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Bild: Lars Baumhöfener/greenlight Booking

Good Charlotte 2016 – Immer noch „The Young and the Hopeless?“

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Jahr nach ihrem letzten Album „Cardiology“ (2010) entschloss sich die amerikanische Pop-Punkband Good Charlotte, eine Pause einzulegen. Jetzt, im Jahre 2016 sind sie endlich wieder da – mit ihrem neuen Album „Youth Authority“! Am 20. August kam die Band auf ihrer Europa-Tour ins Palladium nach Köln. bonnFM war für euch vor Ort und hat die Band sogar zum Interview getroffen.

Die Musik von Good Charlotte klingt schon immer nach Jugend, nach wilder Teenagerzeit. Vor 20 Jahren, als sich Good Charlotte gründete, waren die Bandmitglieder eben genau das: rebellierende Teenager, die die Nase voll hatten von der Highschool und dem Leben in ihrer Kleinstadt. Mittlerweile sind die fünf Herren um die Zwillinge Joel und Benji Madden Ende dreißig, der Spirit und die Energie sind aber die gleiche geblieben. Auch die Fans scheinen sich nicht viel verändert zu haben: am Samstag stehen in der Schlange vor dem Palladium in Köln auf den ersten Blick fast nur schwarz gekleidete Mädchen zwischen 13 und 20 Jahren mit bunt gefärbten Haaren. Sie warten sehnsüchtig darauf, die Musiker, die sie vielleicht bisher nur von Postern kennen, endlich live und mit eigenen Augen zu sehen.

„Wir haben uns wieder bereit für diese Good Charlotte-Sache gefühlt.“

Bild: Katharina Pütz/bonnFM
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Im Interview trifft bonnFM Sänger Joel Madden und Drummer Dean Butterworth.

bonnFM: Also euer letztes Album ist von 2010, das ist ja schon ein bisschen her. Was habt ihr seitdem so gemacht?

Joel Madden: Wir haben sozusagen 2011 aufgehört, vor fünf Jahren, wir fühlten uns alle so, als müssten wir mal Pause machen und einfach weggehen. Um zu sehen, was das Leben sonst noch so anzubieten hat. Um herauszufinden, wer man außerhalb der Band ist. Wir haben mit der Band vor 20 Jahren angefangen und haben bis 2011 nonstop gearbeitet, es waren also ungefähr 15 Jahre, die wir getourt sind. Ich erinnere mich daran, nach jeder Tour wieder direkt am nächsten Tag ins Studio gegangen zu sein, in zwei Monaten ein Album gemacht zu haben und direkt wieder in den Bus und auf Tour gegangen zu sein. Wir haben Familien und Kinder, wir alle haben an verschiedenen Sachen gearbeitet. Ich und mein Bruder, Benj, haben ein Album gemacht, eine Art Nebenprojekt [„The Madden Brothers“, Anm. d. Red.]. Wir haben an Alben anderer Leute mitgearbeitet, haben ein Label gegründet, haben Zeug im Fernsehen gemacht… Wir haben weitergearbeitet, aber meistens Zuhause und das war schön. Und dann haben wir alle entschieden, es ist Zeit, mal wieder ein Album zu machen, wir haben uns wieder bereit für diese Good-Charlotte-Sache gefühlt.

Dean Butterworth: Es ist wichtig, mal einen Schritt zurück zu treten, nach all diesen Jahren. Als Künstler, als Songwriter, als Musiker, ist es wichtig, neu inspiriert zu werden. Von anderen Leuten kannst du immer was lernen und dadurch wachsen. Wir alle haben das erfahren und das hat dann dazu geführt, dass wir wieder zusammengekommen sind und uns auch sehr darauf gefreut haben. Und dieser Zusammenhalt von uns fünf hat uns nochmal beflügelt und das ist eine wichtige Sache für uns.

