Am 8. war Bodo Wartke mit seinem aktuellsten Klavierkabarettprogramm „Was, wenn doch?“ zu Gast in der Bonner Beethovenhalle. Wortgewandt und virtuos hat er das Publikum in seinem Bann geschlagen, zum Lachen gebracht und sich gleichzeitig aber auch von einer sehr nachdenklichen Seite gezeigt. Wir haben im Vorfeld mit ihm über das Programm und sein 20-jähriges Bühnenjubiläum gesprochen.
„Ich habe mein Wohnzimmer mitgebracht“ – mit diesen Worten deutet Bodo Wartke auf das Klavier und die Möbelstücke, die auf der Bühne stehen. Am liebsten spiele er nun mal in seinem Wohnzimmer, aber da würde es mit den fast 2000 Leuten, die ihren Weg in die Bonner Beethovenhalle gefunden haben, wohl doch ein bisschen eng werden. Eine angenehme Atmosphäre erzeugt Bodo Wartke aber trotzdem – und das liegt nicht nur an den mitgebrachten Wohnzimmermöbeln, sondern an den eingängigen Melodien und seiner charmanten Art, durch den Abend zu führen.
Liebe, Alltägliches und Gesellschaftskritik
In seinen Liedern thematisiert er häufig das komplizierte Zusammenleben der beiden Geschlechter oder greift humorvoll ganz alltägliche Situationen auf, in denen sich das Publikum wiedererkennt. Häufiger als in bisherigen Programmen wirft er jedoch auch Fragen auf und bezieht gesellschaftskritisch Stellung – und das gefällt dem Publikum. „Nicht in meinem Namen“ beispielsweise ist ein Song über den wachsenden religiösen Extremismus und dafür erntet Bodo Wartke zunächst angespanntes Schweigen und dann tosenden Applaus.
Bei all der Nachdenklichkeit kommt aber auch der Spaß nicht zu kurz. Die Pointen sind passend gesetzt und lockern das Programm auf. Außerdem nutzt Bodo Wartke den Abend, um immer mal wieder aus dem Nähkästchen zu plaudern. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie erzählt er von seinen Erfahrung und vor allem auch seinen Anfängen als Künstler, wobei er unter anderem erwähnt, dass er zwar studiert, aber letztendlich zwei Studiengänge erfolgreich abgebrochen hat.
Ein mutiger Schritt, der sich für Bodo Wartke aber auf jeden Fall ausgezahlt hat: In diesem Jahr feiert der Musikkabarettist nämlich sein 20-jähriges Bühnenjubiläum. Wir haben uns vor dem Konzert mit ihm über die vergangenen 20 Jahre unterhalten.
bonnFM: 20 Jahre auf der Bühne – das ist eine lange Zeit. Was hat sich im Vergleich zu den Anfangszeiten verändert?
Bodo Wartke: Mein Repertoire ist natürlich wesentlich größer geworden. Wobei ich immer noch Lieder singe, die es damals auch schon gab. Also das beste Beispiel ist sicherlich mein Lied „Quand même je t’aime“ – das hab ich zu Abi-Zeiten geschrieben und damals mit einer Mitschülerin im Duett dargeboten. Seit geraumer Zeit trete ich damit nun schon zusammen mit meiner langjährigen Duett- und Bühnenpartnerin Melanie Haupt auf. Und das ist ein Lied, das sich im Grunde nicht verändert hat, seit ich es mit 18 geschrieben habe. Ganz entzückend und rührend finde ich, dass Leute das an ihrer Schule aufführen, die genauso alt sind wie ich damals war.
bonnFM: Wenn du heute an dein erstes Konzert zurückdenkst, woran erinnerst du dich da besonders gern?
