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Lorde ist zurück – und Köln war nicht bereit

Kaum ein*e andere*r Künstler*in hat in diesem Jahr ein größeres Comeback gefeiert als Lorde. bonnFM hat ihr ausverkauftes Konzert im Palladium begleitet. Was hinter der Faszination für die neuseeländische Sängerin steckt, erfahrt ihr hier.

Es gibt Künstler*innen, die gefühlt jedes halbe Jahr ein neues Album droppen, zwischendurch noch schnell ein paar Remixes veröffentlichen und danach zwei oder drei Jahre lang jede Festivalbühne dieser Welt bespielen. Lorde gehört nicht dazu.

Ein Popstar, der sich Zeit lässt 

Der Künstlerin gelang mit dem Song Royals und ihrem Album Pure Heroine im Alter von sechzehn Jahren 2013 ein weltweiter Durchbruch. Aber statt die Welle ihres Erfolgs auszunutzen, ließ die Künstlerin sich Zeit. Erst 2017 erschien ihr nächstes musikalisches Werk Melodrama, 2021 folgte dann mit Solar Power ihr drittes Album. 

Neue Alben erscheinen bei Lorde also alle vier Jahre. Langjährigen Fans war daher bewusst, dass sie 2025 mit neuer Musik der Künstlerin rechnen konnten.

Umso überraschender wirkt es, dass Lorde ausgerechnet auf TikTok einen ersten Blick auf What Was That und damit ihr viertes Album Virgin gewährt – obwohl sie Social Media eigentlich den Rücken gekehrt hatte. 2018 hatte ein unbedachtes Badewannenfoto mit einem Whitney-Houston-Zitat heftige Kritik ausgelöst. Seitdem hielt Lorde Abstand von Social Media und singt in Solar Power sogar: “I throw my cellular device in the water.“

Dass sie mit diesem Grundsatz gebrochen hat, dürfte ihrer Karriere nicht geschadet haben. Solar Power bekam eher verhaltene Kritiken und blieb auch kommerziell ihr schwächstes Album. Doch mit Virgin gelang Lorde ohne Zweifel eines der größten Comebacks des Jahres: Das Snippet von What Was That ging viral, das Album sammelte am Release-Wochenende Millionen Streams und stieg in mehreren Ländern – auch in Deutschland – auf Platz eins.

Zur gleichen Zeit entdeckten viele neue Fans ältere Songs wie Ribs oder Green Light neu für sich. Ihre ersten beiden Alben, Pure Heroine und Melodrama, wurden für viele endgültig zu modernen All-Time-Classics.

Kleine Halle, große Nachfrage 

Kein Wunder also, dass ausnahmslos jeder Stopp ihrer Ultrasound-Tour innerhalb weniger Sekunden ausverkauft war.  Auch am vergangenen Mittwoch in Köln warteten Fans trotz Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt schon seit den frühen Morgenstunden vor dem Palladium, um der neuseeländischen Künstlerin möglichst nah zu sein.

Drinnen wurde es schnell warm: Schon während der Vorband The Japanese House war klar, dass die Venue an ihre Grenzen stieß. Das Palladium fasst nur rund 5.000 Menschen. Eine vergleichsweise kleine Halle, wenn man bedenkt, dass Lorde bei den meisten anderen Daten ihrer Europatournee Arenen mit bis zu 20.000 Plätzen bespielt.

Ein Ticket für Köln war entsprechend begehrt. Auf Drittanbieterseiten stiegen die Preise teilweise auf das Dreifache. Die Nachfrage wurde zusätzlich dadurch erhöht, dass Lorde ihr Konzert in Luxemburg wenige Stunden vor Einlass wegen einer Lebensmittelvergiftung auf das nächste Jahr verschieben musste.

