Am Donnerstag wurde im großen Rahmen die Nachricht verkündet: Sechs von sieben Exzellenzclustern der Uni Bonn werden gefördert. Damit ist die Uni Bonn Spitzenreiter. Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch und Prorektor Prof. Dr. rer. nat. Andreas Zimmer haben mit uns über die Exzellenzstrategie gesprochen: Inwieweit die Studierenden etwas davon haben und wie es jetzt in Richtung Exzellenzuni weiter geht.
bonnFM: Wie fühlen Sie sich nach diesem Ergebnis?
Hoch: Ich habe Schwierigkeiten gehabt, heute Morgen aufzustehen, weil wir bis spät nachts gefeiert haben. Wir fühlen uns immer noch wie auf einer Wolke.
bonnFM: Nun fällt bestimmt eine Menge Druck ab, oder? Wie war der Moment der Bekanntgabe, als Sie gelesen haben, dass sechs Cluster die Förderung erhalten?
Hoch: Wir saßen im Hörsaal sieben im neuen Hörsaalzentrum und ich weiß nicht, ob Sie es gesehen haben, aber es war auch das Fernsehen da und es wurden Bilder in der Tagesschau gezeigt. Andreas Zimmer und ich sind aufgesprungen und haben uns umarmt. Um ehrlich zu sein hatte man irgendwo auch ein Tränchen in den Augen. Weil die Anspannung so groß war, gab es viel Emotionalität bei allen, die im Raum waren.
Der Erwartungsdruck war groß
bonnFM: Der General-Anzeiger hat letzte Woche auch berichtet, dass die Chancen recht gut stehen und dass viele mögliche Förderungen anstehen. Sie waren da noch etwas zurückhaltender, etwas bedächtiger – stimmt das?
Hoch: Ja das ist natürlich so, dass jetzt nicht nur bei uns die Anspannung groß ist, sondern alle Universitäten waren da im Wettbewerb. Viele hatten diese Anspannung auch deshalb, weil sie nur wenige Cluster im Rennen hatten. Man braucht zwei Cluster, um die nächste Stufe, den Antrag zur Exzellenzuni, erklimmen zu können. Es waren eine Reihe an Universitäten, die nur zwei oder drei Cluster im Rennen hatten. Und wir hatten sieben. Ich denke, dass Bescheidenheit da schon richtig ist. Man weiß auch nie, wie die Dinge sich entwickeln, deswegen haben wir uns da doch defensiv verhalten.
bonnFM: Jetzt wo die sechs Förderungen anstehen, steigt da der Druck auf die Uni, die hohen Erwartungen dann auch in die Tat umzusetzen?
Zimmer: Also der Erwartungsdruck ist natürlich hoch. Aber wir sind ja mit sieben Antragsskizzen ins Rennen gegangen und da gab es eigentlich schon enorm hohen Druck auf die Universität. Wir waren in der Antragsphase eigentlich bis dahin die erfolgreichste Universität in Deutschland und wenn man mit so viel Vorschuss startet, dann ist die Gefahr auch immer ganz groß, dass man nachher nicht das liefert, was jeder von einem erwartet. Jetzt ist es eigentlich entspannt, wir haben jetzt die Cluster. Und wir haben die Cluster auch, weil wir ganz hervorragende Wissenschaftler haben und die müssen jetzt das tun, was sie immer tun: das Ganze umsetzen.
Mehr Ressourcen und Aufmerksamkeit
bonnFM: Welche Vorteile haben die Studierenden von den Exzellenzförderungen?
Zimmer: Ganz viele. Wir haben und werden eine Reihe von neuen Studiengängen einrichten, was unmittelbar sichtbar wird. Wir werden aber auch die ganze Universität in ihrer Breite verstärken. Wenn Sie in die USA schauen, sehen Sie, dass die beliebtesten Universitäten Harvard, Prinston, Yale und so weiter sind, was alles Universitäten sind, die in der Forschung einfach top sind. Und wir sind auf dem Weg dorthin.
Hoch: Ich finde eben auch wichtig, nochmal in Betrachtung zu ziehen, dass die Universität diesen Schritt zur Exzellenzuniversität auch machen würde. Dann wird es für uns auch leichter Bauprojekte und andere Dinge umzusetzen. Man hat so mehr Ressourcen und mehr Aufmerksamkeit. Davon haben dann alle was. Diese Situation muss sich in den nächsten Jahren auch ändern. Das kann man natürlich kurzfristig nicht machen, aber wir müssen diese Sachen jetzt auf den Weg für die nächsten Generationen bringen. Deswegen wäre es toll, wenn wir auch den nächsten Schritt erfolgreich absolvieren würden.
