Fatoni hat im Juni sein Album „Andorra“ released und damit einen neuen Meilenstein in seiner Karriere erreicht. Vor seinem Konzert auf dem Splash!, konnten wir mit ihm über Selbstbewusstsein, Charts und seine ambivalente Einstellung zu HipHop reden.
Lesezeit: 5 Minuten
Anton aka Fatoni hätte nicht damit gerechnet, dass sein Album in dieser Weise aufgenommen wird. Seit dem Release sprechen ihn alle auf „Psychothemen“ wie Burnouts oder Panikattacken an. Er selbst lacht über seine Naivität, denn Burnout ist immerhin das siebzehnte Wort, das auf seinem Album fällt. Er berichtet über die Rezeption des Songs „Ich glaub mit mir stimmt was nicht“ im Podcast Deine Homegirls: „Beide Damen haben bei dem Song danach erzählt […] sie würden sich teilweise ernste Sorgen machen um mich“. In diesem Lied geht es um die eigenen, teils unerklärlichen Verhaltensweisen und eben auch um eine Panikattacke. Diese Panikattacke war allerdings nur ein Einzelfall und aus der stressigen Phase von damals ist Fatoni mittlerweile heraus. Trotzdem scheint er noch nicht ganz den richtigen Weg gefunden zu haben, um sich zu entspannen. „Das muss man wahrscheinlich lernen, ich krieg es noch nicht so gut hin“. Selbstverständlich bedeutet erfolgreich sein auch hart dafür zu arbeiten, man muss aber die richtige Balance finden.
Während Künstlerkollegen auf seinen Burnout-Song mit schallendem Lachen reagieren, sind andere Zuhörende eher betroffen. Um ein Haar wäre der Track gar nicht auf dem Album gelandet. „Ganz klassisches Beispiel für Zweifeln: Ich wollte ihn nie jemandem zeigen […] und gerade meine ganzen Künstlerfreunde meinten Das ist der beste Song“. Ähnlich verhielt es sich auch mit zwei experimentellen Liedern auf Andorra: Der eine hat die Audioqualität einer Handyaufnahme und der andere geht soundtechnisch fast in Richtung Punk-Rock. Die anfänglichen Zweifel haben ihm Leute in seinem Umfeld zum Glück ausgeredet und nun hat er auch seine Liebe fürs traditionelle Songwriting entdeckt. „Ich hab gelernt: Wenn ich nicht nur Rap-Texte und Refrains auf Beats schreiben kann, sondern wirklich als Songwriter einen Song von Null auf schreiben – das find ich schon ganz geil“. In Zukunft wird er also womöglich öfter in die Instrumental-Kiste greifen, ein ganzes Album in dem Stil wird es aber wohl nicht geben.
„I'm the Greatest...but I don't know, I'm not really sure“ - The Notorious B.I.G.
In seinen Texten gibt sich Fatoni selbstironisch und nahbar, was für viele in der HipHop – Branche ein No-Go wäre. Während sich andere Künstler*innen mit einer „Ich bin der Geilste“-Attitüde auf die Bühne stellen, bleibt er meistens reflektiert. „Wenn ich das sagen würde, dann würde ich währenddessen schon wieder darüber lachen.“, gibt er zu. Selbstzweifel stehen einem zwar oft im Weg, aber einige Menschen (vor allem Rapper) könnten auch eine Prise mehr davon vertragen. Anton lebt nach dem Motto fake it till you make it. „Unsicher sein […] kommt einfach nicht geil.“, vor allem auf der Bühne. Aber Fatoni bewundert auch die Menschen, die Texte schreiben können, die von der breiten Masse einfacher konsumiert werden können. Das sei auch eine Kunst, die er selbst nicht beherrsche, an der er sich selbst aber noch nie versucht habe. So nennt er als künstlerisches Beispiel UFO361, der von Boombap zu Trap wechselte, während seine Songs sowohl simpler, als auch erfolgreicher wurden.
Allerdings möchte der Rapper auch nicht so wirken, als würde er sich über die anderen HipHop Artists stellen. „Ich bin halt der Rapper der zu Deutschlandfunk geht, wo dann der Moderator sagt ‚Rap, das ist ja alles so dumm aber HIER ist einer, der schreibt gute Texte’“. Fatonis Haltung ist ambivalent: Auf der einen Seite stehen seine Wurzeln zu HipHop und seine Sozialisation, auf der anderen Seite ist er auch genervt von dem oberflächlichen Trap-Movement, das die Szene momentan dominiert. Auf seinem Album rappt er „schmeiß du dich ruhig schützend vor HipHop aber erwarte nicht, dass ich da mitmach“. Allerdings verspürt er bei seinem Deutschlandfunk-Auftritt wieder das Verlangen genau das zu tun, wenn jemand HipHop als Ganzes abfällig behandelt.
Platz 9 in den Charts – Was bedeutet das eigentlich?
Andorra landete auf Platz 9 in den Charts und sogar auf Platz 4 der Vinyl-Charts. Doch die Bedeutung von Tonträgern sinkt und jedes Quartal werden weniger CDs verkauft. „Niemand kennt die Zahlen, außer Leute vom Label. […] Ich könnte jetzt jemanden fragen, das ist glaube ich nicht illegal […] aber das sind halt branchengeheime Zahlen.“ Wie viele Platten er tatsächlich verkauft hat, weiß er also selbst nicht. Was die Schallplatten angeht: Er schätzt, dass diese sich weniger Leute gekauft haben, als heute vor seiner Bühne stehen werden. Das Musikgeschäft sei nicht mehr wie damals, als zigarrerauchende Manager in aufgeknöpften Hemden noch sagten „Ich mache jetzt einen Star aus dir!“. Bei Fatoni wäre diese Methode auch zum scheitern verurteilt, da ihn seine treue Fanbase für genau das feiert, was er halt macht. Wenn er nun einem anderen Prinzip folgte, dann würden sich die über Jahre angespielten Fans wahrscheinlich verabschieden.
Doch auch für Songs, die seinem Stil entsprechen, gibt es manchmal noch Kritik. Die Vorstellung mancher Leute, ein ähnlich klingender Track auf dem neuen Album wäre automatisch der Versuch, einen alten Hit zu replizieren, sei falsch. Fatoni umgibt sich nicht mit Menschen, die versuchen seine Musik erfolgreicher zu machen als sie schon ist und das ist auch gut so. Die Hit-Formel gibt es bei ihm nicht, oft nicht mal ein Konzept. „Manchmal schreib ich auch einfach drauf los und dann wird es ein Song“, sagt er. Fatoni ist laut eigener Aussage nicht sehr analytisch und verfolgt keinen großen Plan mit seinen Songs. Das Wichtigste ist immernoch die Authentizität, ein Thema zu dem passenderweise auch einen gleichnamiger Song von ihm existiert.
Fazitoni
Es wirkt wie das Ideal eines jeden Künstlers: Den eigenen Stil finden, die Texte nach Gefühl schreiben, Tipps und Feedback von Kollegen und Freunden einholen und letztendlich mit dem Album charten und in ganz Deutschland Konzerte spielen. Fatoni ist ein bodenständiger, humorvoller Typ, mit dem man sich trotz seines Erfolges noch identifizieren kann. Stress und Selbstzweifel gehören dazu, genauso wie eine hin und wieder geteilte Einstellung zum eigenen Musikgenre. Aber das alles gewinnt nicht die Oberhand, solange man so viel Spaß an der Musik hat wie er.
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