Als Teil des gescheiterten Dark Universe landet Wolf Man nun als eigenständiges Horrormärchen auf der Leinwand. Mit Ryan Gosling als Ideengeber und einer soliden Atmosphäre verspricht der Film Spannung – bleibt aber hinter seinem Potenzial zurück.
Universal Pictures plante 2017 mit dem Dark Universe ein zusammenhängendes Filmuniversum, wie wir es beispielsweise von Marvel kennen, in dem ikonische Monster wie Dracula, Frankensteins Monster oder die Mumie moderne Neuinterpretationen erhalten und miteinander verknüpft werden sollten. Große Stars wie Johnny Depp, Tom Cruise und Russell Crowe waren bereits für zentrale Rollen eingeplant, doch der Flop von Die Mumie brachte das Projekt zum Scheitern, bevor es überhaupt angefangen hat. Eine Neuverfilmung des Wolfsmenschen gehörte ebenfalls zu den Plänen. 2020 entschied man sich dann, eigenständige Filme über die klassischen Monster zu drehen, woraufhin sich Ryan Gosling bei den Studios mit einer Idee zum Wolfsmenschen meldete. In Wolf Man fungierte Gosling nun als ausführender Produzent.
Die Story
Blake’s (Christopher Abbott) Ehe steht vor einer Zerreißprobe. Während seine erfolgreiche Frau Charlotte (Julia Garner) beruflich eingespannt ist, kümmert er sich zunehmend allein um die gemeinsame Tochter. Um die Familie wieder näher zusammenzubringen, überredet Blake Charlotte zu einem gemeinsamen Trip nach Oregon, wo er das frisch geerbte Elternhaus seines Vaters entrümpeln will. Doch in der ländlichen Idylle lauert eine Gestalt, die die Familie in der Nacht angreift. Nach seiner Infektion beginnt Blake sich zu verwandeln, und Charlotte muss entscheiden, wo die größere Gefahr liegt – bei dem Monster im Wald oder bei ihrem eigenen Wolf Man.
Was Wolf Man kann – und was nicht
Im Fokus des Films steht die Verwandlung und wie sich eine solche Krankheit auf die direkte Umgebung auswirkt. Wir sehen, wie Blake’s Körper Stück für Stück die Menschlichkeit verliert und immer mehr zu einer Bestie wird. Leider nimmt sich der Film dafür viel zu wenig Zeit. Die Entwicklung, die man gern ausführlicher verfolgt hätte, dauert im Film nicht länger als 30 Minuten. Stattdessen wird fast die Hälfte der Laufzeit der Exposition gewidmet. In dieser lernen wir zwar die Familie kennen, aber die Charaktere bleiben flach und bedienen sich an gängigen Klischees. Auch die Dialoge sind schwammig und meist irrelevant, sodass man keine emotionale Bindung mit irgendeiner Figur aufbauen kann. Trotz alledem habe ich mich nicht gelangweilt. Gerade wenn wir als Zuschauende die Perspektive von Blake während seiner Verwandlung einnehmen, bewahrt das auditiv immersive Sound Design die Spannung. Generell waren die Sequenzen, in denen wir aus wechselnder Perspektive – entweder aus der von Blake oder Charlottes – die Verwandlung erlebt haben, gut gemacht. Die Schärfungen der unterschiedlichen Sinne wurden kreativ dargestellt, auch wenn sie in der Theorie um Längen besser funktionieren, als später auf der Leinwand. Gerade die Sicht des Wolf Mans hätte großes Potential gehabt, kam aber auch zu kurz. Auch in seiner Genrebeschreibung lässt Wolf Man viel Potenzial liegen. Es wird zwar vereinzelt mit Body Horror gespielt, doch wirklich erwähnenswert ist dies nicht. Ansonsten beschränken sich die Schockmomente auf einfache Jumpscares und laute Geräusche. Und auch das Design vom Wolf Man ist nicht gerade ein Hingucker.
Fazit
Wolf Man ist kein wirklich schlechter Film, er ist nur auch nicht gut – er ist einfach okay. Er hat ein paar interessante Momente und kann die Spannung auch weitestgehend aufrechterhalten, man verpasst aber nichts, wenn man sich den Film nicht anschaut. Sollte man aber mal mit Freund*innen zusammensitzen und einfach irgendwas gucken wollen, dann ist Wolf Man keine schlechte Wahl. Wer jedoch einen Film schauen möchte, der die Verwandlung in ein Monster und die damit zusammenhängenden Konflikte innerhalb einer Familie besser thematisiert, dem empfehle ich den 2023 erschienenen französischen Film Le Règne Animal.