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Nur Liebe für Casper in Bielefeld

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„nur liebe, immer“ heißt das Album von Casper, das letzten Herbst erschienen ist. Und der Albumname beschreibt gut, wie viel Emotionen dieser Abend auslöst. Am Samstag erfüllte sich sein Lebenstraum: Casper durfte im ausverkauften Stadion seiner Heimatstadt Bielefeld spielen. 

„Ich weiß gar nicht wie ich mit meinen absurden, traurigen Liedern hier stehen darf“ sagt Casper bei der Hälfte des Konzerts. Diese absurden, traurigen Lieder sind es aber, die mehr als 26.000 Menschen an diesem Abend so viel geben, dass es schwer zu beschreiben scheint. „Man hat voll die Beziehung zu dem, obwohl man ihn ja gar nicht kennt“ schnappe ich nach dem Konzert aus einer Gruppe von Fans auf. Auch in der Straßenbahn lassen die Menschen das Konzert Revue passieren: „Es war einfach nur schön und ich hab nur einmal richtig geweint“ sagt ein Fan fast stolz in Richtung der Freundesgruppe – diese Reaktionen lassen erahnen, wie doll es Casper schafft, seine Fans zu berühren.

Zwischen Schweiß und Tränen

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Aber auch ihm selbst merkt man die große Bedeutung und Emotionen dieses Tages an. Direkt zu Beginn verrät er, dass er schon während den Proben auf der Bühne immer wieder weinen musste, er fügt hinzu: „Ich bin heute wirklich so voller Glück, mir würden die Worte fehlen um euch das zu beschreiben“. Worte braucht es nicht, dafür hat er ja seine Songs. Auch während des Konzerts merkt man, es fällt ihm schwer, nicht nach jedem Lied loszuheulen. Nach dem Song emma vom aktuellen Album wird nicht nur das Mikro ausgetauscht, er bekommt auch gleichzeitig ein Taschentuch auf die Bühne gebracht. Den Rest des Konzerts muss sein T-Shirt hinhalten, um sich abwechselnd Schweiß und Tränen aus den Augen zu wischen.

Die Tränen zwischendurch heißen aber keinesfalls, dass seine Konzerte nur Melancholie und Traurigkeit auslösen. Ganz im Gegenteil: Auch am Samstag geht eine Energie von der Bühne aus, die ich so nicht oft auf Konzerten erlebe. Es wird wild in Moshpits getanzt, gesprungen, gesungen und sich einfach nur gefreut. Songs wie Adrenalin, Sirenen und Alles endet (aber nie die Musik) lassen das Publikum ausrasten. Kein Wunder also, dass zwischen den Songs immer wieder lautes Schnaufen von der Bühne kommt –  mit den ruhigen Liedern gönnt Casper also nicht nur dem Publikum eine kurze (Verschnauf)pause.

Ein bisschen Fußball

„Bau mir ne Statue vorm Stadion“ heißt es im Song Lass es Rosen für mich regnen aus seinem Album von 2022. Und in diesem Stadion steht er jetzt – die SchücoArena in Bielefeld, das Stadion vom Fußballverein Arminia Bielefeld. Für ihn ein Lebenstraum, hier auftreten zu dürfen. Und auch seinen Fans erfüllt er damit Träume: immer wieder hör ich Sätze wie „endlich auf dem heiligen Rasen“, viele seiner Fans tragen Arminia Trikots und vor dem Konzert dröhnt Arminias Hymne durch die Lautsprecher. Und das ist nicht der einzige Moment, in dem man merkt, in einem Fußballstadion zu sein. Immer wieder werden Bielefeld-Sprechchöre angestimmt, und als Casper bei einem Song mit einer Pyro-Fackel auf der Bühne steht darf natürlich auch der virale „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“-Hit nicht fehlen. Casper schmunzelt, alle sind glücklich.

Datingstory zu Beginn

Neben Casper stehen an dem Abend noch weitere sehr sympathische Künstler*innen auf der Bühne. Philine Sonny, Indie-Musikerin aus Bochum, darf Vorband für den Abend sein. Erfahren haben sie und ihre Band das erst vor zwei Wochen. Ihr Drummer hatte selbst Karten fürs Konzert, die er dann wieder verkaufen musste. Neben ihren Songs, die den aktuell beliebten Indie-Sound treffen, gewinnt sie das Publikum auch mit ihrer ehrlichen, sympathischen Art.

Vor ihrem Song Berlin, den sie nach einer beendeten Situationship geschrieben hat, erzählt sie von dieser. Sechs Monate hat sie einen „Dude“ gedatet, für sie alles easy alles locker, bis er sie einlädt, 6 Tage zu ihm zu kommen. Für Philine eigentlich etwas zu viel Commitment, aber sie nimmt die Einladung an. Was ihr der “Dude” dann erzählt, überrascht sie: Am zweiten Tag sagt er ihr, wenn sie sich küssen, fühlt es sich an, als würde er seine Schwester küssen. Autsch. Damit hat sie und auch das Publikum nicht gerechnet. Umso besser, das daraus ein guter Song entstanden ist.

Während des Konzerts sorgt nicht nur Caspers fantastische Band, sondern auch Musiker Drangsal, Tua und Thees Uhlmann sowie Sängerin LEA für Support. Nicht alles kann rund laufen bei einem Konzert, kleine Abstimmungs- und Einsatzfehler mit LEA werden aber einfach sympathisch weggelacht. Für seine Bielefeld-Hymne Lass es Rosen für mich regnen werden Lena, Provinz-Sänger Vincent und Casper selbst in der Mitte des Rasens auf drei Podesten hochgefahren, danach regnet es Rosen in Form von Konfetti.

Nur liebe, immer

Als der Himmel mittlerweile dunkel geworden ist, kreiert Casper mit seine Worten einen weiteren Gänsehaut-Moment.  Warum macht er Musik? Er erklärt, „dass ich  einfach versuchen wollte, Musik zu schreiben, die für andere Leute wie ne Schulter ist oder dass ich vielleicht irgendwie ne Art großer Bruder sein kann […] dass ich irgendwie etwas zurückgeben kann, was die Musik mir gegeben hat.“ Zeilen, die vielleicht sonst etwas zu cheesy wirken, bei Casper wirken diese ehrlich – und mit dem Jubel und Applaus aus dem Publikum bestätigt sich, dass er es geschafft hat, genau das zurückzugeben, was Musik ihm selber gegeben hat.

Wie es sich für ein Casper-Konzert gehört endet der Abend mit Chören zur Hinterland-Melodie und einem Feuerwerk. „nur Bielefeld, immer“ steht auf der Leinwand hinten auf der Bühne. Und auch alle, die nicht aus Bielefeld kommen, werden die Stadt durch diesen Abend mit einer Emotion verbinden: nur (mit) Liebe, immer.

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