„Wenn es eine reine Definition von Pop-Punk gäbe, dann wären wir das!“

Bild: Lars Baumhöfener/greenlight Booking
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Das neue Album „Youth Authority“, mit dem sie gerade auf Tour gehen, spiegelt wider, wie die Band sich jetzt fühlt: “Wir sind einfach Good Charlotte. Wir haben jetzt diese Identität, wozu wir diese Jahre gebraucht haben, in denen wir auch irgendwie Erwachsene geworden sind. […] Ich möchte nicht, dass Good Charlotte Coldplay oder Green Day oder jemand anders ist. Ich habe immer dem Erfolg anderer Leute hinterhergejagt, ich wollte haben, was sie haben. Aber als ich diesen Schritt zurück gemacht habe, begann ich die Band so zu wertschätzen, genauso wie sie ist und sie auch so zu lassen.“, so Joel Madden. Jedes der mittlerweile sechs Alben sei ein weiterer Schritt auf dem Weg zur eigenen musikalischen Bestleistung: „Auf jedem Album haben wir versucht, immer bessere Songs zu schreiben und sahen es ständig als unsere Aufgabe, zu versuchen, bessere Songs zu schreiben und so qualitative Alben zu machen.“
Im Interview betonen die beiden Bandmitglieder immer wieder, wie gerne sie in Deutschland spielen: “Ja, ich liebe es, in Deutschland zu spielen!“, so der Sänger. Er räumt aber auch ein, dass Deutschland ein harter Markt sei: „Die Leute sind […] sehr ehrlich, sie kaufen dir nicht alles ab. Und das ist lustig, weil Deutsche nett sind, ABER sie sind sehr ehrlich.“

Wie ehrlich die Deutschen Fans sind, das wird sich noch am gleichen Abend zeigen, wenn die Band nach all den Jahren endlich wieder auf die Bühne kommt.

„Am Ende ist das alles auch nur Rock ‘n Roll und Gitarren.“

Während des Konzerts sprühen die fünf Amerikaner nur so vor Begeisterung und Spielfreude. Sie sind wieder auf Tour mit ihren besten Freunden und so erlebt das Kölner Publikum an diesem Abend einen ausgelassenen Auftritt, bei dem der Spirit aus früheren Zeiten wieder zum Vorschein kommt. Auch wenn sie jetzt Stars sind und in Hollywood leben, so ist es doch schön zu sehen, wie die Band es feiert, endlich wieder gemeinsam als Good Charlotte auftreten zu können und volle Hallen zu bespielen. Das Publikum ist dankbar und darüber hinaus auch noch sehr textsicher.

Good Charlotte ist und bleibt eben eine Band, die von ihren Fans lebt und auch nach 20 Jahren eine besondere Verbindung zu ihren Fans hat. Das hatte Sänger Joel Madden im Interview folgendermaßen erklärt: „Ich und mein Bruder haben eine Menge Songs in einer Zeit geschrieben, in der wir emotional verletzt waren, und ich denke, dass wir auch noch heute, wo wir in den Dreißigern sind, viel aus dieser Perspektive schreiben. Viele von uns haben dieses innere Kind, und da kommt vieles her. Sachen, die wir nie wirklich angesprochen haben, aber die wirklich passiert sind und das ist der Punkt, der uns mit unseren Fans verbindet.“

Bild: Lars Baumhöfener/greenlight Booking
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Bemerkenswert ist, dass Good Charlotte nur zwei Songs des neuen Albums spielen, sonst aber nur alte Songs, sogar vom ersten Album. Das Konzert ist also Fanservice vom Feinsten, auch für die Bandmitglieder. Statt nur für das neue Album zu werben, zelebrieren sie lieber zusammen mit ihren Fans ihre eigene Musik aus zwei Jahrzehnten.
Aber auch abgesehen von der Musik hat der Auftritt einiges zu bieten: Gitarrist Benji Madden vergisst beispielsweise die halbe Strophe eines Songs. Doch auch das ist nur authentisch und zeigt, dass es eben gar nicht so einfach ist, zusammen als Band auch live wieder perfekt zu funktionieren.
Am Schluss gibt es noch ein großes Dankeschön an die Kölner Fans und das Versprechen einer Deutschlandtour in den nächsten Jahren. Ob sich dieses Versprechen bewahrheitet, interessiert das Publikum an diesem Abend aber eher weniger – sie haben bekommen, was sie wollten und zwar die Band, auf die sie seit 2011 gewartet hatten.

Man kann sagen, was man will, aber Good Charlotte sind heutzutage längst mehr als ein „Guilty Pleasure“ oder eine Teenager-Sünde. Gerade dieser Auftritt in Köln und das gelungene Comeback zeigen, was für ein Klassiker die Band heute ist, und wie Oldschool Pop-Punk manchmal sein kann.