Bodo Wartke: Also besonders rührend fand ich, dass damals mein ganzer Abi-Jahrgang da war und die mitgesungen haben. Wir haben alle zusammen ein Lied gesungen, das ich aus Anlass meines Abiturs geschrieben hatte und das war echt schön. Zwei ehemalige Mitschüler und ich haben ein Lied zu dritt gesungen und auch dazu getanzt. Also ich bin immer noch erstaunt von der Spielfreude und dem Ideenreichtum, den ich damals schon hatte. Im Grunde dieser Enthusiasmus „Komm, wir machen das einfach!“, ohne darüber nachzudenken, ob das überhaupt geht. Es ging immer irgendwie und so ist es bis heute. Ich steppe zum Beispiel auf der Bühne, weil ich da Bock drauf hatte und erst im zweiten Schritt fiel mir auf: „Ich kann gar nicht steppen! Aber egal, ich mach es trotzdem.“ (lacht) Dadurch, dass ich so was dann nach dem Motto learning-by-doing mache, werd ich dann im Laufe der Zeit auch besser.
bonnFM: Du spielst ja meistens relativ viele Konzerte im Jahr. Hast du einen Überblick darüber, wie viele Konzerte du in 20 Jahren gespielt hast?
Bodo Wartke: Nein, das wäre tatsächlich mal interessant. Es hat mal jemand grob überschlagen und es müssen Tausende Konzerte sein. Ich geh davon aus, dass es in jedem Fall über 2000 Konzerte waren.
bonnFM: Mit deinem aktuellsten Klavierkabarett-Programm „Was, wenn doch“ trittst du vor fast 2000 Leuten in der Beethovenhalle auf, für das Jubiläumskonzert verschlägt es dich dann aber ins deutlich kleinere Haus der Springmaus. Was ist denn der Reiz dabei, das Ganze in kleinerem Rahmen zu veranstalten?
Bodo Wartke: Es entsteht eine ganz andere Atmosphäre. Vor einem kleinen Publikum ist es sehr intim und sehr familiär, das Publikum sitzt nah an der Bühne und man kann Zwiesprache mit den Leuten halten. Und für jemanden, der im Publikum sitzt, ist es natürlich was anderes, ob man sich mit dem Künstler auf der Bühne unterhält und 200 Leute zuhören oder ob da 2000 Leute zuhören. Dann wiederum werden natürlich die Emotionen verstärkt, wenn mehr Leute im Raum sind – sei es angespannte Stille oder ausgelassene Fröhlichkeit. Das klingt bei 2000 Leuten natürlich anders als wenn es „nur“ 200 sind. Wobei ich vor ein paar Tagen auch einen Auftritt vor 200 Leuten hatte und es sich angehört hat, als wären es 2000.
bonnFM: Worauf dürfen die Fans sich denn noch bei den Jubiläumsshows freuen?
Bodo Wartke: Also erst mal darauf, dass ich an Orte zurückkehre, die inzwischen zu klein, mir aber sehr ans Herz gewachsen sind und wo mich ja auch viele Leute kennengelernt haben. Das ist für mich ein großer Spaß und für das Publikum wahrscheinlich gleichermaßen. Außerdem auf die Gestaltbarkeit meines Programms, denn ich spiele ja quasi ein Wunschkonzert. Ich spiele in der ersten Hälfte Lieder, auf die ich Bock hab – also Lieder, die ich lange nicht gespielt hab und die ich gerne mal wieder spielen möchte. Da sind neben den Evergreens und Hits auch Raritäten dabei, also Lieder die ich sehr selten vor Publikum gespielt habe, weil sie beispielsweise zwischen zwei Programmen entstanden sind. Und in der zweiten Konzerthälfte kann sich das Publikum im Grunde aussuchen, was ich spiele. Die Leute können in der Pause Liedwünsche auf Zettel schreiben und die werden dann zu Beginn der zweiten Hälfte gezogen. Ich erfülle dem Publikum also jeden Wunsch.
bonnFM: Wünschen die Leute sich da immer die gleichen Lieder oder ist jeder Abend ein Unikat?
Bodo Wartke: Also bisher war jeder Abend komplett anders. Es gibt natürlich Hits und Favoriten, die oft gezogen werden, es waren aber auch schon Lieder dabei, wo ich dachte „Wow, da kennt sich jemand sehr gut aus in meinem Œuvre“. Manchmal wünschen sich die Leute auch einfach Lieder, die nicht von mir sind (lacht), die kann ich dann allerdings nicht so gut spielen. Mein eigenes Repertoire hab ich dann doch besser parat.
bonnFM: Nun ist es ja so, dass du nur selten im Fernsehen auftrittst, aber trotzdem in großen Hallen Konzerte gibst. Worauf ist denn deiner Meinung nach deine Bekanntheit zurückzuführen?
