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Bild: Wolfgang Ennebach

Köln 75 – Energie pur

Lesezeit: 3 Minuten

In Kinos in Köln, um Köln und sogar weit weg von Köln läuft „Köln 75“ – ein dynamisch erzähltes Biopic über Vera Brandes, eine junge Musikmanagerin, die das legendäre „The Köln Concert“ des Impro-Pianisten Keith Jarrett im Jahre 1975 organisierte.

The Köln Concert – Jazz ist doch nicht tot

Wir schreiben, wie uns der Titel bereits verraten durfte, das Jahr 1975. Die 16-jährige Vera Brandes entdeckt Jazz-Clubs für sich. In den 70ern war Jazz lange nicht mehr die beliebteste Musikrichtung, erst recht nicht bei jungen Menschen. Am ehesten traf man in solchen Clubs auf ältere Männer, die sich noch an die guten alten Tage erinnern konnten. Doch Vera schüchtert es nicht ein. Nachdem sie auf einem Konzert einen Jazz-Musiker kennenlernt, bekommt sie ein überraschendes Angebot: Eine deutschlandweite Tour auf die Beine zu stellen. So beginnt ihre Karriere als Musikmanagerin. Eines Tages sieht sie in Berlin den Auftritt eines damals noch unbekannten Pianisten Keith Jarrett. Sofort beschließt Vera, ein Konzert in ihrer Heimatstadt Köln zu organisieren. Ihr steht vieles im Weg: Das Geld fehlt, die Kölner Oper kann keinen passenden Termin anbieten, und ihre Eltern wollen ihren Aufstieg in der Musikindustrie um jeden Preis verhindern, weil Vera doch etwas Vernünftiges aus ihrem Leben machen soll. Am Ende kommt noch ein verstimmtes Klavier dazu – kurz vor dem Einlass. Doch „The Köln Concert“ wird zu einer Legende, und seine Aufnahme – zu einer der meist verkauften Jazz-Platten der Musikgeschichte.

Doch was kann man als junger Mensch mit dem Jazz der 1970er Jahreanfangen? Denn Jazz mag wie ein Musikdinosaurier wirken, so elitär und nicht besonders zugänglich für jüngeres Publikum. Die Antwort könnte lauten, es liegt an der besonderen Filmdynamik, die dazu einlädt, sich auf die Musik einzulassen.

Eine außergewöhnliche Dynamik

Deutsches Kino ist gerade nicht speziell dafür bekannt, energiegeladen und dynamisch zu sein. Es lebt von langsam erzählten Dramen, Fernsehkrimis und Alltagskomödien. Doch genau das schafft Köln 75 besonders gut – mit seiner außergewöhnlichen Energie und seinem Humor, das Publikum wie ein Magnet zu ziehen. Dafür sorgen das bewegte Schauspiel, die temporeiche Montage, authentische Bilder aus Köln (viele Szenen wurden in verschiedenen Ecken von Köln gedreht) und nicht zuletzt der Soundtrack.

Die Musik lebt in Köln 75 in Wort und Klang: Wir dürfen die Begeisterung für Jazz einerseits in Form der sorgfältig inszenierten Bühnenauftritte erleben. Gleichzeitig lernen wir durch die Kommentare eines der Hauptcharaktere, einen Musikjournalisten auf Tour, leicht und zugänglich, wie die Branche funktioniert und worum es im Jazz geht. So wird man schnell an Bord geholt, auch wenn man noch keinen Kontakt zu dieser Musikrichtung hatte. So ungewöhnlich es klingen mag – zum Ende des Films kann man die Begeisterung für Jazz mitnehmen und direkt Lust auf mehr bekommen.

Schwierige Themen leicht erzählt

Am Ende profitiert Köln 75 zusätzlich von weiteren in den Film eingebauten Themen. Diese werden immer auf eine subtile Art entfaltet. Vera hat Stress mit Eltern, die kein Verständnis für ihre Karrierewünsche haben. Doch sie schafft es, sich zu emanzipieren und ihrem Traum zu folgen. Als junge Frau in den 70er Jahren nicht unbedingt der leichteste Weg. Die Geschichte ist wahr, denn Vera Brandes gibt es in echt und sie lebt noch heute in Köln. Eine solche Geschichte kann viele junge Frauen inspirieren, ihren Weg zu gehen, auch wenn die eigene Familie nicht viel Unterstützung mitgibt. Dafür unterstützen Vera ihre Freund*innen, die immer dabei sind und ihr immer Hilfe und Solidarität bieten. Das schenkt dem Film seine besondere Botschaft: Auch mit einer„Wahlfamilie“ kann es gehen. Und das ist ein schönes Filmerlebnis, denn man verlässt das Kino mit einem Lächeln im Gesicht und vielleicht ein paar neuen Musikstücken im Gepäck.

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