80 Tausend Menschen springen gemeinsam auf und ab, der Asphaltboden bebt. Drei Bühnen stehen den Künstler*innen auch wieder zur 37. Auflage von Rock am Ring am Nürburgring zur Verfügung. Die Ärzte, Greenday und Måneskin sind Headliner.
Es sind etwa zehn Tausend mehr Menschen gekommen als im letzten Jahr. Sie strömen von den Campingplätzen auf das Gelände – teils bereits verdreckt und verschlafen von der ersten Nacht auf einer dünnen Isomatte in einem zu kleinen Zelt. Aber sie sind auch voller Vorfreude auf ein Wochenende voll dröhnender Musik und wildem Tanz. Rock am Ring startet an diesem Freitag im Juni zum 37. Mal. Und dieses Jahr soll es wieder verzaubern mit mehr Rockmusik. Nachdem ein musikalisch vielfältigeres Lineup im letzten Jahr nicht ganz überzeugen konnte und vermutlich daher die Besucher*innenzahl noch etwas zu wünschen übrig ließ, setzen die Veranstalter*innen diesmal wieder mehr auf klassischeren Rock. Rap gibt es trotzdem, nur in einem etwas kleinerem Maß.
Von Endorphinen und Möwen
Wer dann direkt doch an das vergangene Jahr erinnert sind Queens of the Stone Age, die mit einer schwachen Performance den letztjährigen Headliner Kings of Leon ähnlich sind. Sie steigen mit den ersten zwei Songs stark ein, verlassen sich dabei auf ihre Hits. Die Menge können sie nicht mitnehmen, sie wirken müde, das Publikum bald auch. Deutlich attraktiver sind dahingegen Betontod. Sie „spielen immer noch keine Popsongs”. Die Band möchte für Musik stehen, die anders ist, die gegen den Strom schwimmt, die einzigartig ist. Einzigartig sein – genau das will dann aber natürlich auch die selbsternannte beste Band der Welt – bei den Ärzten wird nicht nur „Arschloch“ in Schrei nach Liebe mitgegrölt, das Publikum imitiert auch Meeresrauschen und Möwenlaute. Ob dies hungrige Möwen anlockt sei einmal dahingestellt, das Publikum wird von der Band damit zumindest gecatcht. Die Ärzte überraschen später mit einem – laut Farin Urlaub „fragwürdigen“ Song – Der lustige Astronaut. Ein Headliner, der überzeugt.Alle die nach dem Konzert noch Energie haben, können diese direkt im Anschluss bei Avenged Sevenfold vollends loswerden – oder sich eben müde und ausgelaugt in eine der endlosen Schlangen vor den Essensständen reihen um die Show am Boden sitzend mit einer Pommes in der Hand verfolgen.
Ein Fazit fürs Headbangen und FLINTA* Personen
Wenn man die Festivalbesucher*innen fragt wird es mit dem Lineup an den nächsten Tagen nur noch besser. Blackout Problems startet am Sonntag an der Orbit Stage zwar erst mit Mikrofon Problemen, doch dann wummert einem die Musik in den Ohren, es öffnet sich ein Moshpit nach dem nächsten. Wanda lädt an der Utopia Stage noch einmal etwas zum herunterkommen ein, bevor die Körper bei Kraftklub und Måneskin nicht mehr zur Ruhe kommen können. Dabei ist Måneskin für viele trotz bereits hoher Erwartungen die Überraschung des Wochenendes. Hier mischt sich auch der letzte Staub mit Schweiß und Endorphinen. Zuvor spielt Polyphia allerdings noch an der Mandora Stage. Hier rastet die Menge nicht komplett aus, das Konzert bietet aber die perfekte Hintergrundmusik für eine kurze Verschnaufpause, bevor auf derselben Bühne später noch While She Sleeps für Headbang-Fans und Parkway Drive für Metalcore-Liebhaber*innen folgen. Guano Apes machen Spaß mit anzusehen, allerdings scheint die Band mehr vom Backstage Bereich zu träumen als vom Auftreten – zumindest wird dieser von Frontfrau Sandra Nasić häufiger angesprochen. Der Terminus Frontfrau ist neben der Beschreibung von Guano Apes aber auch nicht viel häufiger notwendig – zumindest gibt es da noch Scene Queen, Hanabie und Babymetal, bei denen es sich mehr als lohnt vorbeizuschauen. Trotzdem bleibt leider festzuhalten, dass auch dieses Jahr die Quote an FLINTA*-Artists noch weitaus mehr als ausbaufähig ist.
Tanzen gegen Rechts
„Diskriminierendes, menschenverachtendes Verhalten, sowie rechte Parolen haben bei Rock am Ring keinen Platz“, claimen die Veranstalter*innen auf ihrer Website. Sie werden „rechtsextremes Fehlverhalten strafrechtlich prüfen.“ Direkte Positionen gegen rechtes Gedankengut gibt es bei einigen Bands. Blackout Problems kritisieren den Rechtsdruck und untermalen dies mit ihrem Song Germany, Germany. Die Ärzte spielen Demokratie, wobei dieser am Wahlwochenende eine besondere Bedeutungsschwere zu haben scheint. Vielleicht gehen auch gerade deswegen die Wahlergebnisse am Sonntag nicht an den Besucher*innen auf dem Gelände vorbei und werden trotzdem auf die Tage danach verschoben. Die Donots und Kraftklub zeigen sich bestimmt und wütend, sprechen sich bewusst gegen die AfD aus. „Am Ende des Tages ist es die Antifa” meint Kraftklubs Frontmann Felix Kummer. Die Hoffnung bleibt, dass zumindest hier rechtsextremes Gedankengut weggetanzt werden und das Rock am Ring zu dem gemacht werden kann, wofür es wirbt, zu stehen – ein gemeinschaftliches, diskriminierungsfreies Umfeld.