Bodo Wartke: Ich konnte es mir lange Zeit selber nicht erklären, aber ich habe eine Vermutung. Ich bin ja alles andere als ein Mainstream-Künstler und das Fernsehen hält mich größtenteils auch nicht für formatkompatibel. Und tatsächlich findet die Art Unterhaltung, die ich mache, im Fernsehen ja auch wenig bis gar nicht statt. Aber es zeigt sich, dass es ein großes Bedürfnis nach dieser Art Unterhaltung zu geben scheint – eben weil sie nicht im Fernsehen stattfindet. Und ich werde eben auf anderen Wegen bekannt. Ich glaube vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda und übers Internet. Das spricht sich wahrscheinlich unter den Leuten herum, die mit dieser Art Unterhaltung etwas anfangen können und das sind erstaunlich viele und erstaunlich unterschiedliche Menschen. Es kommen teilweise sogar ganze Familien zu mir ins Konzert, das sind dann drei oder manchmal sogar vier Generationen gleichzeitig.
bonnFM: Bei 20 Jahren Bühnenjubiläum gab es bestimmt auch einige Highlights. Gibt es Auftritte an die du besonders gern zurückdenkst?
Bodo Wartke: Oh, Highlights gab es viele. Also ich genieße im Grunde jeden Auftritt. Immer, wenn ich meine Lieder singen kann – sei es vor oder ohne Publikum – bin ich sehr in meinem Element. Das ist einfach das, was ich wirklich gerne tue. Es gab im Laufe meiner Karriere sehr überraschende und sehr bewegende Auftritte. Ich trete zum Beispiel besonders gern an Orten auf, wo ich vorher gedacht hab „Das klappt nicht (lacht), das kann nicht funktionieren“. Und dann hat es aber doch funktioniert.
bonnFM: Hast du schon konkrete Pläne, wie es in den kommenden Jahren weitergehen soll?
Bodo Wartke: Also man könnte sagen, dass ich mein Ziel erreicht habe. Ich kann leben von Sachen, die mir sehr großen Spaß machen und verdiene damit genug Geld, so dass ich Sachen, die mir keinen Spaß machen, nicht machen muss – wie etwa im Fernsehen auftreten. Ich finde auch das Maß an Berühmtheit, das ich habe, komplett ausreichend. Also ich möchte gar nicht unbedingt, dass mich jeder kennt und auf der Straße erkennt. Das kommt zwar vor, aber die Leute, die mich erkennen, die mögen, was ich mache. Aber es erkennen mich keine Leute, die blöd finden, was ich mache, denn die wissen nicht, wer ich bin. Und das geht gewissen Kollegen von mir ganz anders.
bonnFM: Nun hattest du ja schon gesagt, dass du besonders gern an Orten spielst, von denen du nicht denkst, dass es funktioniert. Gibt es sonst noch Neues, was du in Zukunft ausprobieren willst?
Bodo Wartke: Auf jeden Fall. Bestimmte Lieder sind inzwischen eben sehr bekannt und wenn ich die singe, freuen sich die Leute, weil sie die Lieder kennen, aber sie sind nicht mehr überrascht. Die Pointen wirken dann natürlich ganz anders als bei einem unbefangen Publikum. Deswegen mache ich in jedem Programm etwas, das ich vorher noch nie gemacht habe und damit kann ich dann tatsächlich auch mein alteingesessenes Publikum überraschen.
bonnFM: Was hast du dir Neues für dein aktuellstes Programm „Was, wenn doch?“ einfallen lassen?
Bodo Wartke: Ich singe eine Opernarie und zwar die Arie der Königin der Nacht aus der „Zauberflöte“ – und zwar in der Originaltonhöhe.
bonnFM: Gibt es Gemeinsamkeiten zu deinen bisherigen Programmen?