Zimmer: Wir möchten uns auch in die Richtung einer Campusuniversität entwickeln und ich glaube, dieser Schritt wird nochmal einfacher, da wir jetzt in so einer Situation sind.
„Wir wollen ganz konkret mit den Studierenden überlegen, wie man eben auch Projekte, die den Studierenden wichtig sind, nach vorne bringen kann.“
bonnFM: Ich zitiere nochmal aus dem Artikel des General Anzeiger. Dort stand, dass Kritiker befürchten, dass die Breite des akademischen Angebots etwas zurückgeht, also das Gegenteil von dem was Herr Prof. Dr. Zimmer gerade gesagt hat und, dass viele die Vorteile für Studierende bezweifeln. Was sagen Sie dazu?
Hoch: Ich denke, dass diese Zweifel bestehen. Aber wir sind auch angetreten, um die Universität in der Breite zu vertreten. Die Cluster selber sind Elemente dieser so genannten Profilbereiche, die wir gemeinsam neu aufgestellt haben für die Zukunft. Diese Profilbereiche sind interdisziplinäre Räume, in denen fakultätsübergreifend gearbeitet werden kann, um die Fächer links und rechts von den Clustern auch zu entwickeln. Dazu gibt es auch Mittel von der deutschen Forschungsgemeinschaft, die so genannte Universitätspauschale, und wir möchten eben genau in die Breite investieren und zwar deswegen, weil wir denken, dass aus der Breite heraus immer neue Dinge entstehen können. Trotzdem sind die Cluster Schrittmacher. Das heißt, man muss beides tun. Ich verstehe auch die Kritik der Studierenden, die nicht unmittelbar sehen können, was sich daraus ergibt, aber genau das versuchen wir jetzt auch voranzubringen. Wir wollen ganz konkret mit den Studierenden überlegen, wie man eben auch Projekte, die den Studierenden wichtig sind, nach vorne bringen kann. Wir freuen uns, die Dinge gemeinsam nach vorne zu bringen.
bonnFM: Alle Fakultäten haben eine Förderung erhalten. Es fällt dennoch auf, dass vor allem naturwissenschaftliche und ökonomische Fächer etwas im Vordergrund stehen. Geraten die Geisteswissenschaften etwas in den Hintergrund?
Zimmer: Also wir haben hier in Bonn einen der relativ seltenen geisteswissenschaftlichen Cluster. Es ist wahrscheinlich richtig, dass die meisten Förderungen in Richtung der Naturwissenschaften und der Ingenieurswissenschaften gehen. Umso toller ist es für uns, dass wir jetzt auch an der Philosophischen Fakultät diesen Erfolg haben. Man muss auch wissen, dass eine Eigenheit von diesem Cluster ist, dass es kleine Fächer repräsentiert. Es sind Fächer, die häufig keine großen Studentenzahlen haben, wie Altamerikanistik, Sinologie, Slawistik, Keltologie und so weiter. Die Fächer haben aber enorm hohes Potenzial und bieten transkulturelle Vergleiche und viele Dinge mehr. Diese Fächer sind hier zum Zuge gekommen und das zeigt auch, dass es Exzellenz nicht nur in den Naturwissenschaften und Ingenieurswissenschaften gibt, sondern auch in den Geisteswissenschaften wirklich exzellente Forschung gemacht wird.
Nächster Schritt: Exzellenzuniversität
bonnFM: Jetzt steht an, dass Sie sich als Exzellenz-Uni bewerben können – Was genau bedeutet es denn, eine Exzellenz-Uni zu sein?
Hoch: Zunächst mal ist das ein Antragsverfahren. Diese Exzellenzstrategie wird in zwei Schritten abgearbeitet. Den ersten haben wir jetzt hinter uns, also Clusterbewerbungen. Der nächste Schritt ist der Antrag zur Exzellenzuniversität, der ist nur möglich mit zwei erfolgreichen Clustern – wir haben jetzt sechs. Damit haben wir diese Hürde geschafft. Jetzt wird es darum gehen, eine Zukunftskonzeption zu entwickeln und wir machen das gemeinsam mit den Dekanen. Wir werden jetzt in einer oder zwei Wochen durch alle Fakultäten gehen. Wir haben dort Sondersitzungen anberaumt und wir werden dann über die Zukunftskonzeption sprechen und das muss dann in einen Antrag gegossen werden, mit dem wir dann am 10. Dezember, da ist Abgabefrist, ins Rennen gehen. Die internationalen Begutachtungen werden dann im Frühjahr nächsten Jahres stattfinden und dann wird man wieder warten müssen. Ich glaube bis Juli, wo dann die Entscheidung endgültig fällt. Wir haben jetzt 19 Universitäten, die mit uns im Wettbewerb stehen. Alle, außer Bremen, sind auch in diesem 19er Pool, also diejenigen, die jetzt Exzellenzuni sind. Dann müssen wir uns im Wettbewerb mit den 18 anderen auch bewähren. Das können wir nur machen, wenn alle zusammen helfen. Das ist ein ganz großer Erfolg gestern gewesen, den wir gemeinsam errungen haben.
