Bonner Musiker geben Schülern, die unter problematischen Verhältnissen leben und aufgewachsen sind, eine Stimme gegen Diskriminierung, Jugendgewalt und Rassismus.
„Aufgewacht in einer Gegend mit viel Trauer, Hass, Kummer und Elend.“
„Man gewöhnt sich nur an den ganzen Dreck.“
„In meinen Augen siehst du nichts als Hass und Gewalt.“
Das sind Ausschnitte aus Songtexten, die Schüler mit ihren Coaches Denis A. B. Ndong und Maliq Möbius in den Workshops des „Do-Something“ Projekts schreiben.
Die Coaches, selbst erfolgreiche Musiker bekannt unter den Künstlernamen General Snipe und Tha-GhostDawg, haben die Vision, Kindern und Jugendlichen, die unter problematischen Verhältnissen leben und aufgewachsen sind, „eine Stimme zu geben“ und sie genau mit dem zu erreichen, was sie in ihrem Alltag prägt. Nach eigenen Angaben wuchsen die Künstler selbst in ärmlichen Verhältnissen auf und hatten schon früh mit Gefühlen wie Perspektivlosigkeit, Einsamkeit und Wut zu kämpfen. Nach schweren Schicksalsschlägen fanden sie immer wieder Zuflucht in der Musik und erkannten, dass dieser aktive Umgang mit Emotionen und Problemen sie davor bewahrte, „vom richtigen Weg abzukommen“.
„Mittlerweile sind wir selber Künstler und wollen den Jugendlichen etwas von unseren Erfahrungen zurückgeben.“, erzählt Möbius.
„Die Jugendlichen sollen über ihr Leben nachdenken“
Dadurch, dass die Jugendlichen in den Kursen und Workshops ihre eigenen Texte schreiben, müssen sie aktiv über ihr Leben, ihre Wünsche, aber auch Probleme und Ängste nachdenken und werden dazu ermutigt „ihre Welt zu verändern“.
Das Resultat sind 14 und 15-Jährige, die einen ermahnen, das zu schätzen, was man hat und nicht die Augen vor dem „Chaos“ in der Welt zu verschließen. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erlebnisse setzen sich die Jugendlichen mit erdrückenden Themen wie dem Nahostkonflikt, Einsatz von Kindersoldaten, Krieg und Hunger genauso auseinander wie mit der kulturellen Herausforderung zwischen dem Elternhaus, Religion und dem deutschen Umfeld zu vermitteln.
Und sie suchen nach Schuldigen.
„Rap ist für mich wie eine Therapie“
Wie kann dieses Projekt etwas schaffen, dass Sozialpädagogen und Erziehungsbeauftragten viel zu selten gelingt? Nämlich wirklich etwas in den Köpfen der Jugendlichen zu bewegen.
Das Rezept ist einfach: „Wir verstehen die Jugendlichen, weil wir den gleichen Erfahrungshintergrund haben. Am Ende haben sie einen Song in der Hand, der professionell aufgenommen und im Tonstudio abgemischt wurde. Das ist etwas Nachhaltiges, das für immer bestehen bleibt und nicht nach einem Schuljahr wieder verschwindet.“, erklärt Möbius, der selbst Diplom-Tontechniker ist und ein Tonstudio betreibt.
Außerdem nehmen die Coaches die Jugendlichen mit ihren individuellen Problemen ernst, was insbesondere durch den ganz eigenen Song verstärkt wird. „Wir setzen da an, wo die Probleme entstehen und bieten gleichzeitig ein Ventil, um die Emotionen und Sorgen zu verarbeiten.“, betonen die Projektleiter. Die musikalische Verarbeitung ist nicht nur wegen der Individualität besonders wertvoll, sondern auch, weil sie sprachliche und kulturelle Probleme überbrücken kann.
Vorbilder, die den Traum der Jugendlichen leben
Ndong ist Vorstandsmitglied bei Brothers Keepers, einer Vereinigung von Soul-, Rap- und Raggaemusikern, die sich der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenhass verschrieben hat und durch Prominente wie Xavier Naidoo, Samy Deluxe oder Gentleman unterstützt wird. Weiterhin organisierte er die Hiphop-Bühne beim Rheinkulturfestival und engagiert sich immer wieder in Schulen und Jugendeinrichtungen für die Jugendlichen.
Möbius konnte durch seine Musik und die Arbeit als Tonmeister Kontakte in die USA knüpfen und ist nun bei dem Label „Steel Banging Musick“ aus Los Angeles unter Vertrag.
Die Workshops in den Schulen werden wie AGs angeboten und sind freiwillig. Aber der Andrang ist groß und die Ergebnisse sprechen für sich. Im letzten Jahr hat auch die Stadt Bonn das Potential des Do-Something Projekts erkannt und unterstützt es nun offiziell, sodass immer mehr Schulen und Jugendeinrichtungen die Rapper zu sich einladen können.
Kinder aus „bildungsfernen Familien“ und/oder mit Migrationshintergrund zeigen uns hier, dass sie mit der richtigen Förderung nicht perspektivlos und gesellschaftsfern aufwachsen müssen – und das auch gar nicht wollen. Denn in den Texten tauchen auch immer wieder Formulierungen auf wie:
„Kämpf dafür, denn auch du kannst es schaffen.“
„Trotzdem sag ich dir: gib niemals auf.“
„Ich hoffe, dieser Track hilft, manchen die Augen zu öffnen.“