Bodo Wartke: Also natürlich sind auch in diesem Programm lustige Lieder dabei wie man sie von mir kennt – sehr wortverspielt und schwarzhumorig zum Teil. Aber die Bandbreite wird von Programm zu Programm im Grunde immer größer. In „Was, wenn doch?“ liegt ein klarer Schwerpunkt auf nachdenklichen Stücken, die hat es vorher in der Art noch nicht gegeben. Und in jedem Programm kommt auch ein neues Instrument dazu. Also man kann sagen, mein aktuelles Programm ist mit Sicherheit von allen das facettenreichste.
bonnFM: Liegt dem Programm eine zentrale Botschaft zugrunde?
Bodo Wartke: Ja, im Grunde die Botschaft des Titels. Auf den Worten endet das letzte Lied, was ich an dem Abend spiele und es geht darum, Dinge für möglich zu halten. „Was, wenn doch?“ ist die Antwort auf die Frage „Was, wenn nicht?“ – also was, wenn es nicht klappt? Und das ist ein Leitmotiv, was vielen Stücken aus dem neuen Programm zugrunde liegt. Wir trauen uns viele Dinge nicht, weil wir erst mal davon ausgehen, dass es nicht klappt. Und es kann natürlich sein, dass es nicht klappt, aber ich finde wichtig aufzuzeigen, dass das eine von zwei Möglichkeiten ist. Es kann nämlich auch genauso gut sein, dass es klappt. Es ist eine 50-50-Chance und es lohnt sich, es drauf ankommen zu lassen.
bonnFM: Du bist ja aktuell nicht nur mit „Was, wenn doch?“ unterwegs, sondern spielst immer mehrere Programme gleichzeitig. Was bewegt dich zu dieser Herangehensweise?
Bodo Wartke: Ich spiele alle diese Programme gerne und finde es schön, wenn sie mich eine lange Zeit begleiten. Ich würde auch die früheren Klavierkabarett-Programme weiter spielen, nur das ist einfach logistisch nicht zu bewältigen. Bei acht verschiedenen Programmen würde nämlich im Endeffekt jedes Programm zu kurz kommen und deswegen bin ich auf die Idee gekommen, dieses Jubiläumskonzert mit Liedern aus allen bisherigen Programmen zu machen. Also die Lieder sind nicht weg, der Kontext hat sich verändert. Genauso ist es auch bei dem Orchesterprogramm „Swingende Notwendigkeit“: Das ist ja im Grunde ein Best of, also ein Querschnitt aus allen bisherigen Solo-Programmen – nur sind die Lieder, die dadurch dazu gewinnen, jetzt für ein Orchester arrangiert.
bonnFM: Wird es denn in Zukunft weitere Projekte mit dem Capital Dance Orchestra geben?
Bodo Wartke: Also hinter der „Swingenden Notwendigkeit“ steht leider auch eine finanzielle Notwendigkeit. Dadurch, dass wir jetzt mit viel mehr Personalstärke – allein auf der Bühne sind wir 16 – und Material unterwegs sind, macht das Ganze zwar sehr viel Spaß, ist aber auch entsprechend teuer. Und das ist auf Dauer nur finanzierbar, wenn genügend Publikum kommt. Tatsächlich kommen bisher bei meinen Soloauftritten mehr Leute als zum Orchesterkonzert, weil solo ist das, was man von mir eben kennt. Aber die, die sich trauen und sich das Orchesterprogramm anschauen, sind alle hellauf begeistert. Also um die Frage zu beantworten: Wie es weitergeht, wird sich zeigen. Wir hoffen, dass wir damit weitermachen können, weil es uns wirklich sehr viel Spaß macht.
bonnFM: Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Erfolg für die Zukunft! Danke, dass du dir Zeit genommen hast.
Wer Lust bekommen hat, eins der Konzerte von Bodo Wartke zu besuchen, schaut am besten mal auf seiner Website vorbei. Im November ist er mit dem Orchesterprogramm „Swingende Notwendigkeit“ in Aachen und Düsseldorf zu Gast – vorbeischauen lohnt sich! Wer da noch etwas skeptisch ist, kann unseren Bericht hier nochmal nachlesen.
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