Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es endlich so weit; viele Studenten können dieses Semester wieder sagen: „Ich muss nur noch die Bachelorarbeit abgeben – und dann bin ich fertig!“ Aber fast im selben Moment, wie diese motivierende Erkenntnis, kommen auch schon die Fragen auf: Wie soll es dann weiter gehen? Was ist die beste Alternative für mich?
Nachdem sich seit 1999 mittlerweile 47 europäische Staaten dem Bologna-Prozess angeschlossen haben, um somit für einheitliche und vergleichbare Hochschlussabschlüsse in Europa zu sorgen, werden nach und nach die Probleme am zweistufigen Bachelor-Master-System deutlich. Deutschland war einer der Gründer und Vorreiter der Reform, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Anerkennung von Hochschulabschlüssen zu vereinfachen. Eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) im April diesen Jahres zeigte jedoch: die Unternehmen im eigenen Land sind zunehmend unzufrieden mit den Leistungen der Bachelorabsolventen und erkennen diesen Abschluss nicht als berufsqualifizierend an. Sogar die meisten Studenten schätzen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt „nur“ mit einem Bachelorabschluss als verschwindend gering ein und hängen direkt einen Master an. Im Wintersemester 2013/14 entschieden sich 77 Prozent der Bacheloranden an deutschen Universitäten für ein anschließendes Masterstudium.
Faktencheck: Der Bachelor als berufsqualifizierender Abschluss
Laut den Vorgaben der Bundesregierung soll der Bachelorabschluss, neben der Option auf einen vertiefenden oder themendifferenten Masterstudiengang, auch den „Einstieg in die Beschäftigungslaufbahn“ ermöglichen. Ob er damit berufsqualifizierend ist, oder ob weitere (Aus-)Bildung in Form von Praktika, Trainees oder Volontariaten nötig ist, bleibt offen. Der „Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses 2012-2015“ kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland „kein großes Beschäftigungsproblem nach Studienabschluss“ vorliegt. Auch hier wird nicht zwischen Bachelor- und Masterabsolventen unterschieden. Wie kommt es, dass Studenten sich nach dem Bachelorstudium als nicht qualifiziert genug für den Karriereeinstieg wahrnehmen? Laut dem Magazin „ZeitCampus“ liegt das vor allem daran, dass sich die Bachelorranden nicht über ihre Kompetenzen bewusst sind. Während bei Ingenieurs- oder betriebswirtschaftlichen Studiengängen deutlich mehr Studenten nach dem Bachelor in den Beruf starten können, beklagen sich insbesondere Geisteswissenschaftler oft darüber, dass ihr Studium keine direkte (Karriere-)Richtung vorgibt und sind sich daher ihrer Qualifizierung unsicher.
Was beklagen die Unternehmen?
Auch die Unternehmen beklagen sich über eine mangelnde Qualifikation der Bachelorabsolventen für den Berufseinstieg. Insbesondere in der Tourismus- und Gesundheitsbranche wünschten sich die Unternehmer eine stärkere Praxisorientierung ergab die Studie des DIHK. In der Studie wurden 2000 Unternehmen verschiedener Branchen zur Einschätzung von Bachelorabsolventen befragt. Nur 47 Prozent davon gaben an, mit den Leistungen der Berufseinsteiger zufrieden zu sein. Gegenüber der „Welt“ sagt DIHK-Präsident Eric Schweitzer: „Wir leiden an einer Überakademisierung.“ Akademische Abschlüsse seien zu leicht zugänglich und verlören damit an Wert. Noch 2007 gaben 67 Prozent der Unternehmen an, mit Bachelorabsolventen im Berufseinstieg zufrieden zu sein.
Zusammenfassung: Wann macht ein Master für mich Sinn?
Ein Master macht in jedem Fall Sinn, wenn man schon genau weiß, wohin man möchte und ein klares Ziel vor Augen hat. Auch Naturwissenschaftler/-innen und Studenten/-innen mit dem Ziel in der Forschung zu arbeiten sollten sich hauptsächlich auf ihre akademische Ausbildung konzentrieren.
Wer noch nicht genau weiß, was er später machen möchte oder sich unsicher ist, was er mit seinem Studium anfangen kann, sollte möglichst viele Eindrücke in der Arbeitswelt sammeln und seine eigenen Interessen und Kompetenzen austesten. Das hilft nicht nur bei der Formulierung der persönlichen Ziele, sondern erfüllt auch den Wunsch der Unternehmen nach Praxiserfahrung. Diese Eindrücke kann man nicht nur bei Praktika und Hospitationen sammeln. Viele Unternehmen bieten für Bachelorabsolventen Traineeprogramme und Volontariate an, um die Einsteiger langsam in die Arbeitswelt zu integrieren. Dabei bekommt man bei voller Verantwortung zwar weniger Gehalt, erhält aber eine intensive Betreuung und kann schon mal Kontakte knüpfen. Viele Unternehmen legen zusätzlich Wert auf gesellschaftliches oder ehrenamtliches Engagement.
Grundsätzlich gilt: „Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll…“ ist kein gutes Argument, um ein Masterstudium zu beginnen. Wer sich weitere zwei Jahre mit ähnlichen Themen und Aufgaben auseinandersetzt, wird danach hinsichtlich der Planung kaum weiter sein und verliert Zeit.
Sorgenkind Geisteswissenschaftler
Unternehmen schätzen Geisteswissenschaftler für ihr analytisches Denken und ihre systematische Arbeitsweise. Dennoch ist die Standardfrage, die jeder Geisteswissenschaftler kennt: „Und was kann man dann mit deinen Fächern später machen?“. Viele Studenten lassen sich von der Offenheit des Studiums verunsichern, anstatt das Potential zu sehen, jede Richtung einschlagen zu können.
Im März dieses Jahres gab es an der Uni Bonn eine Diskussion zu Karriereperspektiven von geisteswissenschaftlichen Doktoranden – mit einem ambivalenten Ergebnis. Laut den anwesenden Experten sei der Bedarf an Geistes- und Gesellschaftswissenschaftlern in den Jahren 2007 bis 2013 zwar um fast 80 Prozent gestiegen. Allerdings habe sich der Berufseinstieg dadurch nicht vereinfacht. Da sich Stellenangebote selten gezielt an Geisteswissenschaftler richten, wurde empfohlen, sich auch zu bewerben, wenn die Ausschreibung nicht haargenau passt. Ein Hinweis, der für alle Bachelorabsolventen und –absolventinnen gilt.