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bonnFM/Tristan Hoffmann

Das zweite digitale Jahr der Gamescom

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Auch 2021 muss die Gamescom wieder ausschließlich digital stattfinden. Viele große Gaming-Veranstaltungen werden durch die Pandemie eingeschränkt – die Gamescom trifft es besonders hart.

Um die schwierige Situation der Messe am Rhein zu verstehen, muss man sie im Kontext der Gaming-Branche betrachten. Für Videospiel-Fans gibt es jährlich eine Reihe großer Termine, die für Mega-Events reserviert sind – jedes Jahr ungefähr zum selben Zeitpunkt.

Im Juni gibt die E3 in Los Angeles, bei der Entwickler*Innen ihre neuen Spiele präsentieren, eine große Presse und Info-Veranstaltung. Anfang Dezember finden stets die Game Awards statt, dort werden die besten Spiele des Jahres gekürt.

Zu diesen Presse- oder Jury-Veranstaltungen reihen sich zusätzlich die Community-Messen: Events, die für die breite Masse an Fans ausgelegt sind, die von Interaktivität leben. Davon, dass jeder sich ein Ticket kaufen kann, um die Spiele selbst anzutesten oder sich mit anderen Besuchern zu treffen. Auf solchen Messen sind die Hallen groß, die Stände kunstvoll inszeniert, die Musik laut. Events wie die Tokyo Game Showim Oktober, die Paris Game Week im September und die Gamescom im August.

Die größte Bühne nimmt dabei die Gamescom am Rhein ein. An Besucherzahlen gemessen ist sie die größte Videospielmesse der Welt – 2019 lockte sie noch 370.000 Spiele-Enthusiasten aufs Kölner Messegelände. Fangemeinden versammeln sich in Scharen, Youtuber veranstalten Community-Treffs, tausende Interessierte warten stundenlang in gigantischen Schlangen: Kaum eine Veranstaltung kann schlechter während einer Pandemie abgehalten werden.

Digitale Messe – eine Übergangslösung

Mit der Pandemie verändern Sicherheitsmaßnahmen die Event-Landschaft der Gaming-Branche. Die Veranstalter der verschiedenen Länder müssen Entscheidungen treffen.

Die E3 findet 2020 nicht statt. Die Paris Game Week wird 2 Jahre lang abgesagt. Die Gamescom hingegen wechselt (wie die Tokyo Game Show) das Format: und setzt auf eine digitale Version.

Auf das schnell zusammengestellte Showjahr 2020 folgte auch diesen August eine rein digitale Messe. Es war das zweite Jahr Gamescom auf dem Bildschirm – mit allen damit verbundenen Einschränkungen.

Das beginnt schon bei den Spielen: Auch manche Austeller*Innen können sich nicht für das digitale Event begeistern. Partner wie Sony lassen bis kurz vor dem Event offen, ob sie teilnehmen werden. Nintendo, ein Gigant der Messe, nimmt – wie bereits im Vorjahr – überhaupt nicht teil.

Das schmerzt – und sorgt für komische Momente. Z.B. bei den Gamescom Awards, die jährlich besonders interessante Spiele aus dem aktuellen Präsentier-Katalog zelebrieren. Eine Kategorie ist dabei Best Nintendo Switch Game. Doch was macht man, wenn Nintendo selbst nicht an der Messe teilnimmt? Dann müssen Spiele nominiert werden, die zwar für die Nintendo Switch entwickelt, nicht aber von Nintendo selbst produziert werden. Dass aus der eingeschränkten Auswahl deshalb Just Dance von Ubisoft als bestes Nintendo Spiel nominiert wird, statt vieler anderer, heiß erwarteter Titel, sorgt online für Gelächter. 

Cosplay und Spiele im Stream

Die digitale Messe beginnt mit einem Livestream an Neuankündigungen, der Gamescom Opening Night Live. Dieses Format hatte seinen ersten Auftritt schon während des normalen Messe-Verlaufs 2019.

Über die nächsten Tage verteilt folgen Interviews mit Spieleentwickler*Innen, ein Cosplay Contest und von Youtuber*Innen und Content Creators produzierte Livestreams für die Messe. Das ist nicht so groß und auch nicht so aufregend, wie während der Gamescom in Präsenz.

Allerdings: Alle Inhalte könne gratis online geschaut werden. Zu einem bezahlten Streaming-Modell hätte man die Fans aber wohl kaum überzeugen können, auch die gewünschten Zuschauerzahlen hätte man damit deutlich schwerer erreicht. Die Gamescom ist für Aussteller*Innen schließlich vor allem eines: Werbung. Dafür zahlt man für die Erfahrung bei einer Messe vor Ort zwar noch, nicht aber, um sich ohnehin bald öffentliche Trailer alleine von zuhause anzugucken. Auch die Gamescom wünscht sich mit ziemlicher Sicherheit eine Rückkehr zur Normalität: Für die digitale Messe waren Ausstellerpreise dieses Jahr bewusst niedriger angesetzt und die Einnahmen durch Ticketverkäufe fielen gänzlich weg.

Fazit und das Hybrid-Modell 2022

Die Gamescom hat ihren Start-Livestream als jährliches Event etabliert, doch bei der Größe der Ankündigungen und Partner *Innen bliebt Luft nach oben. Als rein digitale Veranstaltung leidet die Gamescom darunter, dass gerade die größten Entwickler*Innen für ihre Spiele-Vorstellungen nicht die Bühne der Gamescom brauchen, sondern auch mit eigenen Livestreams genug Hype generieren. 

Schon 2021 sollte es (vor einigen Monaten) eine Hybridmesse werden. Neue Konzepte warten nur auf den Wiedereinzug aufs Messegelände – „digitale Schlangen“ werden immer wieder genannt. Damit sollen Fans in Zukunft Termine zum Anspielen reservieren können um weniger in Schlangen zu warten (diese Möglichkeit hatte Sony in den letzten Jahren der Präsenzmesse vermehrt genutzt).

Jetzt heißt es auch für 2022, Gamescom als Hybrid-Modell. Wie genau das aussehen wird und was für Veränderungen nach 3 Jahren zu erwarten sind, ist noch unklar. Vielen Fans ist das aber vermutlich auch gar nicht so wichtig. Nach zwei Jahren „Pause“ wünscht man sich eigentlich nur wieder die alte Messe her. Die mit der lauten Musik, den Menschenmassen und den langen Schlangen. Naja, vielleicht ohne die langen Schlangen.