Dass Trailer in die Irre führen können, kommt vor. Manchmal halten sie aber auch, was sie versprechen. Und trotzdem ist der Film ganz anders als erwartet. Männertag, der am 8. September gestartet ist, ist so ein Film. Viel ruhiger und mehr Charakterstudie als Sauftour. Vielmehr, ja, vielleicht sogar Frauen- als Männerfilm.
Mit der Asche in der Hand geht’s durch bayrische Land
Dieter ist tot! Bevor der Krebs ihn erledigt, tut er es lieber selber. In seinem Testament verdonnert er seine alten Schulfreunde dazu, endlich ihre alte Tradition weiter zu führen und am Vatertag gemeinsam an den See zu fahren. Wie vor 20 Jahren, bevor sie den Kontakt verloren haben. Klaus-Maria (Axel Stein in Topform) freut sich, seinen drei Kindern zu entfliehen und endlich mal was zu erleben. Für Schauspieler Chris (Tom Beck, absoluter Mittelpunkt des Films) ist es die Ausrede, um nicht in die Entzugsklinik zu müssen. Was seine Aufnahmeleiterin Andrea (Lavinia Wilson) nicht davon abhält, sich an seine Fersen zu heften. Stevie (Milan Peschel) muss sich als Lehrer nicht nur mit seinen Ex-Schülern, sondern auch mit seinem Emo-Sohn Paul (Chris Tall) rumschlagen, der in Elena, die Tochter des Erzfeindes der Truppe, Andi Mauz (Hannes Jaenike), verliebt ist. Und Peter (Oliver Wnuk) möchte sich endlich als Frau outen. Gemeinsam ziehen die sechs, inklusive Dieters Asche, auf dem Bierbike los, ohne sich wirklich noch zu kennen.
Neu? Na ja, nicht wirklich
Die Story von Freunden, die sich jahrelang nicht gesehen haben und aufgrund gewisser Ereignisse wieder zusammen finden und sich am Ende ihr Herz ausschütten, ist nun nicht wirklich neu. Das alle dabei auf dem Bierbike sitzen und es Vatertag ist, nun ja, schon. Am Film herausheben kann man die Figurengestaltung. Sei es das Outfit oder kleine Gesten und Blicke, die verraten, wie es um die Figuren bestellt ist. Trotzdem wären längere Gespräche durchaus interessant gewesen, aber der echte Mann, der redet ja nicht über Gefühle. Oder vielleicht doch? Im Film ist es vor allem Andrea, die immer wieder den Anstoß für Gespräche gibt – und Chris, der sie immer wieder verhindert. Gut, 90 Minuten müssen gefüllt werden. Obwohl Komödie, gibt es – bis auf am Ende – kaum wirklich übertriebene Szenen, was eine nette Abwechslung ist. Und trotzdem fehlen die richtig guten Witze, um wenigstens einmal in lautes Lachen auszubrechen. Probleme wie Drogen oder Selbstmord werden nicht wirklich verurteilt. Angesprochen ja. Machen sollte man es nicht. Aber vom Krötelecken high werden und sich besaufen ist in Ordnung, weil man das eben auf einem Männertrip so macht.
Story flop, Schauspieler top
Was man aber hervorheben kann, ist die schauspielerische Leistung. Axel Stein rückt immer mehr ab vom ‚lustigen Dicken‘. Chris Tall, der in seinen letzten Rollen und auf der Bühne für genau dieses Image bekannt ist, spielt eindrucksvoll verschüchtert und zurückhaltend. Tom Beck ist ein Hingucker, sei es wegen seines Aussehens oder des Verhaltens seiner Figur Chris. Milan Peschel wirkt hier anders als in Schweighöfer-Filmen wirklich als ernst zu nehmend. Hannes Jaenicke ist die meiste Zeit verkleidet unterwegs. Der LARPER ist hier endlich mal ein ernstzunehmender Charakter. Sei es auch nur, weil er dich sonst verprügelt. Die beste Perfomance liefert aber eindeutig Oliver Wnuk. MakeUp hat sicherlich geholfen, aber Pauls Sensibilität und sein Wunsch sich zu outen, kommt sehr gut rüber. Lavinia Wilson macht ihre Sache gut, aber es wäre auch interessant zu sehen gewesen, wie die Männer ihre Probleme ohne ein Frau gelöst hätten, die der Puffer für fast alle ist. Zusammenfassend ist der Film nett, aber nicht herausragend. Für Frauen schön zu sehen, mit welchen Problemen sich Männer herumschlagen, für Männer… Nun, dass es mal gut wäre, darüber zu reden.
Hier geht es zu den Interviews mit Regisseur Holger Haase, Darsteller Oliver Wnuk und Chris Tall…