Energie trotz Verspätung

Schließlich betritt Lorde mit rund zwanzig Minuten Verspätung die Bühne. Der Stimmung tut dies aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Sobald die ersten Takte ihres Songs Hammer einsetzen, ist die Energie im Raum sofort da. Die komplette Halle singt, tanzt und schreit. Schon während der ersten Minuten wird erneut deutlich, wie eng das Palladium für einen Abend wie diesen ist. Aber auch, wie sehr das Publikum bereit ist, sich genau darauf einzulassen. Als Lorde bereits als zweiten Song ihren größten Hit Royals singt, steht endgültig niemand mehr still.

Auch bei Supercut oder Team wirkt es, als könnten alle im Raum jede einzelne Zeile mitsingen. Dabei liegt der Fokus nicht auf einer spektakulären Bühnenshow: Lorde verzichtet weitgehend auf Tamtam. Das Bühnenbild bleibt schlicht, es gibt keine ausgefeilte Choreografie. Dafür immer wieder starke Lichtmomente. Doch man merkt der Künstlerin an, dass sie vor allem aus dem Gefühl heraus tanzt. Nichts wirkt einstudiert. Wüsste man es nicht besser, könnte man fast meinen, sie tanzt alleine vor ihrem eigenen Spiegel. 

Intim und nahbar

Allerdings wird es auch im Verlaufe des Konzerts immer wieder schlagartig still im Raum. Etwa, wenn Lorde ruhigere Songs wie Big Star oder Clearblue anstimmt. Es ist kein Tuscheln zu hören, nicht mal in den hinteren Reihen. 

Denn immer wieder nimmt sich die Künstlerin auch Zeit, direkt mit den Menschen im Palladium zu sprechen. So thematisiert sie kurz vor ihrer Ballade Liability ihre eigene künstlerische Entwicklung. Ihre Songs, sagt sie, würden verschiedene Lebensphasen festhalten: Kindheit, Jugend, frühes Erwachsenwerden. Und es tue gut, diese Geschichten nicht mehr allein singen zu müssen, sondern gemeinsam mit einem Raum voller Menschen, die diese Momente kennen oder für sich neu entdecken.

Später adressiert sie auch das Platzproblem und erwähnt, dass das Konzert in Köln ursprünglich in einer größeren Venue stattfinden sollte. Die Umsetzung habe jedoch nicht geklappt. Rückblickend scheint sie darüber nicht unglücklich zu sein: Das Palladium beschreibt sie als einen der “most intimate rooms“ ihrer Ultrasound-Tour. Die Fans in Köln seien daher “closest friends in the city“. Ein Kompliment, was die Anwesenden in der Halle hörbar gerne annehmen. 

Ein Finale mitten in der Menge 

Beim Song David verlässt Lorde schließlich gegen Ende des Konzerts die Bühne. Sie bahnt sich ihren Weg durch die Maße, vom vorderen Bereich bis ganz nach hinten. Für diejenigen, die sie zuvor nur über die Bildschirme sehen konnten, ist das der Moment, in dem sie der Künstlerin plötzlich unmittelbar gegenüberstehen. Begleitet von einem Meer aus Handylichtern wirkt die Halle für einen kurzen Augenblick größer, obwohl es realistisch kaum enger sein könnte.

Auf der B-Stage folgt dann der Teil des Abends, auf den viele gewartet haben: die Zugaben. Eigentlich ist aus den bisherigen Tourstopps bekannt, dass Lorde nur einen zusätzlichen Song spielt, Ribs. In Köln entscheidet sie sich jedoch für eine kleine Abweichung. Sie kündigt an, einen zweiten Song zu verschenken, und lässt das Publikum wählen: A World Alone oder Hard Feelings. Die Reaktion des Publikums fällt eindeutig aus. Der Jubel für den erstgenannten Song aus Pure Heroine ist so laut, dass die Wahl nach wenigen Sekunden klar ist. Und sie passt: Die Zeile “you’re my best friend and we’re dancing in a world alone“ greift genau das auf, was Lorde zuvor über Nähe und Verbundenheit gesagt hat.

Ein Abend endet, der kaum größer hätte sein können – zumindest nicht in einer Venue, die dafür eigentlich viel zu klein war.

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