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Bild: Ole Heiland

Der Bonner Wohnmarkt: „Alle unter (k)einem Dach?!“ 

Lesezeit: 3 Minuten

Unter dem Motto „Alle unter (k)einem Dach?!“ hat der studentische Arbeitskreis KritGeo am 15.02. Studierende und Bürger*innen zu einem Gespräch über den Bonner Wohnmarkt eingeladen. Die Teilnehmer*innen haben über Wohnpolitik diskutiert und nach Lösungen für aktuelle Probleme gesucht.

Der Wohnungsmarkt in deutschen Universitätsstädten steht unter enormem Druck. Insbesondere für Studierende ist es eine Herausforderung, zu Semesterbeginn eine Bleibe zu finden. Zudem haben immer weniger Studierende Anspruch auf BAFöG. In Bonn ist die Lage besonders dramatisch. Die Stadt erlebt das schnellste Bevölkerungswachstum aller Städte in Nordrhein-Westfahlen. Laut Finanzdienstleister MLP ist das Wohnen für Studierende in Bonn sogar landesweit am kostspieligsten. Dazu kommt: In Bonn gibt es nur für einen Bruchteil der Studierenden Wohnheimsplätze.

Gemeinsamer Austausch im Leerstand als Begegnungsraum  

Um über die Probleme auf dem Wohnungsmarkt und Wohnpolitik in Bonn zu diskutieren hatte der studentische Arbeitskreis KritGeo am Donnerstag (15.02.) in den Leerstand als Begegnungsraum eingeladen, um unter dem Motto „Alle unter (k)einem Dach?!“ ins Gespräch zu kommen. Mit dabei waren der Mieterbund, Vertreter*innen der Initiative Viva Viktoria! e.V., Vertreter*innen der Scientist4Future, Initiator*innen des Leerstand als Begegnungsraum, sowie Gemeinschaftswohnprojekte des Mietshäuser Syndikats. 

Wohnungsnot und Diskriminierung: Persönliche Einblicke und skurrile Erlebnisse 

Der erhebliche Druck, unter dem der Wohnungsmarkt steht, spiegelt sich in persönlichen Erfahrungen wider. Ein Studierender berichtet auf dem Treffen über eine skurrile Situation: „In meiner WG wird ein Zimmer ohne Fenster nach draußen vermietet. Das ist nicht einmal legal. Es war mal günstig, aber der Vermieter hat die Miete stark angehoben. Der Bewohner des Zimmers will jetzt auch ausziehen.“ Bei dem Treffen haben mehrere Studierende ähnliche Situationen geschildert.  Für BIPoC gestaltet sich die Situation noch schwieriger, da sie auf dem Wohnungsmarkt oft diskriminiert werden. Der Studierende Mark berichtet: „Bei der WG-Suche lehnten mich rassistische Vermieter*innen ab. Sie gaben offizielle Gründe an, wie zum Beispiel Einkommensnachweise, die ich jedoch nachweisen konnte. Trotzdem hatte ich keine Lust in ein Zimmer eines solchen Vermieters einzuziehen, und suchte lieber weiter.“ 

Der Wohnungsmarkt in der Krise 

Bei der Veranstaltung wurden die aktuellen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt eingehend diskutiert. Teilnehmer*innen brachten ihre Sorgen und Unzufriedenheiten auf Flipcharts zum Ausdruck, während die Diskussion sich auf die fortschreitende Übernahme großer Wohnungsbestände in Bonn durch Immobilienkonzerne konzentrierte. 

Ein Beispiel von dem ausführlich berichtet wurde ist ein Gebäudekomplex, der kürzlich vom dänischen Pensionsfonds erworben wurde. Hier kämpfen Mieter*innen mit zunehmenden Mieten, da der Fonds versucht, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, um die Rentenkasse in Dänemark zu finanzieren. Ähnliche Investitionen finden auch in anderen Städten wie Frankfurt und Berlin statt, was zu steigenden Mieten und teuren Neuvermietungen führt. Eine prominente Bewegung gegen diese Entwicklung ist die Berliner Bürgerinitiative “Deutsche Wohnen & Co Enteignen”. Die Initiative hat 2021 große Zustimmung erhalten und erfolgreich einen Volksentscheid über die Enteignung und Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen erreicht, der jedoch bisher nicht umgesetzt wurde. Die Diskussionen während des Treffens beleuchteten zudem den kontinuierlich wachsenden Bedarf an Wohnfläche pro Person, der angesichts der ökologischen Krise dringend überdacht werden muss, und betonen, dass einfach immer mehr zu bauen nicht die alleinige Perspektive sein kann.  

Visionen und Widerstand: Gemeinschaftliche Wohnprojekte als Gegenentwurf zur Spekulation 

Die Teilnehmenden skizzierten auf einem anderen Plakat ihre Wünsche und Vorstellungen eines idealen Wohnens und einer lebenswerten Stadt. Als positiven Abschluss und Ausblick der Veranstaltung präsentierten verschiedene innovative Hausprojekte aus dem Bonner Raum alternative Perspektiven. Diese Projekte finanzieren sich durch kleine Direktkredite und schützen ihre Häuser vor Spekulationen und Verkauf durch geschickte Klauseln. Die Bewohner*innen agieren gleichzeitig als quasi-Eigentümer*innen und berichten von gemeinsamer Arbeit am Haus sowie einem Fokus auf ökologisches Wohnen. Sie betonen, dass solche Projekte nur durch kollektives Zusammenwirken realisiert werden können. So erzählen sie beispielsweise, wie sie mit tatkräftiger Unterstützung von Freund*innen innerhalb eines Wochenendes ihr Dach erneuerten. Trotz Hürden, wie Planungsgesetzen die gegen das Interesse der Bewohner*innen zum Bau von Autoparkplätzen verpflichten, bleiben sie unbeirrt und lassen sich nicht entmutigen. 

Und jetzt? 

Die Organisator*innen des AK KritGeo ziehen eine positive Bilanz der Veranstaltung. In einem Gespräch erklärt Katrin: „Wir glauben, dass wir eine solide thematische Grundlage geschaffen und verschiedene Akteur*innen erfolgreich vernetzt haben. Dennoch liegt noch viel Arbeit vor uns. Die Planungen für kommende Veranstaltungen und Aktionen läuft jedoch bereits.“ Angesichts der enormen Herausforderungen in der Wohnungspolitik ist absehbar, dass die Diskussionen noch lange nicht abklingen werden.