Zurzeit sind sie eine der gehyptesten deutschen Bands: AnnenMayKantereit. Am 18. März kam ihr Album „Alles Nix Konkretes“ raus. Auch wenn die meisten Songs darauf nicht neu sind – das Album gehört wohl zu einem der meist erwarteten Alben deutscher Bands.
Die Band gibt es immerhin schon seit 2011. Angefangen haben AnnenMayKantereit als Straßenmusiker. Später kam die Idee, eine richtige Band zu gründen und eigene Konzerte zu spielen. Erst jetzt kam das Album – ein doch eher ungewöhnlicher Weg, zumal der Hype um die Band schon lange vor dem Album angefangen hatte. Mit „Alles Nix Konkretes“ liefern AnnenMayKantereit ein vielseitiges Album, das sich nicht wirklich auf ein Genre festlegen lässt. Es ist ein Mix aus Indie, Singer/Songwriter, Straßenmusik und Alternative Rock, teilweise mit leichten Jazz- und Blueseinflüssen.
Ehrliche und persönliche Texte
Die Stärke des Albums liegt aber im Inhalt. Manche würden die Texte als zu belanglos beschreiben, aber AnnenMayKantereit wollen auch nicht die Welt verbessern, es sind die alltäglichen Situationen und Probleme, über die sie singen. Situationen, die grade Teenager oder junge Erwachsene erleben – Liebeskummer, der erste Auszug, verlorene Freundschaften. Es sind ehrliche und sehr persönliche Worte, die von Sänger Henning May kommen. Seine Stimme ist auch gleichzeitig das Markenzeichen der Band: Kratzig und Rau, aber doch sehr angenehm – vor allem passt Henning May’s Stimme aber perfekt zu dem insgesamt eher melancholischen Album. Sie lässt den Schmerz in den Songs deutlich spürbar werden.
Zu den stärksten Songs gehört zum Beispiel „Oft gefragt“. Es geht um die Beziehung zu seinen Eltern und um Fehler in der Vergangenheit. Henning May hat den Song für seinen Vater geschrieben. Es ist wohl einer der emotionalsten Songs, mit dem sich viele identifizieren können. Aber auch andere Songs wie „3. Stock“ sind textlich sehr stark. Es geht um Fernbeziehung, Sehnsucht und Vermissen. Begleitet wird der Song lediglich durch Klavier und leichte Percussions, was die melancholische Atmosphäre untermalt.
Die Musik hätte mehr Potenzial
Auch wenn das Album eher melancholisch ist, AnnenMayKantereit präsentieren dennoch unterschiedliche Facetten. Auf dem Album gibt es ruhigere Songs wie „Barfuß am Klavier“, aber auch rockigere Songs wie „21, 22, 23“, die durchaus tanzbar sind und zum Abgehen verleiten. Schade ist allerdings, dass das musikalische Niveau nicht ganz mit dem Inhaltlichen Niveau mithalten kann, die Musik hätte nämlich eindeutig mehr Potenzial. Das Trompetensolo in „Bitte Bleib“ klingt beispielsweise eher nach einem traurigen Improvisationsversuch als nach einem souveränen Solo. Auch die Schlagzeugparts sind in vielen Songs eher simpel. Der Preis für den musikalisch schlechtesten Song geht aber an „Neues Zimmer“. Der Song wird anfangs nur durch einen einzigen Ton begleitet – ziemlich einschläfernd und einfallslos. Das verleitet beim Hören des Albums schnell zum skippen. Schade für einen Song, der Inhaltlich eigentlich sehr gut ist. Aber vielleicht liegt diese simple Musik einfach in der Mentalität und Vergangenheit als Straßenmusiker. Was die Band aber hat, ist die Stimme von Henning May. Die außergewöhnliche Stimme und die ehrlichen Texte gleichen schnell alles andere wieder aus.