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Oscars 2022: Haben Licorice Pizza und Don’t Look Up den Academy Award verdient?

Lesezeit: 5 Minuten

Diese Kolumne gibt die subjektive Meinung der Autorin wieder.

Am 27. März heißt es wieder “And the Oscar goes to …”, wenn die Academy of Motion Picture Arts and Sciences den heiß begehrten Academy Award an die Crème de la Crème Hollywoods bei den Oscars 2022 verleiht. Aus diesem Anlass hat sich unsere bonnFM-Kolumnistin Luisa Herbring in den letzten Wochen einige der Oscar-Anwärter angesehen. Herausgestochen sind dabei zwei Filme: Licorice Pizza und Don’t Look Up.

Keine leichte Wahl

Es ist bereits die 94. Verleihung des wohl wichtigsten Filmpreises der USA – wenn nicht sogar weltweit! Jedes Jahr bin ich gespannt, welche Filme, Schauspieler*innen und Regisseur*innen es auf die Liste der Nominierungen für den begehrten Oscar geschafft haben. Von The Power of the Dog, einem Cowboy-Drama über zwei Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, bis zum Science-Fiction-Epos Dune über den Wüstenplaneten Arrakis, ist die Auswahl der Nominierungen vielseitig.

Unter den diesjährigen Favoriten sind zwei Filme meiner Meinung nach besonders hervorzuheben: Hätten die ungewöhnliche Lovestory von Licorice Pizza und die Katastrophen-Satire Don’t Look Up den Preis als besten Film wirklich verdient?

Licorice Pizza – Eine skurrile Lovestory?

Die Geschichte von Licorice Pizza (Regie: Paul Thomas Anderson) ist simpel und gleichzeitig skurril: Der 15-jährige Gary Valentine verliebt sich in die zehn Jahre ältere Alana Kane. Konflikte sind bei dieser Konstellation vorprogrammiert. Der Trailer macht Lust auf eine schräge Liebes- oder Freundschaftsgeschichte – man weiß es nicht so genau – die unterstrichen ist von Witz, Drama und 70er-Nostalgie.

Eine gewisse Anziehung zwischen Gary und Alana ist für uns Zuschauende von Anfang an spürbar. Die beiden betreiben aber fast durchgehend ein typisches Katz- und Maus-Spiel. Alana gibt sich gerne unantastbar, indem sie Männer in ihrem Alter datet oder regelmäßig betont, dass sie nur freundschaftliche Gefühle für Gary empfindet. Dieser wiederum zeigt ihr selbstbewusst und offen, was er für sie fühlt. Irgendwann fängt aber auch er an, sich für Mädchen in seinem Alter zu interessieren. Und dann ist es plötzlich Alana, die nicht von ihm loskommt.

Ein ungleiches Paar

Das reizvolle und spannende an dieser Geschichte ist aus meiner Sicht, zu erfahren, was eine 25-Jährige an einem 15-Jährigen findet. Ich saß im Kino und wollte diese absurde und skurrile Beziehung zwischen den beiden vor allem aus Alanas Sicht nachvollziehen können.

Schnell wird klar: Gary ist kein typischer 15-Jähriger. Er ist ein mehr oder weniger bekannter Schauspieler. Außerdem hat er sich selbstständig gemacht und verkauft Wasserbetten – ironischerweise ist seine Mutter bei ihm angestellt. Die Tatsache, dass Gary kein typischer 15-Jähriger ist, soll vermutlich erklären, was Alana so interessant an ihm findet. Die Art und Weise wie Gary aber agiert und sich gibt ist teilweise so absurd, dass diese Figur wenig nahbar ist und kaum Raum lässt, sich mit ihm zu identifizieren. Stattdessen soll sein Auftreten so skurril sein, dass es schon wieder witzig ist. An einigen Stellen gelingt dies auch tatsächlich – gleichzeitig wirkt es häufig befremdlich.

Die impulsive Alana hingegen scheint das absolute Gegenteil von Gary zu sein. Obwohl sie zehn Jahre älter ist, steckt sie irgendwie im Leben fest: Sie wohnt noch bei ihren Eltern und hält sich mit einem Nebenjob über Wasser. Diese Gegensätze zwischen Alana und Gary sollen ebenfalls die Anziehung zwischen den beiden erklären. Die Ereignisse kommen aber teilweise so plötzlich und werden kaum erklärt, dass sie eher für Verwirrung sorgen. Während des Films konnte ich häufig nicht nachvollziehen, warum die beiden handeln wie sie handeln.

Es fehlt die Nahbarkeit

Insgesamt hat mich Licorice Pizza mehr verwirrt zurückgelassen, als dass ich wusste, was mir der Film vermitteln möchte. So hat mich der Film an den meisten Stellen einfach nicht abgeholt. Im Vorfeld habe ich mich gefragt, was eine 25-jährige Frau an einem 15-jährigen Highschool-Schüler so interessant findet. Und diese Frage stelle ich mir jetzt noch, weil der Film mich nicht in die Gefühlswelt von Alana lässt. Nachdem ich aus dem Kino kam, habe ich mich gefragt, welchen Sinn dieser Film eigentlich hat.

