nachricht nach der anderen. Eilmeldungen essen wir mittlerweile zum Frühstück. Unsere Generation hat bereits in der Schule gelernt, wie man eine Pandemie überwintert. Was zunächst vielleicht als entspannte Ferien abgestempelt wurden, entpuppte sich als ein harter Schlag für viele. Kaum überstanden, kam schon der Ukraine-Krieg auf uns zu. Jeden Tag Nachrichten, Umschwünge, Streit und Zerrissenheit. Dann, als auch dieser Zustand langsam als Normalität akzeptiert zu sein schien, trafen die Nachrichten über den 7. Oktober 2023, und seitdem scheint die Welt eine gefährliche Spirale runterzurutschen, und wir gleich mit dazu. 

Trotz der rasenden Weltpolitik müssen unser Leben, unsere Arbeit und unser Studium weitergehen. Um bei lauter Kummer den Konsum nicht zu vergessen, werden wir monatlich mit neuen Microtrends bombardiert. Zwischen Labubu und Erdbeer-Matcha sieht man in den sozialen Medien Tutorials zu Evakuierungen im Falle eines Atomkriegs. 

Hypernormalisation 

Dieser Zustand erinnert User*innen auf Social Media an den Prozess der Hypernormalisation. Der Begriff wurde vom Anthropologen Alexei Yurchak geprägt und erstmals in seinem Buch Everything Was Forever, Until It Was No More: The Last Soviet Generation (2006) verwendet. Darin analysiert er die Widersprüche des sowjetischen Alltagslebens. Viele sehen darin Parallelen zu unserer heutigen Welt, denn damals wussten sowohl die Bürger*innen als auch die politischen Entscheidungsträger*innen, dass das System nicht mehr funktionierte. Eine Alternative war jedoch nicht in Sicht, weshalb es besser schien, einfach weiterzumachen wie bisher. Mit der Zeit wurde diese kollektive Illusion zur vermeintlichen Realität: Die Fassade wurde so überzeugend, dass sie selbst von denen geglaubt wurde, die sie aufrechterhielten. 

Um sich selbst zu schützen, ist der erste Schritt, dieses Muster zu erkennen und über das eigene Bewältigungsverhalten zu reflektieren. 

Das schlummernde Monster: Doomscrolling 

Ablenkungen lauern an jeder Ecke. Doch auf der anderen Seite des Spektrums erwartet uns ein anderes Problem: Doomscrolling. 

Informieren ist gut, bei Verstand zu bleiben jedoch besser. Wenn man bis drei Uhr nachts wach liegt, und ohne Pause ein Kriegsvideo oder eine Eilmeldung nach der anderen konsumiert, treibt uns dies in einen konstanten emotionalen Stresszustand und kann in extremen Fällen sogar zu Gefühlen von Burnout und Depression führen. Wieso kann man dann nicht einfach aufhören? Beim Scrollen wird gleichzeitig Dopamin ausgeschüttet, was unser Gehirn süchtig nach mehr macht. So gerät man trotz negativen Gedanken in einen Teufelskreis, der einen im Alltag lähmt und nachts nicht schlafen lässt. Eine von der Huffington Post angesetzte Studie zeigt, dass bereits 3 Minuten schlechte News am Morgen die Aussicht auf einen schlechten Tag zu 27 % erhöhen, während lösungsorientierte Nachrichten zu 88 % positiven Tagesgefühlen beitragen. 

Informieren mit Grenzen 

Um dem Doomscrolling zu entfliehen, empfiehlt es sich, die digitale Hygiene zu verbessern. Das könnte ein Zeitlimit für bestimmte Apps sein, oder ab einer bestimmten Uhrzeit keine Nachrichten mehr lesen. Ebenso hilft es, seriöse und verlässliche Nachrichtenquellen gezielt auszuwählen und Inhalte mit reißerischen oder manipulativen Titeln, sogenanntem Clickbait oder Rage Bait, auf sozialen Medien aktiv auszublenden oder zu blockieren.

Des Weiteren kann dem Gefühl von Ohnmacht, das beim endlosen Konsum von negativen Nachrichten auftaucht, mit Engagement im echten Leben bei lokalen humanitären Vereinen entgegenwirken, wie beispielsweise die UNO-Flüchtlingshilfe e.V. in Bonn. 

Und schließlich: Wer eine bewusste Pause von belastenden Nachrichten sucht, kann auf positive Nachrichtenformate wie Good News zurückgreifen, die konstruktive Entwicklungen und ermutigende Perspektiven in den Fokus rücken. So können wir die Welt zwar nicht ändern, aber zumindest unsere Reaktion auf sie.