„Das ist wirklich ein Erfolg der gesamten Universität“
Zimmer: Man muss wirklich sagen: wenn man ein oder zwei Cluster bekommt, dann kann das manchmal eine Leistung von wenigen Leuten sein, aber wenn man mit so vielen Clustern erfolgreich war, dann hat alles gestimmt. Alle in der Universität haben beste Leistung abgegeben. Es sind nicht nur die Wissenschaftler, die betroffen sind. Das sind die Mitarbeiter. Ich hatte in der letzten Zeit wenig Zeit und viele Leute sind dafür eingesprungen, haben Aufgaben übernommen. Aber auch, wenn ich daran denke, wie viele Sekretärinnen z.B. in der Universität versucht haben Termine zu finden für viele Leute, die eigentlich keine Zeit haben. Wir haben hekto-literweise Kaffee getrunken – einfach um produktiv zu sein. Wenn ich sehe, was unsere Druckerei geleistet hat. In kürzester Zeit diese Vielzahl von Anträgen. Da haben wirklich Mitarbeiter überall in der Universität ihr Bestes gegeben. Es wäre nicht möglich gewesen diesen Erfolg einzufahren, wenn wir diese Mitarbeiter nicht hätten. Das ist wirklich ein Erfolg der gesamten Universität. Und dafür müssen wir wirklich allen Leuten herzlich danken.
Hoch: Ja, herzlichen Dank.
bonnFM: Das schließt auf eine gute Zusammenarbeit. Wenn die Uni jetzt Exzellenzuni werden sollte, für mich als StudentIn – welche Auswirkungen hat das, dass ich an einer Uni studiere, die Exzellenzuni ist.
Hoch: Zunächst Mal ist es ja so, dass man stolz darauf sein kann, dass man sagt „ich studiere an einer Exzellenzuni“, das spielt eine Rolle. Ich beobachte das natürlich selber bei den Studierenden, dass die heute ganz anders auswählen. Die gucken, wenn sie ein bestimmtes Fach interessiert: „Wo in Deutschland kann ich das studieren?“ und dann ist eine Exzellenzuni, auch weil sie eine attraktive Umgebung bietet, vielleicht interessanter als eine andere Uni. Und diese attraktive Umgebung wird so geboten. Wir haben eben die Möglichkeit, Spitzenforscher hierher zu holen. Denken Sie an den Mathematiker Peter Scholze. Das ist ein absolutes Privileg mit dem arbeiten zu können, seine Vorlesungen zu hören, auch wenn man vielleicht erstmal in die Mathematik reinkommen muss. Solchen Menschen zu begegnen und von denen zu erspüren, warum sie dieses Fach ausgewählt haben, wie die ticken, wie dieser Enthusiasmus für die Fragestellung rüberkommt – ich glaube das macht die Universität auch aus. Und wir brauchen eben solche Spitzenleute, damit wir eben auch die Studierenden anregen können in ihrem eigenen Lebensweg. Man braucht diese Begegnung um zu entscheiden: mache ich das oder mache ich was anderes? Ich denke, diese Möglichkeiten haben wir jetzt auch, unsere Spitzenforschung weiter voran zu treiben. Das bedeutet nicht, dass wir dort nur die Forschung in den Vordergrund stellen. Wir haben zum ersten Mal jetzt auch den Tag der Lehre gemacht, wo wir alle eingeladen haben, die Studierenden aber auch den Mittelbau, sodass man dann auch mal über die Lehre der Zukunft nachdenkt – das haben wir schon vor einem halben Jahr gemacht. Das Leitbild Lehre wird jetzt auch entwickelt, das heißt wir arbeiten parallel an Forschung und Lehre und wir möchten da wirklich in die Zukunft gehen.
bonnFM: Werden Sie dieses Wochenende noch ein bisschen feiern und den Erfolg genießen?
Hoch: Ja. Wir müssen den Erfolg aber auch nochmal ein wenig konkreter feiern, wenn man ein bisschen von dieser Wolke, die ich eingangs erwähnte, runterkommt. Wir bekommen ganz viele Glückwünsche aus der ganzen Stadt. Wir werden das nochmal richtig ausführlich feiern, aber irgendwo ist es auch so, dass am Montag die Arbeit weitergeht. Das wird bei Ihnen bestimmt auch so sein, wenn die nächste Klausur vor der Tür steht.