Ein durchwachsenes Filmdebüt

Dennoch gibt es auch gute Momente, die ich Licorice Pizza abgewinnen kann. Auch wenn ich mich mit den Figuren von Alana und Gary wenig identifizieren kann, ist das Spiel der beiden Hauptdarsteller*innen Alana Haim und Cooper Hoffmann sehr schön. Für beide ist Licorice Pizza ihr Filmdebüt und trotzdem spielen sie als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Das macht auf jeden Fall Lust auf die nächsten Filme von Alana Haim und Cooper Hoffmann.

Der Film zeichnet sich außerdem durch Gastauftritte diverser Hollywood-Stars aus. Besonders unterhaltsam ist dabei die Performance von Bradley Cooper, der einen verrückten Filmproduzenten mit dem Hang zu Gewaltausbrüchen spielt.

Ob Licorice Pizza aber den Titel des besten Films bei den Oscars 2022 mitnimmt, bleibt abzuwarten. Im Vergleich zu anderen Filmen, die in dieser Kategorie nominiert sind, ist Licorice Pizza zumindest aus meiner Sicht nicht der stärkste Film.

Don’t Look Up – Weltuntergangs-Satire mit erstaunlichen Parallelen zur Wirklichkeit

Um Licorice Pizza gab es einen kleinen Hype, den ich nicht nachvollziehen kann. Dafür kommt mein persönlicher Favorit Don’t Look Up (Regie: Adam McKay) in den Kritiken nicht allzu gut weg. Dabei hält der Film unserer Gesellschaft den Spiegel vor und das auf eine extrem witzige Art und Weise. Was ursprünglich als Satire geplant war, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, weist auch aufgrund der Corona-Pandemie erschreckende Parallelen zur Realität auf.

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Zwischen Desinteresse und Ignoranz

In Don’t Look Up sind die ersten Reaktionen der Politik Desinteresse und Ignoranz. Schließlich gibt es kurzfristig wichtigere Dinge zu erledigen, wie zum Beispiel den Wahlkampf zu führen. Regisseur Adam McKay kommt damit erstaunlich nah an echte Reaktionen auf gegenwärtige Krisen heran.

Erschreckend realitätsnah

Der Film ist auf seine eigene Weise völlig skurril, weil man sich diese absurde Weltuntergangs-Geschichte ansieht und trotzdem vor dem Fernseher sitzt und denkt: Das passiert gerade wirklich! Dabei ist Don’t Look Up ganz bewusst eine Komödie mit schwarzem Humor, anstatt eines Dramas: In einem Moment habe ich über die scharfe Anspielung auf Trumps Präsidentschaft, verkörpert durch die Figur der Präsidentin Janie Orlean (Meryl Streep), gelacht und im nächsten Augenblick stockte mir der Atem, weil es eigentlich eine todernste Situation ist.

Neben dieser Anspielung, lebt der Film auch von solchen auf Persönlichkeiten und Situationen aus dem echten Leben. So ist es kein Zufall, dass die Figur des Unternehmers und Investors Peter Isherwell (Mark Rylance) an Elon Musk oder Jeff Bezos erinnert. Die Hauptfigur Dr. Randall Mindy (Leonardo DiCaprio) lässt außerdem Parallelen zum Stellenwert der Wissenschaft in Krisenzeiten zu, wie wir es zum Beispiel in der Corona-Pandemie erleben.

Eine klare Empfehlung

Es ist eine besondere Mischung, die Don’t Look Up für mich so herausragend macht: einerseits das Handeln der Politik mit erstaunlichen Parallelen zu realen politischen Entscheidungen, aber auch die immer mal wieder eingeblendeten Bilder aus der Natur- und Tierwelt, welche die Vulnerabilität unserer Erde zeigen sollen. Außerdem sind da natürlich die Anspielungen auf zeitgenössische Persönlichkeiten, die den Film so realitätsnah machen.

Don’t Look Up ist eine satirische Komödie, die bissig und scharf den Nerv unserer Zeit trifft und leider aktueller denn je zu sein scheint. Aus diesem Grund ist Don’t Look Up eine klare Watch-Empfehlung und mein persönlicher Favorit für den besten Film der Oscars 2022.

And the Oscar goes to…

Ich freue mich auf den 27. März, wenn endlich bekannt ist, welcher der insgesamt zehn nominierten Filme sich zum besten Film der Oscars 2022 küren darf. Aus den unterschiedlichsten Gründen sind mir Licorice Pizza und Don’t Look Up aufgefallen. Licorice Pizza als Film, der im Vorfeld viel verspricht und mich dann eher enttäuscht zurückgelassen hat. Dennoch hat das Drama eine leichte Arthouse-Stimmung, die ihn zu einem klassischen Oscar-Anwärter macht. Don’t Look Up hingegen scheint mit seinem schwarzen Humor und seiner derben Handlung erstmal kein typischer Favorit für den Academy Award zu sein. Der Film besticht aber durch seine realitätsnahe Satire.

Schafft es einer dieser beiden Filme tatsächlich in der Kategorie Best Picture ausgezeichnet zu werden? Oder ist die Konkurrenz bei den Oscars 2022 um Filme wie The Power of the Dog (Regie: Jane Campion) und Dune (Regie: Denis Villeneuve) zu stark? Ich bin weiterhin gespannt und warte mit Vorfreude auf den Abend, an dem es heißt “And the Oscar goes to…”.