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Kleine Komplimente mit großer Wirkung

Lesezeit: 3 Minuten

Am 1. März ist Welttag des Kompliments. Dass Komplimente oder Ausdrücke von Dankbarkeit sich stimmungsaufhellend auf das Wohlbefinden von sowohl Empfänger*innen als auch Geber*innen auswirken, bestätigen zahlreiche Studien. Dennoch deuten jüngere wissenschaftliche Beiträge darauf hin, dass wir uns im Komplimente-geben oft unnötigerweise zurückhalten: Häufig schleichen sich Zweifel ein, wie „Was ist, wenn ich es unbeholfen rüberbringe?” Dabei können wir uns angewöhnen, öfter mal ernst gemeinte Komplimente zu machen.

Lob und Dankbarkeit geben das Gefühl, geschätzt zu werden, und mildern nachweislich die negativen Auswirkungen von Stress. Neurowissenschaftler*innen haben sogar gezeigt, dass das Gehirn verbale Bestätigungen ähnlich verarbeitet wie finanzielle Belohnungen. Dennoch gibt es immer mehr Studien, die aufzeigen, dass sich viele Menschen beim Komplimente geben oft zurückhalten. Ein häufiger Grund: Die stark positive Wirkung freundlicher Worte auf andere wird unterschätzt.

Falsche Erwartungen

In verschiedenen Forschungsreihen beispielsweise sollten Teilnehmende einschätzen, wie sich eine andere Person nach Erhalten eines Komplimentes fühlen würde. Anschließend sollten sie einer anderen Person tatsächlich ein Kompliment machen. Danach wurde verglichen, wie sich diese Person nach dem Kompliment tatsächlich fühlte und wie die Teilnehmenden es sich vorstellten. Sowohl zwischen Freund*innen als auch Fremden unterschätzten die Teilnehmenden, wie gut sich der oder die Komplimentempfänger*in tatsächlich fühlte.

Komplimentgeber*innen glaubten eher, dass die andere Person die Interaktion nicht so sehr genießen und sich durch das Kompliment vielleicht unwohl fühlen würde. Doch bestätigte sich immer wieder: Ein Kompliment erhellt den Tag der Menschen viel mehr, und Empfänger*innen fühlen sich besser und weniger unwohl, als die Geber*innen erwarten.

Hemmende (Selbst-)Zweifel

Von außen betrachtet scheint es offensichtlich zu sein, dass sich jemand besser fühlt, wenn er ein Kompliment erhält. Wer mag es nicht, wenn jemand gelobt wird, für die Art und Weise, wie man mit einer Situation umgeht, für die Wahl der Kleidung oder für bestimmte Fähigkeiten? Zwar bestätigt sich in vielen Umfragen immer wieder, dass sich zwar die meisten für mehr Komplimente aussprechen, doch trotzdem verzichten die Menschen häufig auf die kostengünstigen Gelegenheiten, anderen das Gefühl zu geben, dass sie wertgeschätzt werden.

Das veranschaulicht ein gängiges psychologisches Hindernis: Zweifel und falsche Erwartungen. Wenn es darum geht, zu entscheiden, ob man einer anderen Person Lob oder Anerkennung aussprechen möchte, schleichen sich häufig Zweifel ein. Menschen sind oft übermäßig besorgt und selbstkritisch ihrer Fähigkeit gegenüber, Lob gekonnt zu übermitteln. Gedanken wie “Was ist, wenn ich es ungeschickt rüberbringe?” schleichen sich dann ein. Diese Sorge lässt sie pessimistisch darüber werden, wie ihre Botschaften ankommen. Schließlich hemmt es sie, Komplimente zu geben, was beiden Parteien Freude machen würde.

Mehr Wärme

Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Menschen, auch nachdem sie ihr Kompliment gegeben und die Reaktionen darauf gesehen haben, den Wert ihres Komplimentes noch immer unterschätzen. Dies zeigt, wie hartnäckig sich ihre Voreingenommenheit hält, die Komplimente hätten weniger wert.

Eine Möglichkeit, diese Voreingenommenheit zu überwinden kann darin bestehen, sich in die Perspektive der Empfänger*innen zu versetzen, d.h. sich mehr auf die Wärme zu konzentrieren, mit der man das Kompliment vermittelt. Ohne diese Aufforderung, konzentrieren sich viele weiterhin auf ihre eigenen potenziellen Unzulänglichkeiten, die sie davon abhalten, so viele Komplimente zu machen, wie sie gerne würden.

Dankbarkeit unterschätzen

Nicht nur Komplimente-machen wird unterschätzt – auch unterschätzen Menschen, wie sehr die Empfänger*innen Dankbarkeit zu schätzen wissen. In einer Studie etwa schrieben die Teilnehmende Dankesbriefe, in denen sie ihre Wertschätzung gegenüber einer Person zum Ausdruck brachten. Die Empfänger*innen dieser Briefe wurden dann gefragt, wie sie sich beim Erhalt der Briefe fühlten. Der Abgleich der Gefühle der Empfänger*innen mit den Erwartungen der Absender*innen, zeigte auch hier, dass die Absender*innen die positive Wirkung unterschätzten und die mögliche peinliche Berührung überschätzten.

Serial Compliments

Man könnte befürchten, dass die positive Wirkung der freundlichen Worte von ihrer Seltenheit herrührt. Komplimente, die man zu oft macht, könnten an Wert verlieren oder weniger aufrichtig erscheinen. Studien zeigen jedoch, dass das glatte Gegenteil der Fall ist. Obwohl Personen erwarten, dass diejenigen, die eine Woche lang täglich ein Kompliment erhalten, sich von Tag zu Tag weniger darüber freuen oder Komplimente als weniger aufrichtig empfinden würden, hellten sie dagegen die Stimmung der Empfänger*innen tatsächlich jeden Tag in ähnlicher Weise auf.

Das Fazit: So wie Menschen regelmäßig essen müssen, um ihre biologischen Bedürfnisse zu befriedigen, scheint das grundlegende Bedürfnis, von anderen gesehen, anerkannt und geschätzt zu werden, ein wiederkehrendes Bedürfnis.

Mehr Dankbarkeit wagen

Die zahlreichen Hinweise, wie positiv sich gute Worte – sei es durch ein Kompliment oder durch den Ausdruck von Dankbarkeit – auf Stimmung und Wohlbefinden auswirken, zeigen auch, dass alle davon profitieren – Geber*innen und Empfänger*innen gleichermaßen.

Die Schaffung einer positiven Kultur, in der sich mehr Menschen trauen, ehrliche Komplimente und Dankbarkeit zu zeigen, scheint heute wichtiger denn je. Um dies zu erreichen, müssen wir den Wert regelmäßiger gegenseitiger Wertschätzung erkennen und wissen, welche positiven Auswirkungen solche Gesten haben können.