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Präsenz-Uni – ich hab dich vermisst

Lesezeit: 2 Minuten

Wie die Rückkehr von Präsenzunterricht mir meine Motivation zurückgebracht hat
– und warum die Nachteile von Online-Uni überwiegen

Es gab bestimmte Gründe, warum ich mich nicht an einer Fernuni eingeschrieben habe: Ich wollte echte Menschen treffen und so neue Freund*innen kennenlernen, mit denen ich nach der Vorlesung noch was trinken gehen kann. Ich wollte in Seminaren hitzige Diskussionen führen und wenn ich mal Hilfe brauche, einfach ins Büro meiner Lehrenden gehen und nachfragen können. Das alles hat mir die Uni Bonn auch geboten – ein Semester lang. Dann kam Corona.

Vorlesung im Bett: Das neue Normal

Am Anfang war das dann irgendwie auch lustig: Ich habe meine Vorlesung von der Terrasse aus geschaut oder im Bett, ich konnte mitten in der Woche zu meinen Eltern pendeln ohne Kurse zu verpassen und wenn ich mich mal nicht danach gefühlt habe, hab ich die Kamera eben ausgemacht – was im Laufe der Zeit immer häufiger geworden ist. Nach drei Online-Semestern war das dann aber das neue Normal. Und das neue Normal war nicht unbedingt das, was ich mir ursprünglich unter Uni-Leben vorgestellt hatte.

Nicht alles war schlecht

Gerade absolviere ich mein fünftes Semester in Spanien. Hier sind die Inzidenzen aktuell niedrig und ich habe – kaum zu glauben – alle meine Kurse in Präsenz. Ja, alle. Wir müssen durchgängig Masken tragen, das war´s dann aber auch schon. Also quasi wie früher. Und ich merke erst jetzt, was ich in den letzten eineinhalb Jahren verpasst habe.

Klar, war es entspannt um 8.29 aufzuwachen und nur schnell das Meeting für die Vorlesung um 8:30 zu starten. Klar, habe ich echt viel Zeit gespart, weil ich mein Mittagessen einfach immer auf die Zeit meines Seminars um 14:00 gelegt habe. Und noch viel mehr Zeit habe ich mir gespart, indem ich die Lektüren einfach nie gelesen habe, denn: Kamera aus, Mikrofon aus, und schon musste ich mich nicht mehr an der Diskussion beteiligen.

Die Realisierung: Online-Uni hat mir den Spaß am Studieren genommen

All diese kleinen Vorteile haben aber auch dazu geführt, dass ich nichts mehr gelernt habe. Und viel schlimmer noch: Die Uni hat mir auch keinen Spaß mehr gemacht. Erst jetzt merke ich wieder, warum ich eigentlich studiere: Ich trete in Kontakt mit anderen Studierenden und in einem analogen Klassenraum entstehen auch echte Diskussionen – an denen ich teilnehmen kann, weil mich eine  vor mir stehende Lehrperson auch dazu bringt, mich auf die Stunden zumindest minimal vorzubereiten. Ich wünsche mir zwar morgens um halb 8 immer noch, ich könnte einfach liegen bleiben. Aber – wer hätte es gedacht – im Vorlesungssaal passe ich einfach besser auf und muss mir nicht vor den Klausuren alles von null selbst beibringen.

Neue Freundschaften finde ich leichter in echt

Das beste an der ganzen Sache ist aber mit Sicherheit eines: Ich finde wieder neue Freund*innen unter meinen Mit-Studierenden. In den gesamten drei Online-Semestern habe ich über die Uni keine einzige neue Freundschaft geschlossen. Und jetzt bereits in den ersten Wochen mehrere. Die Möglichkeit einfach so mit den anderen sprechen zu können wirkt Wunder – und dieser soziale Aspekt hat mir an der Online-Uni am meisten gefehlt.