Wissenschaftler am Center for Global Studies der Uni Bonn untersuchen mit dem Bonn Power Shift Monitor die Veränderung des Machtpotentials von Staaten.
Verlieren die USA ihre Rolle als führende Weltmacht? Wird China von Jahr zu Jahr mächtiger? Und wie groß ist der aktuelle und zukünftige Einfluss von aufstrebenden Schwellenländern wie beispielsweise Indien oder Brasilien? Die politikwissenschaftliche Bonner Forschungseinrichtung Center for Global Studies beschäftigt sich seit Jahren mit solchen und anderen Fragen rund um globale Mächteverhältnisse. Nun entwickelte das Institut eine Methode, mit der das Machtpotential von Staaten als Zahlenwert erfassbar gemacht wird.
Nicht nur ein starkes Militär ist ein Zeichen von Macht
Der sogenannte Bonn Power Shift Monitor (BPSM) versteht unter Macht die Kapazitäten eines Staates gemessen an seinen globalen Ressourcenanteilen. Diese Machtressourcen werden festgemacht an acht Indikatoren, die die Wissenschaftler des Center für Global Studies als zentrale Anzeiger für Macht sehen. Darunter beispielsweise die Wirtschaftsleistung, Militärausgaben, Exporte von Waren und Dienstleistungen, aber auch die Anzahl von Topuniversitäten und wissenschaftlichen Publikationen. So wird für jeden untersuchten Staat ein Wert, der
Power Score, errechnet, der die Staaten vergleichbar macht – sowohl mit anderen Staaten, als auch im zeitlichen Verlauf.
Weltmacht China?
Die Wissenschaftler rund um Projektleiterin Christiane Suchanek haben so die 19 Staaten der G20 zwischen 2005 und 2015 analysiert und arbeiten daran, sowohl weitere Staaten zu untersuchen als auch die Zeitspanne zu erweitern. Im Interview mit bonnFM erläutert Christiane Suchanek einige Erkenntnisse. So bestätigt sie beispielsweise die Tendenz, dass China in den nächsten Jahren einen gleichen Power Score wie die USA erreichen wird. Nichtsdestotrotz werde die USA aber durch die historisch gewachsene Nähe der westlichen Staaten auch in Zukunft noch die größere Strahlkraft nach Deutschland haben. Außerdem weist sie darauf hin, dass die Veränderungen im globalen Machtvergleich nicht bedeuten, dass die Staaten an absoluter Macht verloren haben. Macht ist also kein Nullsummenspiel, so Suchanek.
Namenhafte Gäste bei Vorstellung des Monitors
In der letzten Woche wurde der Bonn Power Shift Monitor im Uniforum offiziell vorgestellt. Anschließend diskutierten prominente Köpfe unter dem Titel Globale Machtverschiebungen im Zeitalter der Globalisierung die Ergebnisse des Machtverschiebungsmonitors. Darunter der Leiter des Center for Global Studies Professor Dr. Xuewu Gu. Dieser wies im Laufe der
Diskussion darauf hin, dass die Machtmittel eines Staates nicht gleichbedeutend mit der Durchsetzungsfähigkeit seiner Interessen seien. Die Machtressourcen müssten erst noch in politische Macht übersetzt werden. Der Bonner Soziologieprofessor Dr. Jörg Blasius spricht hierzu an, dass beispielsweise Uneinigkeit, wie sie momentan innerhalb der EU herrscht, die Durchsetzungsfähigkeit trotz aller vorhandenen Machtressourcen eindämme. Neben der EU und den USA kreiste die Diskussion um die Rolle Chinas für die globale Politik. Der SPD-Politiker und Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Mützenich berichtete aus der Praxis, dass eine Machtverschiebung in Richtung Chinas an einem hohen chinesischen Selbstbewusstsein und starkem Auftreten in Verhandlungen wahrzunehmen sei. Die Schlussworte kamen hierzu vom ehemaligen CDU-Bundesminister und auch Alumni der Uni Bonn, Dr. Norbert Röttgen, der vom zukünftigen China als Partner, Wettbewerber und Gegner der Europäer sprach. In der Kombination dieser drei Beziehungen liege die Herausforderung, so Röttgen.